Besonders zu beachten ist bei einer Steuersatzänderung die korrekte Ermittlung der geschuldeten Umsatzsteuer, wenn der Unternehmer für seine Leistungen Anzahlungen oder Vorauszahlungen vereinnahmt hat. Dabei sind grundsätzlich die folgenden Möglichkeiten denkbar[1]:

 
Leistungserbringung Anzahlungen Steuerliche Behandlung
Leistung oder Teilleistung erbracht bis 30.6.2020 Ob Anzahlungen geleistet worden sind ist unerheblich Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 19 % bzw. mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 Anzahlungen sind vor dem 1.7.2020 nicht geflossen Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 16 % bzw. mit dem ermäßigten Steuersatz von 5 %
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 Anzahlungen sind ganz oder teilweise vor dem 1.7.2020 geflossen Die Anzahlungen vor dem 1.7.2020 waren mit 19 % bzw. 7 % besteuert worden[2], bei Ausführung der Leistung in der Zeit ab dem 1.7. bis 31.12.2020 sind die Leistungen mit 3 % zu entlasten.
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 31.12.2020 Anzahlungen sind vor dem 1.1.2021 nicht geflossen Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 19 % bzw. dem ermäßigten Steuersatz von 7 %
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 31.12.2020 Anzahlungen sind ganz oder teilweise in der Zeit zwischen dem 1.7. und dem 31.12.2020 geflossen Die Anzahlungen können mit 16 % bzw. 5 % besteuert werden[3], bei Ausführung der Leistung ab 2021 sind die Leistungen mit 3 % bzw. 2 % nachzuversteuern.
 
Wichtig

Nichtbeanstandungsregelung bei Anzahlungen für Leistungen nach Steuersatzänderung

Grundsätzlich entsteht eine Umsatzsteuer bei einer Anzahlung nach den gesetzlichen Regelungen, die zum Zeitpunkt des Zahlungszuflusses gelten. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn in Anzahlungsrechnungen auch schon vor Inkrafttreten der Änderung mit dem zukünftigen Steuersatz abgerechnet wird, wenn die Leistung erst nach Steuersatzänderung ausgeführt wird. Dies gilt nach dem BMF-Schreiben sowohl bei dem Übergang zum 1.7.2020 als auch zum 1.1.2021.

 
Praxis-Tipp

Entlastung bzw. die Nachversteuerung von Anzahlungen

Die Entlastung bzw. die Nachversteuerung von Anzahlungen erfolgt in der Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung oder Teilleistung, auf die sich die Anzahlung bezieht, ausgeführt ist. Besteuert der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten, erfolgt die Entlastung bzw. Nachversteuerung in dem Voranmeldungszeitraum, in dem das restliche Entgelt vereinnahmt wird.

 
Praxis-Beispiel

Korrektur in der Umsatzsteuer-Voranmeldung

Unternehmer U hat im Januar 2020 den Auftrag übernommen, für einen Kunden K eine maschinelle Anlage zu errichten. Es war ein Nettobetrag i. H. v. 500.000 EUR vereinbart worden. Im März 2020 hat U seinem Auftraggeber 100.000 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer von 19.000 EUR als Abschlagszahlung berechnet, die Zahlung wurde im April 2020 geleistet. Die Abnahme der Anlage nach Fertigstellung erfolgt im August 2020.

Im Monat der Vereinnahmung der Anzahlung hat U aus der erhaltenen Anzahlung 19.000 EUR bei seinem Finanzamt anzumelden.[4] Die steuerbare und steuerpflichtige Werklieferung des U unterliegt dem im August 2020 geltenden Regelsteuersatz von 16 %. U hat seinem Auftraggeber 500.000 EUR zzgl. 16 % Umsatzsteuer von 80.000 EUR zu berechnen, die Anzahlung ist mit 100.000 EUR und 19.000 EUR Umsatzsteuer von diesem Betrag abzusetzen, sodass sich noch ein Zahlungsbetrag von 461.000 EUR ergibt. Die Rechnung könnte wie folgt erstellt werden:

 
Maschinelle Anlage   500.000 EUR
zzgl. 16 % Umsatzsteuer   80.000 EUR
Zwischensumme   580.000 EUR
abzgl. Anzahlung April 2020 netto   - 100.000 EUR
abzgl. Umsatzsteuer auf Anzahlung   - 19.000 EUR
zur Zahlung offen   461.000 EUR

U schuldet im August 2020 noch eine Umsatzsteuer von (80.000 EUR - 19.000 EUR =) 61.000 EUR. Die erhaltene Anzahlung aus dem April 2020 ist in der Voranmeldung August 2020 in der Zeile 26 ("Umsätze zum Steuersatz von 19 %") mit - 100.000 EUR rückgängig zu machen und der gesamte Umsatz von 500.000 EUR in der Zeile 28 ("Umsätze zu anderen Steuersätzen") mit 16 % zu erklären.

Hat der Unternehmer für zwischen dem 1.7. und 31.12.2020 vereinnahmte Anzahlungen die Umsatzsteuer mit 16 % bzw. 5 % in der Rechnung angegeben, ist bei Leistungserbringung ab dem 1.1.2021 die Anzahlungsrechnung nicht zu berichtigen, wenn in der Endrechnung die Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag mit dem neuen Steuersatz angegeben wird. Allerdings ist darauf zu achten, dass die in der Anzahlungsrechnung offen ausgewiesene Umsatzsteuer in der Schlussrechnung wieder offen abgesetzt wird. Der Unternehmer kann aber auch seine Rechnung über die zum anderen Steuersatz vereinnahmten Anzahlungen berichtigen. Die Berichtigung erfolgt in diesem Fall für den Voranmeldungszeitraum, in dem der Unternehmer den Steuerausweis berichtigt.

 
Wichtig

Vorsteuerabzugsbeträge des Leistungsempfängers

Die Regelungen gelten n...

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