Leitsatz

1. Ob bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen der Mangel der zivilrechtlichen Form als Beweisanzeichen mit verstärkter Wirkung den Vertragsparteien anzulasten ist, beurteilt sich nach der Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Parteien.

2. Vereinbaren Ehegatten die Unterbeteiligung an einem von einem Dritten treuhänderisch für einen der Ehegatten als Treugeber gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteil in einer zivilrechtlich nicht hinreichenden Form und behaupten sie, den Vertrag entsprechend dem Vereinbarten auch tatsächlich vollzogen zu haben, so können sie zum Beweis nicht lediglich ihre eigene Schilderung des Verfahrensablaufs mit Blick auf die zwischen Ehegatten üblichen Gepflogenheiten (keine schriftliche Kommunikation) anbieten.

 

Normenkette

§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG 1997, § 15 Abs. 4. GmbHG

 

Sachverhalt

Der Sachverhalt lässt sich aus den Praxishinweisen und den Leitsätzen erschließen. Herr K war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. An deren Stammkapital war eine KG zu 99,4 % beteiligt. Die Hälfte dieser Anteile sollte die KG für Frau K treuhänderisch halten (notarieller Treuhandvertrag vom 15.07.1994). Ebenfalls am 15.07.1994 schlossen Herr und Frau K untereinander einen als "Treuhandvertrag" bezeichneten Vertrag. Danach hielt Frau K im Innenverhältnis die Hälfte der von der KG für sie treuhänderisch gehaltenen Anteile treuhänderisch für Herrn K.

Nach der Liquidation der GmbH im Jahr 1997 ging es um die Steuerbarkeit des Liquidationserlöses. Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 01.04.2009, 10 K 2898/08, Haufe-Index 2188094, EFG 2010, 230).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte diese Entscheidung und wies die Revision als unbegründet zurück. Das FG hat aus den in den Praxis-Hinweisen dargelegten Gründen die Beweisanzeichen insgesamt folgerichtig gewürdigt.

 

Hinweis

Wem als Treugeber ein qualifizierter, also nach § 17 EStG steuerbarer Gesellschaftsanteil gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuordenbar ist, mag versuchen, durch ein nachgeordnetes Treuhandverhältnis mit seinem Ehegatten der steuerlichen Verstrickung zu entkommen. Dann muss das Vertragsverhältnis den Bedingungen entsprechen, die das Steuerrecht an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahestehenden Personen knüpft.

1. Zunächst ist dieses Treuhandverhältnis als Unterbeteiligung auszulegen, wie der BFH im ersten Rechtszug judizierte (BFH, Urteil vom 22.06.2008, IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004). Allerdings bedarf auch dieses Rechtsverhältnis der notariellen Form nach § 15 Abs. 4 GmbHG, die die Ehegatten des Streitfalls nicht eingehalten hatten.

2. Dieser Formmangel bildet ein Indiz gegen die steuerrechtliche Anerkennung des Unterbeteiligungsverhältnisses. Der BFH bejaht auch die sog. verstärkte Indizwirkung, die gegeben ist, wenn der Formmangel den Vertragsparteien anzulasten ist. Verhält es sich z.B. so, wenn das Formerfordernis der ganz klaren Zivilrechtslage entspricht, so war auch im Streitfall der Formmangel den Ehegatten anzulasten. Denn der Treugeber-Ehegatte hatte schon einen notariellen Treuhandvertrag abgeschlossen und wusste daher von dem Formerfordernis einer Treuhand am Gesellschaftsanteil. Zwar hatte der BFH im Urteil vom 22.06.2008, IX R 61/05 (BFH/NV 2008, 2004) erstmals über das Formerfordernis einer Unterbeteiligung entschieden. Trotzdem ist der Formmangel anzulasten, weil nach der Eigenqualifikation der Ehegatten, die wähnten, einen Treuhandvertrag untereinander abzuschließen, der Formmangel auf der Hand lag.

Das FG hatte die bloße Schriftform statt der gebotenen notariellen Form überdies zutreffend auf die (auf der Hand liegende) mögliche Erwägung der Vertragsparteien abgestellt, die Vereinbarung nur bei Bedarf zu verwenden, und zwar je nachdem, ob sich später bei der Veräußerung oder bei der Verwirklichung eines Ersatztatbestands ein Gewinn (dann Verwerten der Vereinbarung mit der Folge des Unterschreitens der Wesentlichkeitsgrenze) oder ein Verlust ergibt (dann Außerachtlassen der Vereinbarung und volle Verlustrealisierung bei der Klägerin). Diese Erwägung des FG wird der Intention der Rechtsprechung gerecht, mit der sie die besonderen Anforderungen an Verträge zwischen nahen Angehörigen rechtfertigt. Sie tragen den innerhalb eines Familienverbunds typischerweise fehlenden Interessengegensätzen und – hieran ist besonders zu erinnern – "der daraus resultierenden Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten durch Ehegatten Rechnung".

3. Auch zur tatsächlichen Durchführung enthält die Entscheidung wichtige Aspekte:

Wenn das FG sich für seine Feststellungen den Vortrag des K zu eigen macht, allein er habe die maßgebenden Entscheidungen getroffen, das Abstimmungsverhalten bestimmt und Anweisungen gegeben, so ist es nicht widersprüchlich, wenn das FG dem K keine Anteile aufgrund des Unterbeteiligungsvertrags nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO zurechnet. Denn sein auf alle für die Ehefrau in als Treugeberin gehaltenen Anteile und deshalb über die vereinbarte Unterbeteiligung...

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