Leitsatz

Zu den Kindern im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG zählen auch die Kinder des verstorbenen oder geschiedenen Ehegatten, und zwar unabhängig davon, ob diese "durchgehend" im Haushalt des Stiefelternteils verbleiben. Ein Kindergeldanspruch des Stiefelternteils gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG für ein leibliches Kind seines Partners im Rahmen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft kann daher auch dann (wieder) bestehen, wenn das Stiefkind anlässlich der Trennung der Partner zunächst aus dem bis dahin gemeinsamen Haushalt der Partner ausgezogen ist und später wieder in den alleinigen Hausstand des Stiefelternteils einzieht.

 

Sachverhalt

Streitig ist, ob für die Klägerin ein Anspruch auf Kindergeld für ihr Stiefkind besteht. Das Kind entstammt den leiblichen Eltern B und A. Die Klägerin lebte mit der leiblichen Mutter des Kindes, mit der eine eingetragene Lebenspartnerschaft bestand, in einem gemeinsamen Haushalt, in dem neben den beiden leiblichen Kindern der Klägerin auch die leiblichen Kinder der Lebenspartnerin lebten, die mit Eintragung der Lebenspartnerschaft Stiefkinder der Klägerin wurden. Die Klägerin und ihre Lebenspartnerin trennten sich. Das Stiefkind der Klägerin ist jedoch später wieder in den alleinigen Hausstand der Klägerin eingezogen. Die Familienkasse hat den danach gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung des Kindergeldes abgelehnt, da das Kind ihrer ehemaligen Lebenspartnerin bei ihr nicht als Stiefkind berücksichtigt werden könne, weil die Lebenspartnerschaft nicht mehr bestehe. Nach erfolglosem Einspruch trug die Klägerin mit ihrer Klage vor, das Stiefkindschaftsverhältnis sei nicht vom Bestand der Ehe oder Lebenspartnerschaft abhängig. Es bestehe vielmehr weiter, auch wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft geschieden oder aufgelöst worden sei.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Das FG legt die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG dahingehend aus, dass zu den Kindern des Ehegatten bzw. Lebenspartners auch die Kinder des verstorbenen oder geschiedenen Ehegatten bzw. Lebenspartners zählen, und zwar unabhängig davon, ob diese "durchgehend" im Haushalt des Stiefelternteils verbleiben. Für diese Auslegung spreche die gesetzliche Regelung des § 1590 BGB, wonach die Klägerin mit ihren Stiefkindern im ersten Grad verschwägert sei. Die Schwägerschaft dauere nach dem klaren Wortlaut des § 1590 Abs. 2 BGB fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst worden sei. Entgegen der Auffassung der Familienkasse könne das Stiefkindschaftsverhältnis mithin schon aus Rechtsgründen nicht erlöschen.

 

Hinweis

Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Stiefkinder auch nach Auflösung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft weiterhin nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG berücksichtigungsfähig sind, bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid v. 04.08.2023, 13 K 254/23

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