[Vorspann]

Die Schweizerische Eidgenossenschaft,

im Folgenden "Schweiz" genannt,

und

die Europäische Gemeinschaft,

im Folgenden "Gemeinschaft" genannt,

oder als "Vertragsparteien" bezeichnet,

sind übereingekommen, folgendes Abkommen zu schließen:

Art. 1 Steuerrückbehalt durch schweizerische Zahlstellen

 

(1) Von Zinszahlungen an in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (im Folgenden "Mitgliedstaat" genannt) ansässige Nutzungsberechtigte im Sinne von Artikel 4 durch im Gebiet der Schweiz niedergelassene Zahlstellen wird vorbehaltlich des Absatzes 2 und des Artikels 2 ein Betrag von den Zinszahlungen einbehalten. Der Satz des Steuerrückbehalts beträgt in den ersten drei Jahren der Anwendung dieses Abkommens 15 %, in den darauf folgenden drei Jahren 20 % und danach 35 %.

 

(2) Zinszahlungen auf Forderungen, die von in der Schweiz ansässigen Schuldnern begeben wurden oder sich auf Betriebsstätten in der Schweiz nicht ansässiger Personen beziehen, sind vom Steuerrückbehalt ausgeschlossen. Für die Zwecke dieses Abkommens hat der Begriff "Betriebsstätte" dieselbe Bedeutung wie in dem jeweiligen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen der Schweiz und dem Ansässigkeitsstaat des Schuldners. Besteht kein solches Abkommen, so bedeutet der Begriff "Betriebsstätte" eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Schuldners ganz oder teilweise ausgeübt wird.

 

(3) Senkt jedoch die Schweiz den Satz ihrer Verrechnungssteuer auf Zinszahlungen aus schweizerischen Quellen an in den Mitgliedstaaten ansässige natürliche Personen unter 35 %, so behält sie einen Steuerrückbehalt auf diese Zinszahlungen ein. Der Satz des Steuerrückbehalts entspricht in diesem Fall der Differenz zwischen dem Satz des Steuerrückbehalts gemäß Absatz 1 und dem neuen Satz der Verrechnungssteuer. Er übersteigt jedoch nicht den Satz gemäß Absatz 1.

Beschränkt die Schweiz den Anwendungsbereich ihres Verrechnungssteuergesetzes auf Zinszahlungen, die an in Mitgliedstaaten ansässige natürliche Personen geleistet werden, ist jede Zinszahlung, die vom Anwendungsbereich der Verrechnungssteuer ausgeschlossen wurde, Gegenstand des Steuerrückbehalts zu den in Absatz 1 vorgesehenen Sätzen.

 

(4) Absatz 2 gilt nicht für Zinszahlungen schweizerischer Anlagefonds, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens oder zu einem späteren Zeitpunkt für ihre Zahlungen an in einem Mitgliedstaat ansässige natürliche Personen von der schweizerischen Verrechnungssteuer befreit sind.

 

(5) Die Schweiz trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die für die Durchführung dieses Abkommens notwendigen Aufgaben durch Zahlstellen im Gebiet der Schweiz wahrgenommen werden, und erlässt insbesondere Verfahrens- und Strafvorschriften.

Art. 2 Freiwillige Offenlegung

 

(1) Die Schweiz sieht ein Verfahren vor, das es dem Nutzungsberechtigten im Sinne von Artikel 4 ermöglicht, den Steuerrückbehalt gemäß Artikel 1 zu vermeiden, indem er seine Zahlstelle in der Schweiz ausdrücklich ermächtigt, die Zinszahlungen an die zuständige Behörde dieses Staates zu melden. Eine solche Ermächtigung gilt für alle Zinszahlungen dieser Zahlstelle an den Nutzungsberechtigten.

 

(2) Die Zahlstelle übermittelt im Falle der ausdrücklichen Ermächtigung durch den Nutzungsberechtigten mindestens die folgenden Angaben:

 

a)

Identität und Wohnsitz des Nutzungsberechtigten entsprechend den Feststellungen nach Artikel 5;

 

b)

Name und Anschrift der Zahlstelle;

 

c)

Kontonummer des Nutzungsberechtigten oder, in Ermangelung einer solchen, Bezeichnung der Forderung, aus der die Zinsen stammen; und

 

d)

die gemäß Artikel 3 berechnete Höhe der Zinszahlung.

 

(3) Die zuständige Behörde der Schweiz übermittelt die Informationen gemäß Absatz 2 der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Nutzungsberechtigte ansässig ist. Die Informationen über sämtliche während eines Steuerjahres erfolgten Zinszahlungen werden mindestens einmal jährlich automatisch übermittelt, und zwar binnen sechs Monaten nach dem Ende des Steuerjahres der Schweiz.

 

(4) Optiert der Nutzungsberechtigte für dieses Verfahren der freiwilligen Offenlegung oder meldet er seine Zinserträge von einer schweizerischen Zahlstelle auf andere Weise den Steuerbehörden des Mitgliedstaates, in dem er ansässig ist, werden die betreffenden Zinserträge in diesem Mitgliedstaat zu demselben Satz besteuert wie vergleichbare Erträge, die aus diesem Mitgliedstaat stammen.

Art. 3 Bemessungsgrundlage des Steuerrückbehalts

 

(1) Die Zahlstelle erhebt den Steuerrückbehalt gemäß Artikel 1 Absatz 1 wie folgt:

 

a)

im Falle einer Zinszahlung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a: auf den Bruttobetrag der gezahlten oder gutgeschriebenen Zinsen;

 

b)

im Falle einer Zinszahlung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b oder d: auf den Betrag der dort bezeichneten Zinsen oder Erträge;

 

c)

im Falle einer Zinszahlung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c: auf den Betrag der dort bezeichneten Zinsen.

 

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 wird der Steuerrückbehalt für den Zeitraum, während dessen der Nutzungsberechtigte die Forderung innehat, anteilig erhoben. Kann die Zahlstelle diesen ...

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