Rz. 4

Wie unter Abschn. 1.1 ausgeführt, hat der Anhang die Aufgabe, zusammen mit Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.[1] Damit dient der Anhang im besonderen Maße der Informationsvermittlung. Maßstab ist dabei die in § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB niedergelegte Generalnorm. Im Einzelnen soll der Anhang folgende Aufgaben erfüllen:

  • Erläuterungsfunktion: Hierzu zählen alle diejenigen Informationen des Anhangs, welche Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnungsposten kommentieren oder interpretieren.[2] Neben Einzelangaben zu den in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung offenlegungspflichtigen Posten zählen hierzu u. a. die Angabe von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (§ 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB) oder die Angabe und Begründung von Methodenänderungen (§ 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB).
 

Rz. 5

  • Ergänzungsfunktion: Die Erläuterungsfunktion wird insbesondere durch die Ergänzungsfunktion verstärkt, die sich – im Gegensatz zur Erläuterungsfunktion – auf Informationen erstreckt, die weder in Bilanz noch in Gewinn- und Verlustrechnung (bzw. bei nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichteten kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften in Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalspiegel) gegeben werden und zu einer Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage herangezogen werden.[3] Hierzu zählen insbesondere die Angabepflichten nach § 285 Nrn. 3, 3a, 7, 10, 11 a, 15, 15a, 16, 19, 21, 26, 31, 32, 33 und 34 HGB.
 

Rz. 6

  • Korrekturfunktion: Sofern Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in besonderen Fällen nicht (allein) in der Lage sind, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln, sind im Anhang gemäß § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB zusätzliche Angaben zu machen, um in der Gesamtheit des Jahresabschlusses die Anforderung der Generalnorm des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB zu erfüllen. Die Korrekturfunktion ist nicht unumstritten,[4] da diese Funktion nicht dazu verwendet werden kann eine Korrektur unzutreffender Darstellungen in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnungen durch den Anhang zu bewirken.[5] Überdies ist die Korrekturfunktion mit übergeordnetem EU-Recht nicht vereinbar.[6]

    Daher verzichten einige Autoren auch gänzlich auf eine eigenständige Korrekturfunktion und subsumieren die ergänzenden Angaben nach § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB unter die Ergänzungsfunktion.[7]

    Dennoch erachtet der deutsche Gesetzgeber die Korrekturfunktion als so wichtig, dass er von Kleinstkapitalgesellschaften (einschließlich Kleinstkapitalgesellschaften & Co.), die nicht unter § 267a Abs. 3 HGB fallen, und die daher zulässigerweise nach § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB auf die Erstellung eines Anhangs verzichten, verlangt, die nach § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB notwendigen Angaben unter der Bilanz darzustellen, wenn der Jahresabschluss – unter Beachtung der GoB – kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt.[8]

 

Rz. 7

  • Entlastungsfunktion: Zwecks übersichtlicher Gestaltung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung können Angaben auch im Anhang gegeben werden.[9] Die Gleichstellung des Anhangs mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung im Rahmen des Jahresabschlusses erlaubt es, ohne Informationsverlust Angaben in den Anhang zu übernehmen, die sonst in einem der beiden anderen Rechnungslegungsinstrumente zu machen wären; diese Teile des Jahresabschlusses werden dadurch entlastet.[10]
 
Praxis-Beispiel

Sofern Kleinstkapitalgesellschaften (einschließlich Kleinstkapitalgesellschaften & Co.), die nicht unter § 267a Abs. 3 HGB fallen, auf die Erstellung eines Anhangs verzichten, kann eine diesbezügliche Entlastung von Bilanz und GuV-Rechnung nicht eintreten. Sofern jedoch in der Bilanz bzw. GuV-Rechnung darzustellende Informationen (z. B. Angabe der außerplanmäßigen Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Sätze 5, 6 HGB) zur Entlastung der Bilanz oder GuV-Rechnung nicht unmittelbar dort gegeben werden, bleibt nur die Darstellung in oder unter der Bilanz.[11]

 

Rz. 8

Bei den im Anhang aufzuführenden Angaben handelt es sich teilweise um Zahlenangaben (z. B. die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen gemäß § 285 Nr. 4 HGB) und teilweise um verbale Angaben (z. B. die Begründung von Änderungen bei den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gemäß § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB).[12] Erläuterungsfunktion und Korrekturfunktion werden überwiegend durch verbale Angaben erfüllt. Dagegen betrifft die Entlastungsfunktion ausschließlich die Verlagerung von Zahlenangaben in den Anha...

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