Leitsatz

1. Auch gegen gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtete und zur Verweigerung von Auskünften berechtigte Personen, wie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, kann eine Außenprüfung angeordnet werden.

2. Die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung wird nicht durch die spätere Form der Durchführung der Außenprüfung beeinträchtigt.

3. Für eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Finanzbehörde, sich bereits vor Beginn der Außenprüfung zu verpflichten, keine mandantenbezogenen Kopien oder Kontrollmitteilungen anzufertigen, fehlt in aller Regel das erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis.

4. Die Finanzbehörde muss im Einzelfall im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung über die Anfertigung von Kontrollmitteilungen entscheiden und den Steuerpflichtigen (Berufsträger) rechtzeitig von einer entsprechenden Absicht informieren. Den Steuerpflichtigen wird dadurch die Möglichkeit eröffnet, sich mit den gesetzlich eingeräumten Rechtsbehelfen im konkreten Fall gegen die Umsetzung zur Wehr zu setzen.

 

Normenkette

§ 5, § 85, § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, § 160, § 193 Abs. 1, § 194 Abs. 3 AO, § 40 Abs. 1 FGO, Art. 20 Abs. 3 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsbeistand selbstständig tätig. Am 22.05.2002 ordnete das beklagte FA bei ihm eine Außenprüfung wegen ESt und USt für die Veranlagungszeiträume 1998 bis 1999 an. Der Kläger legte gegen diese Anordnung im Hinblick auf die berufliche Verschwiegenheitspflicht und das daraus abzuleitende Auskunftsverweigerungsrecht Einspruch ein. Er bat um eine schriftliche, verbindliche Bestätigung seitens der Betriebsprüfung, dass diese keine Kopien und Kontrollmitteilungen fertigen werde.

Der BFH bestätigte das die Klage abweisende Urteil des FG.

 

Entscheidung

Nach § 193 Abs. 1 AO sei auch bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen eine Außenprüfung zulässig. Die Befugnis zur Anordnung einer Außenprüfung werde auch nicht dadurch eingeschränkt, dass der Kläger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sei, als solcher gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sei (§ 57 Abs. 1 StBerG) und in Besteuerungsverfahren ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO besitze. Die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung werde nicht durch erst während einer Betriebsprüfung möglicherweise erfolgende Maßnahmen infrage gestellt.

Mithin sei es unerheblich, ob ein Verzicht auf Kontrollmitteilungen von Verfassungs wegen oder jedenfalls einfachgesetzlich im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht von Berufsträgern geboten sei. Das Recht zur Verweigerung von Auskünften könne allenfalls die Mitwirkungspflichten des Klägers im Rahmen der Außenprüfung, nicht jedoch deren Zulässigkeit selbst beschränken. Gegen Maßnahmen während der Außenprüfung, auf die der Kläger zudem rechtzeitig vorher vom Prüfer hingewiesen werden müsse, könne sich der Kläger sodann mit den zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen zur Wehr setzen.

 

Hinweis

1.Anlass des Rechtsstreits war, dass die Finanzverwaltung seit dem Jahr 2000 nicht mehr allgemein darauf verzichtet, anlässlich von Außenprüfungen bei zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Personen Kontrollmitteilungen (§ 194 Abs. 3 AO)zu fertigen. Ein derartiger Verzicht war im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) vom 24.09.1987 (BStBl I 1987, 664, 704) bestimmt. Weder die Neufassung dieses Erlasses vom 14.02.2000 (BStBl I 2000, 190, 247) noch die nachfolgende allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung (BpO 2000 vom 15.03.2000, BStBl I 2000, 368) enthält eine entsprechende Selbstbeschränkung der Verwaltung.

2. Der BFH stellt klar, dass in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum die Anordnung einer Außenprüfung bei Berufsträgern, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und in Besteuerungsverfahren Auskünfte über Umstände verweigern dürfen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Berufsträger bekannt geworden sind, generell zulässig ist. Der BFH weist zusätzlich auf das Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung, § 85 AO, hin.

3. Zwischen der Zulässigkeit von Außenprüfungen bei Berufsgeheimnisträgern einerseits und den während einer Prüfung vom Prüfer angeordneten Maßnahmen andererseits ist verfahrensrechtlich strikt zu trennen. Die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen während einer Außenprüfung ist mittels eigenständiger Rechtsbehelfe zu überprüfen (BFH, Urteil vom 10.11.1998, VIII R 3/98, BFH/NV 1999, 841). Selbst wenn die Anfertigung von Kontrollmitteilungen bei Berufsgeheimnisträgern generell unzulässig wäre, würde daraus mithin nicht die Unzulässigkeit der Prüfung als solcher folgen.

4. Bereits der I. Senat des BFH hatte in einem zur gleichen Problematik in einem Aussetzungsverfahren ergangenen Beschluss vom 24.08.2006, I S 4/06 (BFH/NV 2006, 2034) allerdings eine rechtliche Sicherung, die bislang in dieser Weise weder vom BFH noch von der Verwaltung ausdrücklich ausgesprochen worden ist, eingebaut. Danach muss der Prüfer zur Wahrung der Rechte des Beruf...

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