Entscheidungsstichwort (Thema)
Reparaturaufwendungen im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung sind keine Werbungskosten
Leitsatz (amtlich)
Verpflichtet sich der Verkäufer im Kaufvertrag über sein Mietwohngrundstück, an dem Gebäude zuvor festgestellte Schäden auf seine Kosten zu beseitigen, bilden die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Orientierungssatz
Auch für den Abzug nachträglicher Werbungskosten kommt es entscheidend darauf an, daß die Aufwendungen allein oder nahezu ausschließlich durch die bisherige Einkünfteerzielung veranlaßt sind.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger war Eigentümer eines Mietwohngrundstücks. Nachdem er zu Beginn des Jahres 1978 an den Kellerdecken des Gebäudes Risse festgestellt hatte, zog er einen Sachverständigen zur Begutachtung der Schäden bei. Dieser gelangte in dem am 19.Juni 1978 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis, daß die Tragfähigkeit der Kellergeschosse nicht mehr gegeben sei, so daß sofort Abstützmaßnahmen getroffen werden müßten. Mit notariellem Kaufvertrag vom 6.Juli 1978 veräußerte der Kläger das Grundstück zu einem Kaufpreis von 790 000 DM. In dem Vertrag verpflichtete er sich u.a., die Schäden im Bereich der Kellerdecken auf seine Kosten unverzüglich vollständig zu beheben bzw. beheben zu lassen. Besitz, Lasten, Nutzungen und Gefahr einschließlich aller den Grundbesitz betreffenden Versicherungen gingen auf die Käufer mit dem 1.September 1978 über. Der Kaufpreis für das Grundstück wurde durch Änderungsvertrag vom 5.September 1978 auf 710 000 DM herabgesetzt. Nach seiner Einkommensteuererklärung für 1978 erzielte der Kläger Mieteinnahmen aus diesem Grundstück bis August 1978. Am 3.November 1978 gab er die Instandsetzung der Kellerdecken in Auftrag. Die Kosten der Sanierungsmaßnahmen betrugen insgesamt 125 369,80 DM. Der Betrag wurde vom Kläger im Streitjahr 1979 bezahlt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger diese Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ jedoch den Werbungskostenabzug nicht zu. Der Einspruch der Kläger blieb in diesem Punkte ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Entgegen dem FG-Urteil seien nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegeben. Zu deren Anerkennung müsse die Verursachung oder Veranlassung durch die bisherige Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genügen.
Die Kläger beantragen, zum Teil sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils und Änderung der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1979 dahingehend zu ändern, daß Aufwendungen in Höhe von 125 369,80 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei den begehrten Werbungskostenabzug versagt.
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23.Oktober 1984 IX R 48/80, BFHE 143, 313, BStBl II 1985, 453, und vom 23.Februar 1988 IX R 151/86, BFH/NV 1989, 485). Der hiernach erforderliche innere Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nicht gegeben, soweit die Aufwendungen allein oder ganz überwiegend durch die Veräußerung des Mietobjekts veranlaßt sind; denn der Verkauf eines zum Privatvermögen gehörenden Mietwohnhauses stellt --abgesehen vom Fall des Spekulationsgeschäfts im Sinne der §§ 22 Nr.2, 23 EStG-- einen nicht einkommensteuerbaren Vorgang in der Vermögenssphäre dar. Da der Veräußerungserlös nicht der Einkommensteuer unterliegt, können auch die im engen Zusammenhang mit der Veräußerung angefallenen Aufwendungen nicht einkommensteuermindernd berücksichtigt werden. Auf diesem Rechtsgedanken beruht auch die gesetzliche Regelung des § 3c EStG, wonach mit steuerfreien Einnahmen unmittelbar wirtschaftlich zusammenhängende Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen.
Davon, daß mit der Veräußerung eines Mietobjekts zusammenhängende Aufwendungen nicht als Werbungskosten abziehbar sind, ist der BFH bereits im Urteil vom 4.März 1966 VI 258/65 (BFHE 85, 417, BStBl III 1966, 451, 3.Absatz der Gründe) ausgegangen. Ferner hat der VIII.Senat im Urteil vom 6.März 1979 VIII R 110/74 (BFHE 127, 510, BStBl II 1979, 551) entschieden, daß eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) entfalle, wenn ein Gebäude abgebrochen werde, um ein unbebautes Grundstück veräußern zu können. Der erkennende Senat hat im Urteil in BFH/NV 1989, 485 ausgesprochen, daß auch Räumungskosten im Zusammenhang mit der beabsichtigten Veräußerung eines Mietwohngrundstücks nicht gemäß § 9 Abs.1 EStG abziehbar sind.
Werden im Rahmen einer Grundstücksveräußerung vom Verkäufer übernommene Reparaturen durchgeführt, sind die dafür zu erbringenden Aufwendungen ebenfalls nicht mehr der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, sondern der nicht einkommensteuerbaren Vermögensumschichtung zuzurechnen. Die Mitveranlassung der Aufwendungen durch die bisherige Vermietungstätigkeit, die darin besteht, daß das Mietobjekt während der Nutzung durch den Veräußerer reparaturbedürftig geworden ist, reicht nicht aus, um den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu rechtfertigen; denn der objektive Zusammenhang der Aufwendungen mit der früheren Einkunftserzielung wird durch die von den Beteiligten gewollte Verknüpfung mit der nicht einkommensteuerbaren Grundstücksveräußerung überlagert. Ab diesem Zeitpunkt war auch die für den Werbungskostenabzug grundsätzlich erforderliche Absicht der Kläger zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr gegeben. Besitz, Lasten, Nutzungen und Gefahr waren im Zeitpunkt der Leistung bereits auf die Käufer übergegangen.
Aus der gesetzlichen Regelung des § 24 Nr.2 EStG ergibt sich entgegen der Ansicht der Kläger nichts anderes. Dem nach dieser Vorschrift möglichen Abzug nachträglicher Werbungskosten steht ebenfalls der Zusammenhang der Sanierungsmaßnahmen mit der Veräußerung des Mietwohngrundstücks entgegen; denn auch für den Abzug nachträglicher Werbungskosten kommt es entscheidend darauf an, daß die Aufwendungen allein oder nahezu ausschließlich durch die bisherige Einkünfteerzielung veranlaßt sind. Der Einwand der Kläger, daß bei dieser Auslegung des § 24 Nr.2 EStG für die Annahme nachträglicher Werbungskosten kein Raum bleibe, trifft nicht zu. Vielmehr kommen nachträgliche Werbungskosten z.B. bei Reparaturmaßnahmen in Betracht, die während der Nutzung des Grundstücks durchgeführt werden mußten, aber erst nach Beendigung der Vermietung und Verpachtung bezahlt wurden.
Hiernach kann die Revision der Kläger keinen Erfolg haben. Die Aufwendungen der Kläger für die Beseitigung der Schäden an den Kellerdecken sind der nicht einkommensteuerbaren Veräußerung des Grundstücks zuzuordnen. Die Behauptung der Kläger, die Sanierung des Gebäudes sei unabhängig von dessen Verkauf vorgenommen worden, wird durch die vertragliche Regelung dieser Frage im notariellen Kaufvertrag widerlegt. Es besteht auch nicht deshalb ein hinreichender Zusammenhang der Aufwendungen mit der Vermietungstätigkeit, weil die Schäden bereits einige Zeit vor der Grundstücksveräußerung festgestellt wurden. Das FG hat hierzu im Einklang mit dem BFH-Urteil vom 15.Dezember 1981 VIII R 107/79 (BFHE 135, 431, BStBl II 1982, 495) ausgesprochen, daß maßgebend nicht der Zeitpunkt der Schadensermittlung, sondern der Zeitpunkt entscheidend ist, in dem der Schaden beseitigt wird. Zu diesem Zeitpunkt war die Vermietungstätigkeit der Kläger beendet.
Ob für die verhältnismäßig hohen Sanierungskosten an der Gebäudesubstanz die Annahme von Herstellungsaufwand in Betracht kommt, bedarf schon deshalb keiner Erörterung, weil eine AfaA im Streitfall wegen der Veräußerung des Grundstücks nicht mehr vorgenommen werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 63242 |
BFH/NV 1990, 42 |
BStBl II 1990, 465 |
BFHE 159, 491 |
BFHE 1990, 491 |
BB 1990, 1252 |
BB 1990, 1252-1253 (LT) |
DB 1990, 1065 (LT) |
DStR 1990, 346 (KT) |
HFR 1990, 430 (LT) |
StE 1990, 170 (K) |