Leitsatz

1. Beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften sind Anteile, die der Tauschpartner im Gegenzug hingibt, nach dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) zu bemessen.

2. Eine Veräußerungsbeschränkung ist bei der Bewertung zu berücksichtigen, wenn sie im Wirtschaftsgut selbst gründet und für alle Verfügungsberechtigten gilt.

 

Normenkette

§ 39 AO, § 1, § 9, § 11 BewG, § 17 EStG

 

Sachverhalt

Frau K. veräußerte sämtliche Anteile an einer Call-Center GmbH an die deutsche Tochtergesellschaft einer amerikanischen Mutter und erhielt dafür 180 000 nicht registrierte und deshalb nicht an der Börse notierte Stammaktien der amerikanischen Mutter, deren Anteil im Übrigen an der NASDAQ gelistet waren. Frau K. verpflichtete sich im (nach US-amerikanischem Recht geschlossenen) Vertrag, die im Tauschweg erhaltenen Anteile ein Jahr nicht zu veräußern. Mit dieser Vertragsklausel vollzogen die Vertragsparteien aber nur eine US-amerikanische Norm, die es der amerikanischen Mutter ermöglichte, die Übernahme steuerneutral zu gestalten (vgl. oben unter 5.).

FA und FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.03.2006, 12 K 351/04, Haufe-Index 1755028, EFG 2007, 1161) lehnten es ab, die Veräußerungsbeschränkung wertmindernd zu berücksichtigen.

 

Entscheidung

Zu Unrecht, wie sich aus den Praxishinweisen ergibt. Deshalb musste der BFH die Vorentscheidung aufheben. Er konnte aber nicht durchentscheiden. Denn als Revisionsinstanz kann er den Wert nicht selbst ermitteln. Dies kann allein die Tatsacheninstanz. Das FG wird also prüfen müssen, inwieweit ein Wertabschlag in Betracht kommt.

 

Hinweis

1. Eine Veräußerung nach § 17 Abs. 1 EStG verwirklicht sich in dem Zeitpunkt, in dem die Anteile nicht mehr dem Veräußerer, sondern nach § 39 AO dem Erwerber zuzurechnen sind. Veräußerungspreis ist bei einem Tausch der Wert des Wirtschaftsguts, das der Tauschende erhält, beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften also der Wert der Anteile, die der Tauschpartner im Gegenzug hingibt.

2. Nach welchen Wertmaßstäben richtet es sich, wenn der Steuerpflichtige für veräußerte Anteile an einer GmbH nicht an der Börse notierte Stammaktien der US-amerikanischen Muttergesellschaft erhält? Mit dieser Frage musste sich der BFH beschäftigen und hat dabei § 9 Abs. 2 und 3 BewG neu interpretiert.

3. Der Bewertungsmaßstab für einen Anteilstausch richtet sich nach §§ 9 ff. BewG, weil das EStG keine eigenen Vorschriften enthält (§ 1 Abs. 1 BewG). § 8 EStG ist nicht anwendbar, denn bei § 17 Abs. 2 EStG geht es nicht um einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten, sondern um Gewinnermittlung.

4. Nicht an der Börse notierte Anteile sind nach § 11 Abs. 2 BewG mit dem gemeinen Wert zu ermitteln, der grundsätzlich vom Börsenkurs der börsenfähigen Aktien desselben Unternehmens abzuleiten ist.

5. Wie aber, wenn die Verpflichtung besteht, die erlangten Anteile an der US-amerikanischen Mutter eine gewisse Zeit nicht zu veräußern? Eine derartige Veräußerungsbeschränkung ist nach US-amerikanischem Recht die Voraussetzung für eine steuerneutrale Übernahme ("pooling of Interests-Verfahren" nach Rule 144 des Sec. Act 1933). Rechtfertigt sich ein Bewertungsabschlag? Nicht wenn es sich dabei um eine Verfügungsbeschränkung handelte, die in der Person des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsvorgängers begründet ist (so § 9 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 1 BewG).

Darum geht es aber hier nicht. Denn die Verfügungsbeschränkung nach dem US-amerikanischen Recht betrifft die Anteile (shares) selbst, die einer einjährigen Veräußerungssperre unterlagen. Damit gründet sie im Wirtschaftsgut und betrifft alle Verfügungsberechtigten. § 9 Abs. 3 BewG ist nicht anwendbar und der Minderwert ist bei der Bewertung nach § 9 Abs. 1 BewG zu berücksichtigen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.10.2008 – IX R 96/07

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