Leitsatz

1. Die pauschale Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verstößt auch insoweit nicht gegen den Gleichheitssatz, als die Nutzungsentnahme bei einem Gebrauchtfahrzeug ebenfalls nach dem Listenpreis bei der Erstzulassung bemessen wird (Anschluss an BFH, Urteil vom 24.2.2000, III R 59/98, BStBl II 2000, 273).

2. Die auf Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses in das JStG 1996 aufgenommene Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG genügt dem Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts (Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 GG) und ist daher in formell verfassungsmäßiger Weise zu Stande gekommen.

3. Die umsatzsteuerliche Schätzung des Verwendungseigenverbrauchs ist nicht geeignet, die Führung eines Fahrtenbuchs zu vermeiden oder die pauschalierende 1%-Regelung zu ersetzen.

4. Die pauschalierende 1%-Regelung setzt die Zugehörigkeit des Kfzs zum Betriebsvermögen voraus, hat aber keinen Einfluss auf dessen Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG , Art. 3 Abs. 1 GG , Art. 20 Abs. 3 GG , Art. 76 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt nutzte einen gebraucht angeschafften Pkw betrieblich und privat. In seiner Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 1996 setzte er den Privatanteil mit 1% des 1990 gezahlten Kaufpreises von ca. 26 000 DM an. Das FA ging stattdessen von dem Neupreis (58 000 DM) aus.

 

Entscheidung

Ebenso wie das FG hielt auch der BFH die Klage nicht für begründet. Die typisierte Bemessung der Nutzungsentnahme nach der 1%-Methode sei rechtmäßig, wie bereits der III. Senat des BFH mit dem im Leitsatz genannten Urteil entschieden habe. Dies gelte auch für die Nutzung von gebraucht erworbenen Fahrzeugen. Der Gleichheitssatz gebiete sogar ein unterschiedsloses Anknüpfen an den Listenpreis. Der Kläger habe sein Wahlrecht zur Führung eines Fahrtenbuchs nicht genutzt. In formeller Hinsicht sei die Neuregelung ebenfalls verfassungskonform. Denn sie sei im Rahmen eines ordnungsgemäßen Vermittlungsverfahrens zum JStG 1996 entstanden.

Keine Bedenken ergäben sich auch daraus, dass die Bemessungsgrundlage für den umsatzsteuerlichen Eigenverbrauch anders ermittelt werde, denn das UStG folge insoweit anderen Grundsätzen.

 

Hinweis

1. Die Billigung der 1%-Regelung für die Berechnung der Entnahme durch die private Nutzung eines betrieblichen Pkws hat nicht den Ausschlag für die Veröffentlichung dieses Urteils gegeben. Denn schon im zitierten Urteil vom 24.2.2000 hatte der BFH die pauschale Berechnungsmethode für rechtens erklärt.

Neuigkeitswert hat das jetzige Urteil aber deshalb, weil es sich auch mit der formellen Verfassungsmäßigkeit befasst. Damit ist die Frage gemeint, ob ein Gesetz nach den Vorschriften des GG zu Stande gekommen ist. Dies ist in jüngerer Zeit für gesetzliche Regelungen in Zweifel gezogen worden, die erst im Vermittlungsausschuss geschaffen worden sind. Bedenken bestehen deshalb, weil der Vermittlungsausschuss nach der Rechtsprechung des BVerfG nur Änderungsvorschläge aus dem vorangegangenen Vermittlungsverfahren aufgreifen darf (BVerfG vom 7.12.1999, 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162).

Diese Frage hat für die Praxis erhebliche Bedeutung, denn die letzten Reformgesetze sind alle unter Einschaltung des Vermittlungsausschusses verabschiedet worden. Bei jeder einzelnen vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Regelung muss geprüft werden, ob sie schon vorher Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens war. Wie aktuell das Thema ist, kann daran abgelesen werden, dass der BFH kürzlich erstmals eine vom Vermittlungsausschuss im Rahmen des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vorgeschlagene Vorschrift für verfassungswidrig gehalten hat (Beschluss vom 29.11.2000, I R 38/99, BFH-PR 2001, 120).

2. Praktische Bedeutung hat das Besprechungsurteil außerdem, weil der BFH das Verhältnis der 1%-Regelung zur Behandlung des Pkws als Betriebsvermögen behandelt. Auch wenn infolge der 1%-Regelung im Streitfall 70 % der Kosten des Pkws als privat veranlasst zu behandeln waren, änderte sich nichts daran, dass der Pkw als notwendiges Betriebsvermögen zu behandeln war. Für die Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen kommt es danach immer auf die wirkliche Nutzung an. Wie diese Nutzung nachzuweisen ist, deutet der BFH an: durch Führen eines Fahrtenbuchs für einen repräsentativen Zeitraum.

Ändert sich die Nutzung des Pkws, kommt es nur dann zur Entnahme, wenn der Pkw dadurch notwendiges Privatvermögen wird. Das gilt auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, in deren Rahmen die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen nach der BFH-Rechtsprechung nicht zulässig ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.3.2001, IV R 27/00

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