Literatur: Wellisch/Liedke/Quast, BB 2005, 1989; Meurs, BB 2019, 2333

Hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung von Zeitwertkonten für Organe der Gesellschaft (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer) ist zu unterscheiden, ob es sich um Fremdgeschäftsführer oder beherrschend bzw. nicht beherrschend beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer handelt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob Überstunden-Vergütungen in die Zeitwertkonten eingestellt werden oder ob diese durch Gehaltsverzicht finanziert werden. Grundsätzlich sind solche Vereinbarungen bei Organen von Kapitalgesellschaften bedenklich. Da diese Personen ihre Arbeitszeit selbst bestimmen, kommt für sie eine zusätzliche Freizeit durch Gehaltsverzicht nicht in Betracht. Im Ergebnis würden Arbeitszeitkonten auf eine Bezahlung von Überstunden hinauslaufen.[1] Das gilt auch, wenn die Zuführungen zu dem Arbeitszeitkonto durch Entgeltumwandlung erbracht werden. Auch hierdurch wird Freizeit erkauft, wenn auch durch Gehaltsverzicht. Wegen der Allzuständigkeit des Geschäftsführers, dessen Verpflichtung sich nicht auf Leistung einer bestimmten Stundenzahl pro Arbeitstag beschränkt, ist ein durch das Arbeitszeitkonto vermittelter Anspruch auf spätere bezahlte Freizeit nicht vereinbar.[2] Die neuere Rechtsprechung und ihr folgend die Finanzverwaltung, differenzieren jedoch. Danach sind Zeitwertkonten steuerlich anzuerkennen, wenn das Vorstandsmitglied bzw. der Geschäftsführer nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Ist er beteiligt, handelt es sich aber nicht um eine herrschende Beteiligung, sind Zeitwertkonten steuerlich anzuerkennen, unterliegen jedoch der Prüfung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern sind Zeitwertkonten steuerlich unzulässig.[3]

Die Gründe für die Ablehnung des Zeitwertkontos für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer liegen m. E. nicht mehr vor, wenn die Guthaben des Zeitwertkontos nach der Vereinbarung nur zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestandes verwendet werden können. Da es dann um die vollständige Freistellung von der Tätigkeit handelt, nicht nur um Verminderung der Arbeitstage oder -stunden bei fortbestehender Tätigkeit, ist dies mit der Tätigkeit eines Geschäftsführers vereinbar und unterliegt auch nicht den Bedenken hinsichtlich der Kontrolle der tatsächlichen Arbeitszeit.[4]

Wird die Organstellung erworben, bleiben die Zeitwertkonten bestehen, können aber nur nach obigen Grundsätzen aufgestockt werden, d. h. bei einer beherrschenden Gesellschafterstellung überhaupt nicht. Nach Beendigung der Organstellung können die Zeitwertguthaben weiter aufgebaut und verwendet werden.[5]

[1] Hierzu Stichwort "Überstunden"; im Ergebnis ebenso Gosch, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8 KStG Rz. 591; BFH v. 11.11.2015, I R 26/15, BStBl II 2016, 489, BFH/NV 2016, 856, Rz. 13f.
[2] BFH v. 11.11.2015, I R 26/15, BStBl II 2016, 489, BFH/NV 2016, 856, Rz. 14; Gosch, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8 KStG Rz. 591; a. A. Lang, in Ernst & Young, KStG, § 8 KStG Rz. 1244.13; Wellisch/Liedke/Quast, BB 2005, 1989.
[4] A.A. Hessisches FG v. 29.9.2021, 4 K 1476/20, EFG 2022, 179, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, AZ des BFH I B 87/21.

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