Leitsatz

1. Die nach der Rechtsprechung des BFH zur "Zebra-Gesellschaft" notwendige Feststellung eines Gewinns aus der Veräußerung von Gesellschaftsvermögen als Einkünfte eines betrieblich beteiligten Gesellschafters durch das Gesellschafts-FA kann nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO unterbleiben, wenn die Höhe des Veräußerungsgewinns und seine Verteilung auf die Gesellschafter nicht zweifelhaft ist.

2. Die Beteiligung eines Mediziners, der Ideen und Rezepturen für medizinische Präparate entwickelt, an einer Kapitalgesellschaft, die diese Präparate als Lizenznehmerin vermarktet, gehört zum notwendigen Betriebsvermögen eines freiberuflichen Unternehmens.

3. Werden wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb eines 36 Monate überschreitenden Zeitraums veräußert, liegt keine steuerbegünstigte Betriebsaufgabe vor.

 

Normenkette

§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO , § 4 Abs. 1 EStG , § 16 Abs. 3 EStG , § 18 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Ein Arzt, angestellt bei einem Krankenhaus, aber außerdem privatärztlich sowie wissenschaftlich und schriftstellerisch tätig, hatte Rezepturen für Medikamente entwickelt und getestet. Diese Erfindungen wertete er dadurch aus, dass er einer GmbH, an der er zu 1/3 beteiligt war, Lizenzen zur Herstellung entsprechender Präparate überließ. Später gründete er mit seinen beiden Kindern eine GbR, in die er den GmbH-Anteil einbrachte. Nachdem die Lizenzverträge 1989 gekündigt worden waren, veräußerte die GbR 80 % ihrer GmbH-Anteile; der Rest wurde 1993 veräußert.

Das FA behandelte die Anteile des Arztes an der GmbH und anschließend an der GbR als freiberufliches Betriebsvermögen und sah die anteiligen Gewinne aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen in den Jahren 1990 und 1993 als laufende Gewinne aus freiberuflicher Tätigkeit an. Klage und Revision des Arztes hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die auf den Kläger entfallenden Einkünfte aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen durch die GbR sah der BFH als Bestandteil der freiberuflichen Einkünfte des Klägers an. Die fehlende gesonderte Feststellung der Veräußerungsgewinne schade nicht, denn die Qualifizierung als betriebliche Einkünfte könne auf der Ebene des Klägers bei seiner ESt-Festsetzung erfolgen. Die GbR-Anteile seien freiberufliches Betriebsvermögen des Klägers gewesen, weil schon zuvor die GmbH-Anteile zum Betriebsvermögen gehört hätten.

Die anteiligen Gewinne aus den Anteilsveräußerungen seien laufende Einkünfte und nicht tarifbegünstigt. Selbst wenn man annehme, der Kläger habe einen Teilbetrieb "Entwicklung medizinischer Präparate und deren entgeltliche Überlassung zur Nutzung" unterhalten, sei dieser weder 1989 mit Kündigung der Lizenzverträge noch 1990 mit Veräußerung von 80 % der GmbH-Anteile eingestellt und aufgegeben worden. Denn der Kläger habe wertvolle Anteile zurückbehalten. Auch von einer Entnahme der 1990 verbliebenen Anteile könne nicht ausgegangen werden.

 

Hinweis

Wie die drei Leitsätze signalisieren, enthält die Entscheidung grundlegende Äußerungen zu drei Fragenkomplexen:

1. Der BFH bestätigt erneut seine bisherige Rechtsprechung zu den sog. Zebra-Gesellschaften, also vermögensverwaltenden Personengesellschaften, deren Anteile ganz oder zum Teil im Betriebsvermögen gehalten werden. Die Qualifizierung der laufenden Gewinne der betrieblich Beteiligten sowie die Erfassung von nur bei diesen Beteiligten steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen muss nach Meinung des BFH grundsätzlich auf der Ebene der Gesellschaft erfolgen (aA die Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben vom 8.6.1999, BStBl I 1999, 592).

Der Besprechungsfall stellt aber eine Ausnahme dar, denn der BFH verlangt hier ebenso wenig wie die Finanzverwaltung, dass der Veräußerungsgewinn eines betrieblich Beteiligten auf der Gesellschaftsebene festgestellt wird. Voraussetzung für diese Ausnahme ist, dass die gesonderte Feststellung bei der Gesellschaft ganz entfallen kann, weil es sich um einen Fall geringer Bedeutung i.S.d. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO handelt. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Betrag und die Aufteilung des Gewinns feststehen.

2. Erneut beurteilt der BFH einen GmbH-Anteil als Betriebsvermögen eines Freiberuflers. Anders als beim Gewerbetreibenden, bei dem Anteile an Kapitalgesellschaften ohne weiteres zum Betriebsvermögen gehören können, wird bei Freiberuflern und Landwirten eine Einschränkung gemacht: die Beteiligung darf der jeweiligen Betätigung nicht wesensfremd sein (hierzu näher Urteil vom 31.5.2001, IV R 49/00, in diesem Heft, Seite 335).

Dies verneint der BFH jetzt ausdrücklich für Beteiligungen, die der Freiberufler dazu nutzt, die Produkte seiner Betätigung zu verwerten. Das betrifft etwa Erfinder, die Lizenzen an eine eigene GmbH geben, Schriftsteller mit einer eigenen Verlags-GmbH, Ingenieure, die sich an einer Bauplanungs-GmbH beteiligen, oder hier den Arzt, der Rezepturen durch eine GmbH auswertet.

3. Nach wie vor unsicher ist der Zeitraum, innerhalb dessen eine begünstigte Betriebsaufgabe abgewickelt werden muss. Das Gesetz enthält in § 16 EStG keine Regelung zu dies...

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