BMF, 31.10.1995, IV B 4 - S 2230 - 47/95

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu Fragen der Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft vom Gewerbe wie folgt Stellung:

 

Allgemeine Grundsätze

(1) Land- und Forstwirtschaft ist die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Vermehrung der dadurch selbstgewonnenen Erzeugnisse. Als Boden im Sinne des Satzes 1 gelten auch Substrate und Wasser. Ob eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, ist jeweils nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden. Liegt eine teils gewerbliche und teils land- und forstwirtschaftliche Betätigung vor, so sind beide Betriebe selbst dann getrennt zu beurteilen, wenn eine zufällige, vorübergehende wirtschaftliche Verbindung zwischen ihnen besteht, die ohne Nachteil für diese Betriebe gelöst werden kann. Nur eine über dieses Maß hinausgehende wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden Betrieben, d. h. eine planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollte Verbindung, kann eine einheitliche Beurteilung verschiedenartiger Betätigungen rechtfertigen. Sie führt zur Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn die Land- und Forstwirtschaft dem Unternehmen das Gepräge verleiht, und zur Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs, wenn das Gewerbe im Vordergrund steht und die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit hat. Bei in Mitunternehmerschaft (vgl.R 138 Abs. 5 EStR 1993) geführten Betrieben ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG anzuwenden; Tätigkeiten, die die Voraussetzungen der folgenden Vereinfachungsregelungen erfüllen, gelten dabei als land- und forstwirtschaftlich.

 

Strukturwandel

(2) Bei einem Strukturwandel vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Gewerbebetrieb beginnt der Gewerbebetrieb in dem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dauerhaft umstrukturiert wird. Hiervon ist z. B. auszugehen, wenn dem bisherigen Charakter des Betriebs nicht mehr entsprechende Investitionen vorgenommen, vertragliche Verpflichtungen eingegangen oder Wirtschaftsgüter angeschafft werden, die jeweils dauerhaft dazu führen, daß die in den folgenden Absätzen genannten Grenzen erheblich überschritten werden. In allen übrigen Fällen liegt nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren ein Gewerbebetrieb vor. Der Dreijahreszeitraum ist objektbezogen und beginnt beim Wechsel des Betriebsinhabers nicht neu. Die vorstehenden Grundsätze gelten für den Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechend.

 

Nebenbetrieb

(3) Ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft liegt vor, wenn

  1. überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden und die dabei gewonnenen Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind oder
  2. ein Land- und Forstwirt Umsätze aus der Übernahme von Rohstoffen (z. B. organische Abfälle) erzielt, diese be- oder verarbeitet und die dabei gewonnenen Erzeugnisse nahezu ausschließlich im eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft verwendet

und die Erzeugnisse im Rahmen einer ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung, die noch dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, hergestellt werden. Die Regelung gilt aus Vereinfachungsgründen auch für Produkte der zweiten (gewerblichen) Verarbeitungsstufe, wenn diese zur Angebotsabrundung im Rahmen der Direktvermarktung eigener land- und forstwirtschaftlicher Produkte abgegeben werden und der Umsatz daraus nicht mehr als 20 000 DM im Wirtschaftsjahr beträgt. Nebenbetriebe sind auch Substanzbetriebe (Abbauland im Sinne des § 43 BewG), z. B. Sandgruben, Kiesgruben, Torfstiche, wenn die gewonnene Substanz überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet wird. Der Absatz von Eigenerzeugnissen über einen eigenständigen Einzel- oder Großhandelsbetrieb (Abs. 6), die Ausführung von Dienstleistungen (Abs. 7 und 9) und die Ausführung von besonderen Leistungen (Abs. 8) sind kein Nebenbetrieb.

 

Unmittelbare Verwertung organischer Abfälle

(4) Sofern die Entsorgung organischer Abfälle (z. B. Klärschlamm) im selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht im Rahmen eines Nebenbetriebes im Sinne des Absatzes 3 geschieht, ist sie nur dann der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, wenn dabei die in Absatz 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen im Vordergrund stehen. Das Einsammeln, Abfahren und Sortieren organischer Abfälle, das mit der Ausbringung auf Flächen oder der Verfütterung an Tierbestände des selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang steht, ist land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit. Andernfalls gilt Absatz 9.

 

Zukauf fremder Erzeugnisse

(5) Fremde Erzeugnisse sind nicht solche Erzeugnisse, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses im eigenen Betrieb verwendet werden (z. B. Saatgut, Jungpfla...

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