Vor Einschränkung des Abzugs von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist in einem ersten Schritt zu klären, ob und inwieweit die Schuldzinsen überhaupt betrieblich veranlasst sind.[1] Der BFH hat entschieden, dass Avalprovisionen bzw. Provisionen für eine von einem Tankstellenpächter zur Sicherung offener Forderungen des Tankstellenverpächters gestellte Bankbürgschaft Schuldzinsen i. S. d. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind.[2]

Nach § 4 Abs. 4a EStG sind betriebliche Schuldzinsen (der Begriff der Schuldzinsen i. S. d. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG ist weit auszulegen)[3] und gilt, wenn Überentnahmen in einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur getätigt worden sind.[4] Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.[5]

Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit

  • 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres
  • zzgl. der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und
  • abzgl. der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen),

ermittelt. Die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs ist betriebsbezogen auszulegen.[6]

Es wird unwiderlegbar vermutet, dass auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlte Darlehensmittel zur Finanzierung solcher Anschaffungskosten oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens verwendet wurden, die innerhalb von 30 Tagen vor oder nach Auszahlung der Darlehensmittel tatsächlich über das entsprechende Kontokorrentkonto finanziert wurden. Beträgt der Zeitraum mehr als 30 Tage, muss der Steuerpflichtige den erforderlichen Finanzierungszusammenhang zwischen Auszahlung der Darlehensmittel und Bezahlung der Wirtschaftsgüter nachweisen. Die Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens durch Belastung des Kontokorrentkontos reicht aus, um die dadurch veranlassten Schuldzinsen von der Überentnahmeregelung auszunehmen.[7]

Für Zwecke der Berechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist der bilanzielle Gewinn nicht um eine steuerfreie Investitionszulage zu kürzen, da sich diese positiv auf die Kapitalentwicklung des Unternehmens auswirkt. Nicht abziehbare Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG sind demgegenüber dem Gewinn für Zwecke der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht hinzuzurechnen.[8]

Für die Berechnung der Überentnahme nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist zunächst vom einkommensteuerrechtlichen Gewinn auszugehen. Dieser Begriff umfasst auch Verluste. Verluste führen für sich genommen nicht zu Überentnahmen.

Die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen

  • ist im Wege teleologischer Reduktion zu begrenzen,
  • ist begrenzt auf den Entnahmenüberschuss des Zeitraums von 1999 bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr.[9]

Der BFH hat die Frage, ob die typisierte Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen mit 6 % der Überentnahmen angesichts des strukturellen Niedrigzinsniveaus gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot verstößt, nicht entschieden, weil das FG es rechtsfehlerhaft unterlassen hat, Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob die Schuldzinsen, deren vollständigen Abzug die Steuerpflichtige begehrt, überhaupt betrieblich veranlasst sind. Zudem fehlen nachvollziehbare Feststellungen dazu, ob es in den Streitjahren überhaupt zu Überentnahmen gekommen ist. Die Sache wurde an das FG Düsseldorf zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.[10]

Auch bei Steuerpflichtigen mit einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG periodenübergreifend zu ermitteln, ob im betrachteten Gewinnermittlungszeitraum Überentnahmen vorliegen. Überentnahmen sind bei Einnahmen-Überschussrechnern nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird.[11]

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