Leitsatz

Für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gem. § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden kann, sind die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zum Entnahmezeitpunkt und die zukünftige mögliche Nutzung maßgebend; die steuerfreie Entnahme ist nicht auf eine (zusätzliche) Gartenfläche von 1 000 qm beschränkt.

 

Normenkette

§ 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG a.F.

 

Sachverhalt

Ein Landwirt buchte in seiner Bilanz auf den 30.6.1990 das Wohngebäude der Hofstelle sowie zugehörigen Grund und Boden von insgesamt 2 200 qm aus. Von dem Grundstück entfielen auf die mit dem Wohnhaus bebaute Fläche sowie Vor- und Hausgarten 1 758 qm. Den Abgang dieses Grund und Bodens sowie des Wohnhauses behandelte der Landwirt als steuerfreie Entnahme nach § 52 Abs. 15 EStG a.F.

Das FA sah nur eine Bodenfläche von 1 400 qm als steuerfrei entnommen an und berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden 1990 und 1991 für die Restfläche einen entsprechenden Entnahmegewinn. FG und BFH gaben aber dem Kläger Recht.

 

Entscheidung

Der BFH war der Auffassung, das FG habe zutreffend den gesamten Garten zusätzlich zu der mit dem Wohnhaus bebauten Fläche entnommen. Mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung werde der zur Wohnung "dazugehörende Grund und Boden" steuerfrei entnommen. Er bemesse sich einerseits nach dem vor der Entnahme bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang, andererseits aber auch nach der für die künftige Wohnungsnutzung vorgesehenen Zweckbestimmung der Flächen. Eine Angemessenheitsgrenze von 1 000 qm gebe es entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht.

Nach den bindenden Feststellungen des FG habe die streitige Fläche von Anfang an als Garten gedient und sei auch noch bis zur Ortsbesichtigung 9 Jahre nach der Entnahme als Garten genutzt worden. Das FG habe deshalb zu dem Ergebnis kommen können, der Garten werde auch auf absehbare Zeit nicht anders genutzt werden. Überdies sei festgestellt worden, dass auch der Nachbar einen mindestens ebenso großen Garten nutze. Die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ändere nichts an den Gewohnheiten der ländlichen Bevölkerung, sich in größerem Umfang selbst zu versorgen, als auf dem Land wohnende Nichtlandwirte.

 

Hinweis

1. Das entschiedene Rechtsproblem hat kaum noch aktuelle Bedeutung. Mit dem Übergang zur Konsumgutlösung für selbstgenutzte Wohnungen ab 1987 ergab sich für Landwirte die Besonderheit, dass ihre bisher zum Betriebsvermögen gehörenden Wohnungen entnommen werden mussten. Diese Zwangsentnahme sollte aber nicht zur Besteuerung stiller Reserven führen. Deshalb sollten Wohnhaus und "dazugehörender Grund und Boden"steuerfrei entnommen werden. Die Zwangsentnahme der Wohnungen erfolgte nach einer Übergangszeit, spätestens Ende 1998; zuvor konnte jederzeit freiwillig zur Konsumgutlösung durch Abwahl der Nutzungswertbesteuerung übergegangen werden. Das hatte auch der Kläger im Besprechungsfall mit Wirkung auf den 31.12.1990 getan.

Streit bestand darüber, wie groß der zugehörende Grund und Boden sein sollte. Denn naturgemäß bestand ein Interesse daran, möglichst viele Flächen, die irgendwann einmal zu Bauland werden könnten, steuerfrei ins Privatvermögen zu überführen. Der BFH hatte in einem ersten Urteil vom 24.10.1996, IV R 43/95 (BStBl II 1997, 50) ein bebaubares abparzelliertes Grundstück von 500 qm, das noch als Garten genutzt wurde, nicht als zu dem eigentlichen Wohngrundstück (1 099 qm) gehörenden Boden angesehen und beiläufig bemerkt, eine Fläche von 1 099 qm entspreche der für Wohngebäude üblichen Größe.

Hieraus hatte die Finanzverwaltung eine Nichtbeanstandungsgrenze von 1 000 qm entwickelt (BMF-Schreiben vom 4.6.1997, BStBl I 1997, 630). Überschreitungen dieser Grenze um mehr als 10 % führten danach häufig zum Ansatz eines Entnahmegewinns. Daran wird in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden können.

2. Für die Zukunft hat die Frage des dazugehörenden Grund und Bodens einerseits dann noch Bedeutung, wenn sich die Wohnung in einem Baudenkmal befindet, denn bei diesen hat bis Ende 1998 keine Zwangsentnahme stattgefunden. Die freiwillige Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ist weiterhin möglich (§ 13 Abs. 4 EStG 2001). Andererseits kann auch in Zukunft das zur Errichtung einer neuen Wohnung für den Betriebsleiter oder Altenteiler benötigte Grundstück steuerfrei entnommen werden (§ 13 Abs. 5 EStG 2001).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.9.2001, IV R 22/00

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