BMF, 15.6.2009, IV C 1 - S 2000/07/0009

Bezug: Schreiben des Deutschen Derivate Verbandes vom 4.2. und 12.3.2009;
  Schreiben des ZKA vom 13.2., 2., 14. und 27.4. sowie 5. und 12.5.2009;
  Mein Schreiben vom 22.5.2009, IV C 1 – S 2000/07/0009; DOK 2009/0299026

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit mehreren Schreiben haben Sie eine Reihe von Fragen zur praktischen Umsetzung der Abgeltungsteuer gestellt. Daneben wurden an mich weitere Zweifelsfragen zur Einführung der Abgeltungsteuer im Zusammenhang mit dem Kapitalertragsteuerabzug herangetragen. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu diesen Fragen wie folgt Stellung (zur besseren Verständlichkeit habe ich den Text Ihrer Fragen wiedergegeben und um meine Antworten ergänzt).

 

I. Kapitalerhöhung gegen Einlage (§ 20 Abs. 4a Satz 4 EStG-neu)

„Erhält der Anteilsinhaber Bezugsrechte zugeteilt, werden diese gemäß § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 mit Anschaffungskosten 0 Euro eingebucht. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob die Altanteile vom Anteilseigner vor dem 1.1.2009 oder nach dem 31.12.2008 angeschafft wurden. Das Anschaffungsdatum der Altanteile geht auf die Bezugsrechte über. Veräußert der Anleger später die Bezugsrechte, entsteht ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn somit nur in den Fällen, in denen auch die zugrunde liegenden Altanteile steuerlich verstrickt sind. Wurden die Anteile vor dem 1.1.2009 erworben, unterliegt die Veräußerung der zugeteilten Bezugsrechte nicht der Abgeltungsteuer; sofern die Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG noch nicht abgelaufen ist, muss der Anleger ggf. ein privates Veräußerungsgeschäft in seiner Steuererklärung deklarieren.

Es bedarf insoweit noch einer Klärung, ob an der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung festgehalten wird, wonach die Ausübung der Bezugsrechte (Bezug der jungen Aktien) als Veräußerung der Bezugsrechte anzusehen ist (so BMF-Schreiben vom 20.12.2005). Ohne Klärung dieser Frage kann nämlich ein Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung der bezogenen jungen Aktien nicht sicher ermittelt werden. Gelten die Bezugsrechte mit Ausübung als veräußert, müsste der gemeine Wert der Bezugsrechte als Teil der Anschaffungskosten der jungen Aktien anzusehen sein. Gilt die Ausübung künftig nicht als Veräußerung, so gehen die fiktiven Anschaffungskosten von 0 Euro auf die jungen Aktien über, d.h., es ergibt sich bei Veräußerung der jungen Aktien ein dementsprechend höheres Veräußerungsergebnis.

An der Auffassung, dass die Ausübung der Bezugsrechte eine Veräußerung darstellt, sollte nicht mehr festgehalten werden. Die Ermittlung eines Veräußerungspreises für die Bezugsrechtsausübung stellt die Praxis regelmäßig vor erhebliche Probleme bei der Wertermittlung, zumal Bezugsrechte häufig nicht börsengehandelt sind. Mit Blick auf die künftige Wertzuwachsbesteuerung ist die Besteuerung des Ausübungsvorgangs darüber hinaus nicht angezeigt, wie auch ein Vergleich mit der bereits heute neutralen Behandlung von Bezugsrechtsausübungen im betrieblichen Bereich zeigt (vgl. z.B. OFD Hannover vom 5.1.2007, wonach an den Grundsätzen des o.g. BMF-Schreibens vom 20.12.2005 nur für den Bereich des § 23 EStG festgehalten wird, nicht aber in den Fällen des § 17 EStG, der – ebenso wie künftig die Abgeltungsteuer – eine umfassende Besteuerung des Wertzuwachses vorsieht).

Wir bitten um Bestätigung unserer Auffassung.„

BMF:

Die Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene sind noch nicht abgeschlossen.

„Wenn keine Veräußerung mehr angenommen wird, ist als weitere Frage zu klären, mit welchem Anschaffungsdatum und welchen Anschaffungskosten die aufgrund Ausübung des Bezugsrechts erlangten jungen Aktien anzusetzen sind. Materielle Folgen ergeben sich vor allem im Hinblick auf Altaktien, die der Anleger vor 2009 erworben hatte und bei denen es ab 2009 zu einer Kapitalerhöhung gegen Einlage kommt.

Beispiel:

Der Kunde hat 1990 Aktien zum Wert von 10 Euro erworben. In 2009 erfolgt eine Kapitalerhöhung gegen Einlage. Der Wert der Aktien im Zeitpunkt der Zuteilung der Bezugsrechte beträgt 100 Euro. Das Bezugsrecht ermöglicht dem Aktionär, gegen Zuzahlung von 20 Euro junge Aktien zu erwerben. Der Wert der alten Aktie und der jungen Aktie beträgt zusammen 120 Euro, d.h., jede Aktie hat einen Wert von 60 Euro. Das Bezugsrecht hat somit einen inneren Wert von 40 Euro.

Hierzu gäbe es aus unserer Sicht folgende Lösungsmöglichkeiten:

  1. jungen Aktien übernehmen (anders als nach der bisherigen Sichtweise im BMF-Schreiben vom 20.12.2005) den steuerlichen Status der alten Aktien. Konsequenz: bei späterer Veräußerung der jungen Aktien wird weder ein Gewinn noch ein Verlust der Abgeltungsteuer unterworfen. Diese Verfahrensweise wäre aus abwicklungstechnischer Sicht zu begrüßen. Allerdings können sich je nach Kursentwicklung Vorteile oder Nachteile für den Anleger bzw. den Fiskus ergeben. Steigt der Kurs der jungen Aktien, profitiert der Anleger bei späterer Veräußerung von dem auf die jungen Aktien ausgedehnten B...

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