Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung eines geschiedenen Ehegatten an Grundstückserträgen aufgrund dessen Zugewinnausgleichsberechtigung
Leitsatz (amtlich)
Beteiligt ein geschiedener Ehegatte aufgrund eines Scheidungsfolgenvergleichs zur Regelung des Zugewinnausgleichs seinen früheren Ehepartner an seinen Grundstückserträgen, so kann er diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Der erkennende Senat gibt seine entgegenstehende Rechtsauffassung im Urteil vom 24.Januar 1989 IX R 111/84 (BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706) auf.
Orientierungssatz
Die schuldrechtlich vereinbarte Ertragsbeteiligung als Aufwand für den Aufschub der Zugewinnausgleichsverpflichtung steht nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftserzielung von Eheleuten, sondern betrifft nur das Vermögen. Keine Abweichung vom Urteil des VIII. Senats des BFH vom 22.1.1991 VIII R 310/84, da diese Entscheidung überholt ist. Ausführungen und BFH-Rechtsprechung zum Ausgleich unter Miterben und zur Umwidmung bzw. Umwandlung einer Schuld.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, §§ 21, 9 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 1378
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und der Beigeladene zu 1 sind Miteigentümer mehrerer Grundstücke, aus denen sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Anläßlich der Scheidung seiner Ehe mit der Beigeladenen zu 2 schloß der Kläger einen zum gerichtlichen Protokoll erklärten Scheidungsfolgenvergleich folgenden Inhalts:
"1. ... Der Zugewinnausgleich über diese Liegenschaften wird zurückgestellt. Wird eine Liegenschaft oder Teile davon veräußert, so erhält die Ehefrau die Hälfte des Erlöses nach Abzug der dann valutierenden Belastungen ...
2. Die Ehefrau erhält eine stille Beteiligung von 25 % der Erträge der ... Liegenschaften."
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers und des Beigeladenen zu 1 aus einem bestimmten Grundstück für das Streitjahr (1984) gesondert und einheitlich fest. Er lehnte es dabei ab, den Anteil der Beigeladenen zu 2 an den Grundstückserträgnissen als Sonderwerbungskosten des Klägers anzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, die er auf Verletzung materiellen (§ 9 Abs.1 Satz 1 und Satz 3 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und formellen Rechts stützt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat es zutreffend abgelehnt, die an die Beigeladene zu 2 gezahlten 11 451 DM als Sonderwerbungskosten des Klägers gemäß § 9 Abs.1 EStG bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
1. Zutreffend hat das FG eine Abziehbarkeit als Sonderwerbungskosten des Klägers nicht schon mit der Begründung verneint, die Beigeladene zu 2 habe wegen der vereinbarten Ertragsbeteiligung selbst Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs.1 EStG erzielt.
Nach der zu gerichtlichem Protokoll erklärten Vereinbarung des Klägers mit der Beigeladenen zu 2 anläßlich der Scheidung ihrer Ehe wurde der Ausgleich des Zugewinns bis zum Verkauf bestimmter Grundstücke zurückgestellt. Als Gegenleistung beteiligte der Kläger die Beigeladene zu 2 an den Grundstückserträgen. Es kann für die Entscheidung über die Abziehbarkeit der Ertragsbeteiligung als Werbungskosten dahinstehen, ob die Ausgleichsforderung der Beigeladenen zu 2 auf Grund dieser Vereinbarung gegen eine partiarische Beteiligung an den Grundstückserträgen gestundet oder in eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung umgewandelt wurde. Der Kläger hat die Beigeladene zu 2 nicht an den Vermietungseinkünften beteiligt, sondern ihr nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf einen Teil seiner Erträge zugewendet (vgl. auch Senatsentscheidung vom 3.Dezember 1991 IX R 155/89, BFHE 166, 460, BStBl II 1992, 459).
2. Das FG hat eine Abziehbarkeit der der Beigeladenen zu 2 zugeflossenen anteiligen Grundstückserträge als Werbungskosten rechtsfehlerfrei deshalb verneint, weil dieser Aufwand des Klägers nicht durch Einkunftserzielung durch Nutzungsüberlassung, sondern durch einen nichtsteuerbaren Vorgang in der Vermögenssphäre zur Regelung des Zugewinnausgleichs veranlaßt ist.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs.1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsurteil vom 23.Januar 1990 IX R 17/85, BFHE 159, 491, BStBl II 1990, 465). Ein Werbungskostenabzug ist dagegen ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen nicht durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlaßt sind (Senatsurteile vom 26.November 1985 IX R 64/82, BFHE 145, 211, BStBl II 1986, 161; vom 23.Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464).
Nach diesen Grundsätzen ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den strittigen Aufwendungen und den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zu verneinen.
a) Die Ertragsbeteiligung, die der Kläger als Werbungskosten geltend macht, stellt Aufwand für den Aufschub der Zugewinnausgleichsverpflichtung dar, die nicht durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern durch die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft infolge der Ehescheidung veranlaßt ist. Die Verpflichtung des Klägers zum Zugewinnausgleich hat als Folge der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit der Beigeladenen zu 2 ihren Rechtsgrund in der Vermögenssphäre des Klägers, die für die Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unerheblich ist. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn man den gerichtlichen Scheidungsfolgenvergleich abweichend vom Wortlaut nicht als Aufschub der Zugewinnausgleichsverpflichtung auslegt, sondern --wie Kläger es in der mündlichen Verhandlung getan-- als abschließende Regelung des Zugewinnausgleichs, an dessen Stelle die Beteiligung der Beigeladenen zu 2 an dem Ertrag und dem späteren Veräußerungserlös treten sollte; denn selbst eine hierin liegende Schuldumschaffung würde an dem gegebenen Veranlassungszusammenhang nichts ändern (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, 305, BStBl II 1990, 817 C II. 3. d der Gründe, m.w.N.).
b) Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Ertragsbeteiligung der Beigeladenen zu 2 und den Vermietungseinkünften des Klägers läßt sich auch nicht damit begründen, daß die Ausgleichsverpflichtung auf den Wert des dem Kläger zur Einkunftserzielung dienenden Grundvermögen zurückzuführen ist. Mit dieser Begründung hat der erkennende Senat allerdings Schuldzinsen für ein zum Zwecke des Zugewinnausgleichs aufgenommenes Darlehen insoweit als bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbare Werbungskosten beurteilt, als der Wert des der Einkunftserzielung dienenden Grundstücks Bemessungsgrundlage für den Zugewinnausgleich war (Senatsentscheidung vom 24.Januar 1989 IX R 111/84, BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706). An dieser Rechtsauffassung hält der erkennende Senat jedoch nicht mehr fest. Denn bei der Ermittlung von Überschußeinkünften ist zu unterscheiden zwischen der Sphäre der Einkunftserzielung durch Überlassung zur Nutzung und der nichtsteuerbaren Vermögenssphäre. Regelungen über den Zugewinnausgleich betreffen nur das Vermögen, nicht aber die Einkunftserzielung von Eheleuten.
Für die steuerliche Beurteilung des Zugewinnausgleichs hat es entgegen der Auffassung des Klägers keine Bedeutung, daß Abfindungszahlungen von Miterben im Rahmen einer Erbauseinandersetzung zu Anschaffungskosten führen können (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 5.Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837). Der Ausgleich unter Miterben unterscheidet sich bereits zivilrechtlich maßgebend vom Ausgleich des Zugewinns. Miterben sind in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit dinglich am Nachlaß beteiligt; sie leisten Abfindungszahlungen, um die dingliche Zuordnung von Nachlaßgegenständen im Rahmen der Erbauseinandersetzung zu ändern. § 1378 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gewährt hingegen nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns, der die Zuordnung des Eigentums unberührt läßt. Diese unterschiedliche zivilrechtliche Gestaltung hat der BFH auch in anderen Fällen der steuerlichen Wertung zugrunde gelegt und aufgrund dessen die Erfüllung eines Vermächtnisses (Senatsentscheidung vom 28.April 1992 IX R 178/88, BFH/NV 1992, 658) sowie die Tilgung eines Erbersatzanspruchs nach § 1934a BGB (BFH-Urteil vom 17.Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392) als Vorgänge behandelt, die nicht mit der Einkunftserzielung zusammenhängen (vgl. auch Groh, Der Betrieb --DB-- 1992, 444, 446 ff.).
Der erkennende Senat weicht nicht von dem Urteil des VIII.Senats des BFH vom 22.Januar 1991 VIII R 310/84 (BFH/NV 1991, 594) ab. Darin hat der VIII.Senat eine Zugewinnausgleichsschuld insoweit wie eine betriebliche Verbindlichkeit behandelt, als der auszugleichende Zugewinn im Bereich des Betriebsvermögens entstanden ist und vereinbarungsgemäß als Darlehensschuld bestehen bleiben soll. Diese Entscheidung ist überholt. Der VIII.Senat hat zwischenzeitlich in seinem Urteil vom 14.April 1992 VIII R 6/87 (BFHE 169, 511, BStBl II 1993, 275) eine Pflichtteilsverbindlichkeit auch insoweit als privat veranlaßt angesehen, als der Pflichtteil im Bereich von Betriebsvermögen entstanden ist. Die Auffassung, daß eine grundsätzlich privat veranlaßte Verbindlichkeit durch die Vereinbarung ihres Fortbestehens als Darlehen in eine betriebliche Schuld umgewandelt werden kann, ist durch den Beschluß des Großen Senats in BFHE 161, 290, 305, BStBl II 1990, 817 C. II. 3. d der Gründe überholt, wie bereits oben in Abschn.II. 2. a ausgeführt worden ist. Der vom Kläger hilfsweise begehrten Vorlage der Sache an den Großen Senat des BFH bedarf es daher nicht.
c) Eine wirtschaftliche Verknüpfung der Ertragsbeteiligung der Beigeladenen zu 2 mit den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung folgt schließlich auch nicht aus der Erwägung, dieser habe seine Vermietungstätigkeit nur deswegen fortsetzen können, weil er einen Aufschub des Zugewinnausgleichs gegen Zahlung des strittigen Aufwands erreicht habe. Dies wäre eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Umwidmung der nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entstandenen Ausgleichsforderung. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 21.November 1989 IX R 10/84 (BFHE 159, 68, 71, BStBl II 1990, 213 unter 2. c der Gründe) entschieden hat, kann ein Steuerpflichtiger eine Schuld nicht durch bloßen Willensakt in eine Verbindlichkeit umwandeln, die ihm nunmehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, um die Schuldzinsen künftig bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehen zu können. Denn nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG ist für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten nicht subjektiv der Wille des Steuerpflichtigen, sondern objektiv der wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit einer Einkunftsart maßgeblich (so auch Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 unter C II. 3. b der Gründe).
Fundstellen
Haufe-Index 64376 |
BFH/NV 1993, 30 |
BStBl II 1993, 434 |
BFHE 170, 134 |
BFHE 1993, 134 |
BB 1993, 1854 |
BB 1993, 1854-1855 (LT) |
DB 1993, 965-966 (LT) |
DStR 1993, 643 (KT) |
DStZ 1993, 378 (KT) |
HFR 1993, 378 (KT) |
StE 1993, 232 (K) |