Zusammenfassung

 
Überblick

Notwendige Steuerberaterkosten können unter bestimmten Voraussetzungen bei einem erfolgreichen Einspruch vom Steuerpflichtigen aufgrund eines Amtshaftungsanspruchs von der Finanzverwaltung erstattet verlangt werden. Dafür erforderlich ist insbesondere die schuldhafte Verletzung einer Amtspflicht mit drittschützender Wirkung durch den Finanzbeamten. Ersetzt werden muss der Schaden in Geld, der adäquate Folge der Amtspflichtverletzung ist. Es haftet die Behörde, die dem Amtsträger die Aufgaben übertragen hat, bei deren Wahrnehmung es zur Amtspflichtverletzung kam. Eine fehlerhafte Rechtsanwendung des Finanzbeamten führt nicht automatisch zu einem Amtshaftungsanspruch. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit kann bei nur fahrlässigem Handeln den Amtshaftungsanspruch entfallen lassen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn es der Geschädigte schuldhaft unterlässt, Rechtsmittel zu ergreifen. Ein Amtshaftungsanspruch kann neben dem nationalen Recht auch unionsrechtlich begründet werden. Für die Entscheidung sind immer die nationalen Zivilgerichte zuständig. In der steuerberatenden Praxis bedeutet dies, dass ein Steuerberater Grundkenntnisse im Hinblick auf diese Haftung haben muss. Zwar kann er einen Schadenersatz nicht selbst einklagen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass er, sollte er seinen Mandanten auf diesen Anspruch nicht hinweisen, sich selbst schadensersatzpflichtig macht.[1]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Anspruchsgrundlage für den nationalen Amtshaftungsanspruch ist § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG. Die persönliche Haftung der für den Staat handelnden Person wird auf den Staat übergeleitet, sodass der Staat die Schuld des eigentlich Handelnden übernimmt (sog. mittelbare Staatshaftung) und – sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen – an den betroffenen Bürger Schadenersatz leistet. Es handelt sich um eine befreiende gesetzliche Schuldübernahme. Die persönliche Haftung des Beamten ist ausgeschlossen.[2]

[1] Krömker/Nöcker, AO-StB 2016 S. 44.
[2] Sprau, in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 839 BGB Rz. 12.

1 Grundsatz der fehlenden Kostenerstattung bei erfolgreichem Einspruch

Das Steuerrecht wird nach allgemeiner Meinung trotz gegenteiliger Beteuerungen der Finanzpolitiker immer komplizierter.[1] Exakte Zahlen, wie viele fehlerhafte Steuerbescheide jährlich erlassen werden, fehlen. Schätzungen zufolge sind rund 60 bis 70 % der Steuerbescheide falsch, weil den Mitarbeitern der Finanzverwaltung nicht die Zeit bleibt, alle eingegangenen Erklärungen hinreichend zu prüfen. Gerade Flüchtigkeitsfehler stellen eine latente Gefahr für die Finanzbehörde dar.[2] Hinzu kommt, dass die Flut an Gesetzesänderungen zu einem Rechtszustand führt, der den Rechtsanwender überfordert.[3] Eine Vielzahl der Fehler kommt dadurch zustande, dass die Finanzämter beim Erlass des Steuerbescheids etwas übersehen, falsch ein- oder übertragen.[4]

Häufig treten Fehler in folgenden Bereichen auf:

  • Ermittlungspflicht wird verletzt, weil fehlende Unterlagen nicht angefordert werden
  • Verzögerte Bearbeitung von Aussetzungsanträgen
  • Rückzahlung von Steuerguthaben auf falsches Konto mit entsprechendem Zinsschaden
  • Fehlerhafte Eingabe von Kennziffern bei der EDV-Erfassung
  • Missachtung von Verjährungsvorschriften
  • Erlass eines Haftungsbescheids ohne vorherige Prüfung der Sach- und Rechtslage

Um eine Änderung der Steuerbescheide zu erreichen, wird für den Steuerpflichtigen i. d. R. die Einschaltung eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts notwendig sein. Grds. kann sich jeder Steuerpflichtige als einer mit vielfältigen Vollstreckungsbefugnissen ausgestatteten Fachbehörde unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit der Hilfe eines fachlich vorgebildeten Steuerberaters oder Rechtsanwalts bedienen.[5]

Durch diese Inanspruchnahme entstehen dem Steuerpflichtigen Kosten, die entweder nach der einschlägigen Gebührenordnung oder aufgrund einer Honorarvereinbarung abgerechnet werden. Diese Kosten werden von der Finanzverwaltung nicht erstattet, wenn das FA einem außergerichtlichen Rechtsbehelf abhilft. Der Einspruchführer und das FA haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen.[6] Der Gesetzgeber hat nur für das Verfahren vor den Finanzgerichten und nicht für das Verwaltungsvorverfahren eine Kostenerstattung vorgehen.[7] Das Abgabenrecht selbst enthält keine Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Kosten des außergerichtlichen Rechtsbehelfs, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.[8] Bloße Anträge auf Berichtigung (§ 129 AO), Änderung, Aufhebung oder Rücknahme von Steuerverwaltungsakten nach §§ 172 bis 177 AO (Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide) oder §§ 130, 131 AO (sonstige Steuerverwaltungsakte) bzw. das volle oder auch teilweise Obsiegen im Rechtsbehelfsverfahren begründen keine Erstattungspflicht nach § 139 FGO.

Diese Rechtslage wird auch nicht dadurch geändert, dass in § 80 VwVfG eine Erstattung der notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens geregelt ist. Die unterschiedliche Behandlung des Verwaltungsverfahrens und des Verfahrens vor der Finanzverwaltung verstößt nach der Rechtsprechun...

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