Rz. 633

Begriff der Werbungskosten

Zu den WK bei der Einkunftsart "nichtselbstständige Arbeit" gehören alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind, also unmittelbar mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängen bzw. getätigt werden, um Arbeitslohn zu bekommen oder weiterhin zu erhalten (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG). Die Aufwendungen müssen objektiv in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen und subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden.

Ohne Bedeutung ist, ob die Aufgaben dem Grunde nach notwendig waren (z. B. Kauf eines zusätzlichen Fachbuchs zum gleichen Thema) oder üblich sind (z. B. Nutzung der ersten statt der zweiten Klasse der Bahn bei einer Auswärtstätigkeit).

WK sind bereits möglich, bevor eine Tätigkeit aufgenommen wurde. Typische sog. vorweggenommene Werbungskosten sind z. B. Bewerbungskosten, auch wenn die Bewerbung keinen Erfolg hatte (vergebliche Werbungskosten). Auch nachträgliche WK, also Aufwendungen, die nach Beendigung der Tätigkeit vom Arbeitnehmer bezahlt wurden, sind abzugsfähig, wenn sie ihre Ursache noch im Dienstverhältnis hatten, z. B. Schadensersatz für im Beruf verursachte Schäden.

 

Rz. 634

WK werden grds. im Jahr der Zahlung berücksichtigt. Eine Ausnahme gilt, soweit die Kosten nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) abziehbar sind (→ Tz 666).

Hat der Arbeitgeber Kosten steuerfrei ersetzt (z. B. bei Auswärtstätigkeiten oder doppelter Haushaltsführung) oder pauschal versteuert (z. B. Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte), mindert der Arbeitgeberersatz die abzugsfähigen WK (§ 3c Abs. 1 EStG).

 

Rz. 635

Arbeitnehmerpauschbetrag/Werbungskostenpauschbetrag

Für WK wird automatisch ein Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.200 EUR jährlich berücksichtigt, wenn i. Z. m. dem Dienstverhältnis keine oder geringere WK erklärt werden (§ 9a Nr. 1a EStG). Bei Ehegatten, die beide Arbeitnehmer sind, kann jeder den Pauschbetrag in Anspruch nehmen. Der Pauschbetrag wird auch dann in voller Höhe berücksichtigt, wenn nicht das ganze Jahr über Arbeitslohn bezogen wurde (z. B. Ferienjob).

Für Bezieher von Versorgungsbezügen (→ Tz 624) beträgt der Werbungskostenpauschbetrag 102 EUR (Jahresbetrag), wenn keine höheren Ausgaben vorhanden sind (§ 9a Nr. 1b EStG).

Hat ein Arbeitnehmer sowohl "normalen" Arbeitslohn als auch Versorgungsbezüge bekommen, werden beide Pauschbeträge berücksichtigt.

 

Rz. 636

Kosten der Lebensführung

Kosten der Lebensführung können nicht als WK berücksichtigt werden (§ 12 Nr. 1 EStG). Das gilt auch dann, wenn sie zur Förderung des Berufs erfolgen. Unter das Abzugsverbot fallen insbesondere die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt der Familienangehörigen aufgewendeten Beträge wie z. B. (bürgerliche) Kleidung, Lebensmittel, Wohnungsmiete, Kosten einer Urlaubsreise.

 

Rz. 637

Gemischte Aufwendungen

Betreffen die Aufwendungen sowohl den beruflichen als auch den privaten Bereich der Lebensführung, spricht man von sog. gemischten Aufwendungen. Dabei gilt:

Liegt der berufliche Nutzungsanteil bei über 90 % (völlig untergeordnete private Mitbenutzung) sind die Kosten in voller Höhe abzugsfähig. Ist weder der private noch der berufliche Teil von völlig untergeordneter Bedeutung und deshalb zu vernachlässigen, sind die Aufwendungen grds. in einen als WK abziehbaren und einen privat veranlassten nicht abzugsfähigen Teil aufzuteilen, z. B. Bewirtungskosten, wenn der Anlass der Bewirtung sowohl beruflich und privat ist (→ Tz 691).

Aufteilungsmaßstab

Soweit gemischte Aufwendungen aufteilbar sind, muss die Aufteilung anhand eines an objektiven Kriterien (Zeit, Fläche, Kilometer, Gewicht, Menge, Personen) orientierten Maßstabs erfolgen. Wenn zweifelsfrei ein beruflicher Nutzungsanteil vorhanden ist und ein derartiger Aufteilungsmaßstab existiert, eine verlässliche Aufteilung aber nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, kann der berufliche Anteil unter Berücksichtigung aller Umstände geschätzt werden (§ 162 AO).

 
Praxis-Tipp

Schätzungsanteil 50 %

Wenn ein Gegenstand (z. B. PC) unstreitig auch beruflich genutzt wird und eine schätzungsweise Aufteilung dem Grunde nach möglich ist, sind die Finanzämter im Regelfall bereit, einen beruflichen Anteil von 50 % zu akzeptieren. Darüber hinaus wird im Einzelfall ein Nachweis des Umfangs der beruflichen Nutzung verlangt.

Gibt es keinen geeigneten objektiven Aufteilungsmaßstab (z. B. bei Tageszeitungen), sind die Kosten insgesamt nicht abzugsfähig.

 

Rz. 638

Aufteilungsverbote

Eine Aufteilung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 6.7.2010, IV C 3 – S 2227/07/10003, BStBl 2010 I S. 614) außer bei fehlendem Aufteilungsmaßstab ebenfalls nicht möglich, soweit

  • es im Einzelfall gesetzlich anders geregelt ist (gesetzliches Abzugsverbot) oder
  • es sich um Aufwendungen handelt, die durch die steuerliche Freistellung der Kosten, die zum Existenzminimum gehören (Grundfreibetrag, Freibeträge für Kinder), abgegolten sind oder
  • die Kosten als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind.
 

Rz. 639

Ein ge...

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