Leitsatz

Einkünfte und Bezüge eines in Ausbildung stehenden Kindes sind für den Kalendermonat, in dem das Kind das 25. Lebensjahr vollendet, gem. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG nur insoweit anzusetzen, als sie auf die Zeit bis zum Erreichen der Altersgrenze entfallen.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2, Sätze 2, 6 bis 8 EStG

 

Sachverhalt

K erhielt für ihre am 8.7.1985 geborene Tochter B Kindergeld. B studierte, hatte aber auch nebenberufliche Lohneinkünfte und bezog BAföG. Nachdem B am 8.7.2010 ihr 25. Lebensjahr vollendet hatte, rechnete die Familienkasse: Bs Einkünfte und Bezüge überschritten im Streitzeitraum den maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag. Sie hob ab Januar 2010 die Kindergeldfestsetzung auf und forderte das überzahlte Kindergeld zurück. K rechnete anders; zu Unrecht seien für Juli 2010 der volle Monatslohn und die vollen BAföG-Bezüge angesetzt worden. Das FG (Hessisches FG, Urteil vom 11.3.2013, 3 K 1171/11, Haufe-Index 4052709) folgte Ks Berechnung; die für Juli erzielten Einkünfte und Bezüge seien nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs (also zu 7/30) anzusetzen. Deshalb überschritten die anteiligen Einkünfte und Bezüge nach Abzug der anteiligen Kostenpauschale mit 4.366,45 EUR nicht den maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag i.H.v. 4.669 EUR.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte, wie in den Praxis-Hinweisen erläutert, die Vorentscheidung.

 

Hinweis

Bis zum Veranlagungszeitraum 2011 (Fassung vor dem Steuervereinfachungsgesetz 2011, BGBl I 2001, 2131) kam es für die Gewährung von Kindergeld nicht nur auf die – noch immer bestehenden – Altersgrenzen an; die Kinder durften auch keine Einkünfte und Bezüge von mehr als 8004 EUR haben. Das Besprechungsurteil klärt für diese alte Rechtslage die zeitanteilige Berechnung dieser Einkünfte und Bezüge für den Monat, in dem das Kind die Altersgrenze – hier 25 Jahre – überschreitet.

1. Ist ein Kind 18 Jahre alt, hat aber das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet, setzt der Kindergeldanspruch voraus, dass es für einen Beruf ausgebildet wird. In diesem Fall dürfen aber die Einkünfte und Bezüge des Kindes 8.004 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen. Einkünfte und Bezüge sind allerdings nicht stets mit dem gesamten Monatsbetrag anzusetzen. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG bestimmt dazu: Liegen die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 nur in einem Teil des Kalendermonats vor, sind Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen, als sie auf diesen Teil entfallen. Daraus schlossen sowohl K als auch das FG, für den Monat Juli 2010 seien nicht der volle Monatslohn und auch nicht der volle BAföG-Bezug anzusetzen, sondern nur der auf die ersten 7 Tage entfallende Teil. Denn am 8. Juli vollendete B ihr 25. Lebensjahr.

2. Dem folgte der BFH. Denn die in Bezug genommenen "Voraussetzungen" des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG sind umfangreich. Wesentliche Bedeutung haben insbesondere die dort jeweils normierten Altersgrenzen. Diese Lebensaltersgrenzen strukturieren die Norm: § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt darauf ab, ob das Kind das 21. Lebensjahr vollendet hat. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG stellt auf die Altersgrenze von 25 Jahren ab. Erst dann folgen weitere Voraussetzungen. Angesichts dessen sprach nichts dafür, dass gerade die wesentlichen Altersgrenzen nicht zu diesen Voraussetzungen zählen sollten. Das war auch die Auffassung der im Urteil zitierten Kommentarliteratur, soweit sie diese Fragestellung erkannt hatte. Die Gesetzesmaterialien zu dieser Rechtsfrage waren unergiebig. Diese befassten sich lediglich mit dem Fall des Übergangsmonats, der noch mit Berufsausbildung beginnt, aber mit Berufsausübung endet.

3. Angesichts dessen kam es nur noch darauf an, ob richtig gerechnet worden war. Dies war der Fall. Die von B im Monat Juli erzielten Einkünfte waren zutreffend nur mit 7/30 der maßgeblichen Beträge angesetzt. Die so ermittelten anteiligen Einkünfte und Bezüge überschritten damit nicht den anteiligen maßgeblichen Jahresgrenzbetrag.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.4.2014 – VI R 64/13

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