Leitsatz

Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen im Regelfall der Abgeltungsteuer. Wer an einer Kapitalgesellschaft in gewissem Umfang beteiligt ist, kann die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens wählen, auch um sich einen anteiligen WK-Abzug zu sichern. Die Wahl bindet auch für die 4 folgenden Veranlagungsjahre. Die Tatbestandsmerkmale für die Optionsbesteuerung müssen aber nur im Antragsjahr (Erstjahr), nicht aber in den Folgejahren vorliegen.

Rechtslage zu Beteiligungserträgen aus unternehmerischen Beteiligungen

Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG - wozu vornehmlich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen zählen - können unter bestimmten Voraussetzungen mit dem regulären Einkommensteuertarif statt mit der Abgeltungsteuer besteuert werden.

Eine tarifliche Besteuerung kann sich wegen einem dann möglichen Werbungskostenabzug als steuergünstig erweisen. Denn die Beteiligungserträge sind sodann nach dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d) EStG) zu versteuern, wobei durch diese Option auch Werbungskosten i.H.v. 60 % in Abzug gebracht werden können (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG).

Voraussetzung hierfür ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG), dass der Steuerpflichtige im VZ, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar

  • zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
  • zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann. Diese gesetzliche Regelung in gilt erstmals für Anträge für den VZ 2017 (§ 52 Abs. 33b Satz 3 EStG).

Vor Verabschiedung des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und -verlagerungen v. 20.12.2016 (BGBl I 2016 S. 3000) war der Antrag auf Abwahl der Abgeltungsteuer zulässig bei einer Beteiligung von 1 % an der Kapitalgesellschaft und einer beruflichen Tätigkeit für diese.

Die individuelle Besteuerung setzt einen Antrag voraus, der spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen VZ zu stellen ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 EStG). Der Antrag im Erstjahr gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden 4 Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

Der BFH musste sich nunmehr mit der Frage auseinandersetzen, ob nach einer wirksamen Antragstellung im Erstjahr auch in den folgenden 4 Jahren zu unterstellen ist, dass die materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen gegeben sind oder ob diese in den Folgejahren tatsächlich vorliegen müssen.

 

Sachverhalt

Gewinnausschüttungen nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:

  • Die Kläger sind Eheleute und werden für die Streitjahre 2014 und 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
  • Der Kläger war in den Vorjahren und in den Streitjahren zu 12,5 % an der X-GmbH beteiligt.
  • Bis Ende 2011 war er Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH und nach Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bis zum 31.3.2013 als ArbN bei der X-GmbH angestellt.
  • In den Streitjahren war der Kläger in unveränderter Höhe an der X-GmbH beteiligt, aber nicht mehr für diese tätig.
  • Der Kläger erzielte aus der Beteiligung an der X-GmbH in den Streitjahren Gewinnausschüttungen (2014: rd. 100.000 EUR und 2015: rd. 71.000 EUR).
  • Im Zusammenhang mit diesen Kapitalerträgen waren dem Kläger Aufwendungen im Streitjahr 2014 i.H.v. rd. 1.250 EUR und im Streitjahr 2015 von rd. 1.400 EUR entstanden.

Der Kläger hatte in der Einkommensteuererklärung 2013 erstmals einen Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG gestellt und die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für die von der X-GmbH bezogenen Dividenden und den anteiligen Abzug der Werbungskosten geltend gemacht. Dem ist das Finanzamt gefolgt.

Das Finanzamt wandte dagegen in den Veranlagungsjahren 2014 und 2015 wiederum den gesonderten Steuertarif an. Dies wurde damit begründet, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Antragstellung auch in jedem Folgejahr zu erfüllen seien. Dies sei in den Streitjahren mangels tatsächlicher Tätigkeit zugunsten der Gesellschaft im Streitfall nicht erfüllt.

FG Köln: Option zur tariflichen Besteuerung wird in den Folgejahren unterstellt

Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des FG Köln (Urteil v. 15.12.2020, 11 K 1048/17) werden die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Optionsrechts zur tariflichen Besteuerung auch für die dem Antragsjahr folgenden 4 Veranlagungsjahre fingiert.

 

Entscheidung

Tatbestandserfüllung im Erstjahr reicht für die Optionsbesteuerung der Folgejahre aus

Der BFH hat sich der Auffassung des FG Köln angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat für den VZ 2013 das Wahlrecht gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 und Satz 4 EStG wirksam ausgeübt. Er war mindestens zu 1 % an der X-GmbH unmittelbar beteiligt (hier: 12,5 %) ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Basic. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge