Leitsatz

Die Beweislast für die Gläubigerbenachteiligung im Rahmen einer Anfechtung liegt beim Finanzamt.

 

Sachverhalt

Steuerschulden hatten, zur Nutzung überließ. Im April 2006 erließ das Finanzamt einen Anfechtungs- und Duldungsbescheid gegen die Klägerin über eine Gesamtsumme von rund 143 TEUR, die diverse Zahlungsvorgänge betrafen. Nach Ansicht des Finanzamts seien diese Zahlungen den Eltern der Klägerin zuzurechnen. Zur Zahlung wurde die Klägerin in der Höhe der Steuerschuld der Eltern (rund 96 TEUR) aufgefordert. Die Klägerin trat dem entgegen und führte im Wesentlichen aus, die Gelder hätten auch Forderungen einer GmbH betroffen, deren Alleingesellschafter ihr Vater gewesen sei und deren Geschäftsführerin sie seit 2004 formell sei. Zudem habe sie von einer etwaigen Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihrer Eltern keine Kenntnis gehabt. Auch habe sie sich nicht bereichert, die Gelder seien ausschließlich von ihren Eltern verwendet worden.

 

Entscheidung

Anfechtung nach den Regelungen des AnfG wurden nur teilweise als gegeben angesehen. Von zentraler Bedeutung sei dabei zunächst die Frage, ob eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht bei Durchführung von Rechtshandlungen vorgelegen habe (§ 3 Abs. 1 AnfG). Die Beweislast für die Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, läge beim Finanzamt. Im entschiedenen Sachverhalt bedeute dies, dass das Finanzamt nachweisen müsse, dass die angefochtenen Einzahlungen auf das Konto der Klägerin tatsächlich deren Eltern zuzurechnen seien. Dieser Nachweis sei dem Finanzamt nicht geglückt. Auch die Benachteiligungsabsicht sei nicht nachgewiesen. Allerdings seien hier die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG gegeben. Nach dieser Bestimmung sind Rechtshandlungen mit nahestehenden Personen anfechtbar, die ein Schuldner zehn Jahre vor der Anfechtung mit dem Vorsatz unternimmt, den Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht und dass die Handlung den Gläubiger benachteiligt. Hier hätten die Eltern mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt und die Klägerin habe hiervon Kenntnis gehabt. Die Rechtsfolge der Anfechtung nach § 3 AnfG ergäben sich aus § 11 AnfG. Hierbei sei das Bereicherungsrecht des BGB zu berücksichtigen.

 

Hinweis

Anfechtung nach den AnfG vor Augen zu führen. Dieses regelt in Abgrenzung zu den §§ 129 ff. InsO, die die Anfechtung innerhalb des Insolvenzverfahrens betreffen [1], die Anfechtung außerhalb eines solchen Verfahrens. Ebenfalls hiervon zu unterscheiden ist die Anfechtung von Willenserklärungen nach den Bestimmungen des BGB (§§ 119 ff. BGB). Der Sinn und Zweck des AnfG ist darin zu sehen, dass als unbillig angesehene Vermögensverschiebungen unter den Voraussetzungen des AnfG wieder rückgängig gemacht werden können sollen. Hier kennt das Gesetz verschiedene Gründe, die die Anfechtung ermöglichen. § 3 AnfG regelt dabei zwei verschiedene Anfechtungsgründe, die das Gericht hier geprüft hat. Zwar sah es nicht als erwiesen an, dass hier beide Parteien, insbesondere die Klägerin, den Vorsatz des Schuldners zur Benachteiligung der Gläubiger kannten. Zur Anwendung kam aber § 3 Abs. 2 AnfG, da es sich um ein Rechtsgeschäft zwischen nahen Angehörigen handelte. Dort sind die Voraussetzungen geringer als nach § Abs. 1 AnfG. Eine Anfechtung kommt darüber hinaus bei unentgeltlichen Leistungen (§ 4 AnfG) in Betracht. Als Fazit lässt sich somit festhalten, dass das AnfG stets unbedingt bei jeder (insbesondere) steuerlichen Planung im Hinterkopf mit durchzuprüfen ist.

Die Revision zum BFH wurde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, zunächst auch eingelegt, aber dann zurückgenommen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 15.12.2011, 11 K 634/07 AO

[1] siehe hierzu etwa Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, S. 98ff.

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