Leitsatz

Ist eine Investitionszulage auf Anzahlungen geltend gemacht worden, so ist für die betreffenden Wirtschaftsgüter stets ein frist- und formgerechter Antrag auf Gewährung der Investitionszulage für das Wirtschaftsjahr zu stellen, in dem die Investitionen abgeschlossen worden sind, und zwar auch dann, wenn die endgültigen Anschaffungskosten die Anzahlung nicht übersteigen.

 

Normenkette

§ 2 Sätze 1 und 2 Nr. 3 InvZulG 1993 , § 4 InvZulG 1993 , § 6 Abs. 1 InvZulG 1993 , § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 InvZulG 1993 , § 163 AO , § 227 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger betreibt seit dem Jahr 1990 ein Unternehmen für Straßenbau- und Markierungsarbeiten. Ende des Jahres 1993 bestellte er einen VW-Kastenwagen zum Preis von 47 821,93 DM, zuzüglich Umsatzsteuer, den er per Scheck bezahlte. Die Schecks wurden dem Konto des Klägers noch im Jahr 1993 belastet. Das Fahrzeug wurde nach Abschluss von Umbau- und Lackierungsarbeiten sowie nach Durchführung der Übergabe-Inspektion im Februar 1994 geliefert und auf den Kläger zugelassen. Weitere Anschaffungskosten fielen im Jahr 1994 nicht mehr an.

Für das Streitjahr 1993 beantragte der Kläger eine Investitionszulage für die Anschaffungskosten des Kastenwagens, die er im Zulagenantrag als Anzahlung kennzeichnete. Das FA gewährte die Zulage zunächst antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Für das Jahr 1994 beantragte der Kläger wiederum Investitionszulage für mehrere Wirtschaftsgüter, ohne den VW-Transporter aufzuführen. Das FA setzte die Zulage ebenfalls antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Nach einer Prüfung im Jahr 1998 vertrat das FA die Auffassung, das Fahrzeug sei noch nicht im Jahr 1993, sondern erst nach Auslieferung im Jahr 1994 in betriebsbereitem Zustand gewesen. Die Investition sei daher erst im Jahr 1994 abgeschlossen worden. Eine Investitionszulage stehe dem Kläger deshalb für das Jahr 1993 nicht zu. Da er für das Jahr 1994 keine Investitionszulage für den Transporter beantragt habe, seien die Anzahlungen im Jahr 1993 nicht begünstigt.

Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Die Revision des FA führte zur Klagabweisung.

 

Entscheidung

Zu Recht habe das FA die Investitionszulage zurückgefordert, denn der Kläger habe versäumt, nach Abschluss der Investition (Lieferung des Fahrzeugs) bis zum 30.9. des Folgejahres einen Investitionszulagenantrag zu stellen. Jedoch sei zu prüfen, ob dem Kläger die Rückforderung nicht aus Billigkeitsgründen erlassen werden könne.

 

Hinweis

Der Anspruch auf Investitionszulage entsteht erst, wenn die Investition abgeschlossen ist, also wenn sich das gelieferte Wirtschaftsgut in betriebsbereitem Zustand befindet. Jedoch kann Investitionszulage bereits auf Anzahlungen begehrt werden. Die Gewährung der Investitionszulage steht in diesem Fall aber unter der Voraussetzung, dass die Investition tatsächlich durchgeführt wird. Hierdurch wird also keine eigenständige Investitionszulage geschaffen, sondern lediglich zu einem früheren Zeitpunkt ermöglicht, die Investitionszulage geltend zu machen. Auch in diesem Fall ist daher neben der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen erforderlich, dass Investitionszulage für das Wirtschaftsgut – wie nach den früheren Investitionszulagengesetzen noch erforderlich – bis zum 30.9. des Folgejahres nach Abschluss der Investition beantragt wird.

Die Investitionszulage auf die Anzahlung darf daher nur behalten werden, wenn für das Jahr des Investitionsabschlusses eine Investitionszulage festgesetzt wurde. Mangelt es hieran, ist die Zulage zurückzufordern. Dies gilt auch dann, wenn der Investor den vollen Kaufpreis angezahlt und hierauf bereits Investitionszulage erhalten hatte. Ggf. muss ein Antrag auf 0 Euro für das Wirtschaftsgut abgegeben werden.

Der BFH hat in diesem Urteil einen Erlass der zurückgeforderten Investitionszulage angeregt. Zwar schließen die Investitionszulagengesetze die Anwendung des § 163 AO aus. Dies bedeutet, dass Investitionszulage nicht aus Billigkeitsgründen festgesetzt werden darf. Jedoch hindert das Gesetz nicht den Erlass zurückgeforderter Investitionszulage (§ 227 AO).

Im Streitfall könnte ein Erlass deshalb geboten erscheinen, weil diese Rechtsfrage noch nicht entschieden war, sie sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt und in dem speziellen Fall, dass die gesamte Investitionszulage bereits beantragt und gewährt wurde, es bei unbefangener Betrachtungsweise merkwürdig anmuten kann, nach Abschluss einer Investitionszulage einen weiteren Antrag auf Investitionszulage im Höhe von 0 Euro zu stellen.

Ist einem Steuerpflichtigen auch bei fachkundigem Beistand nicht erkennbar, dass er Fristen beachten muss, um eine Subvention behalten zu dürfen, kann es sachlich unbillig sein, von ihm die Subvention (Investitionszulage) zurückzufordern.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.6.2003, III R 16/01

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