Leitsatz

Die Vollstreckung ist nicht unbillig, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Steuerschulden in absehbarer Zeit durch freiwillige Leistungen wesentlich zurückgeführt werden können.

 

Sachverhalt

Die Kläger sind bereits seit längerem mit der Zahlung von Steuern von insgesamt rd. 50.000 EUR im Rückstand. Am 19.3.2009 beantragten sie wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs bis Ende Mai 2009. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt (FA) im April 2009 mit der Begründung ab, dass es aufgrund der nicht fristgerecht entrichteten (laufenden) Steuern ständig zu einer Erhöhung der Gesamtsteuerrückstände komme und deswegen kein Raum für eine derartige Billigkeitsmaßnahme bestehe.

Den hiergegen eingelegten Einspruch verwarf das FA am 13.10.2009 als unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger (mehr) bestehe. Der beantragte Vollstreckungsaufschub sei zwischenzeitlich durch Zeitablauf beendet.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) entscheidet, dass das FA den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen hat, denn am 13.10.2009 war der Zeitpunkt, bis zu dem der Vollstreckungsaufschub dauern sollte, bereits abgelaufen. Es fehlte den Klägern insoweit das Rechtsschutzbedürfnis.

Der Antrag auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Vollstreckungsaufschub ist zwar im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig, jedoch ist der Antrag unbegründet. Die Klage könnte nur Erfolg haben, wenn die Ablehnung des begehrten Vollstreckungsaufschubs rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.

Ein solcher Fehler ist nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerschulden in absehbarer Zeit durch freiwillige Leistungen zurückgeführt werden können. Auch wenn die Kläger trotz ihren schlechten Gesundheitszustandes und fortgeschrittenen Alters große Anstrengungen unternehmen, um ihre Steuerrückstände zu begleichen, kann nicht mit einer zügigen und kurzfristigen Rückführung der Steuerschulden gerechnet werden.

 

Hinweis

Vollstreckungsmaßnahmen sind unbillig, wenn die Vollstreckung oder einzelne Maßnahmen dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil erbringen, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere, weniger belastende Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte. Im Falle des Anerbietens von Ratenzahlungen durch den Vollstreckungsschuldners ist dies der Fall, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass er seine Zusage einhalten wird, und wenn nach der Höhe der angebotenen Raten mit einer zügigen und kurzfristigen Tilgung der Steuerschuld gerechnet werden kann.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 12.04.2011, 14 K 3560/09

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