Rz. 26

Der Untreuetatbestand des § 266 StGB ist durch 2 Untreuevarianten gekennzeichnet. Es ist demnach zwischen der Missbrauchsuntreue und der Treubruchsuntreue zu unterscheiden. Bei der Missbrauchsuntreue handelt der Täter aufgrund einer nach außen wirksamen Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis und verletzt dabei eine im Innenverhältnis bestehende Vermögensbetreuungspflicht. Demgegenüber verletzt der Täter bei der Treubruchsuntreue allein die im Innenverhältnis bestehende Vermögensbetreuungspflicht. In jedem Fall liegt bei beiden Varianten eine Pflichtverletzung vor. Aus den vorstehenden Ausführungen wird ersichtlich, dass die Vermögensbetreuungspflicht und damit auch die Vermögensbetreuungspflichtverletzung für beide Untreueformen inhaltsgleich zu bestimmen sind.[1] Neben der Pflichtwidrigkeit gelten für Untreuhandlungen als weitere Tatbestandsvoraussetzungen ein eingetretener Vermögensschaden und ein vorsätzliches Handeln.

Aus der Perspektive des Geschäftsführers handelt es sich beim GmbH-Vermögen unzweifelhaft um fremdes Vermögen, vgl. auch § 43 GmbHG. In diesem Zusammenhang bleibt darauf hinzuweisen, dass neben der Geschäftsführung auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats eine Vermögensbetreuungspflicht existiert. Entsprechende Kontrollpflichten des Aufsichtsrats sind insbesondere durch das KonTraG weitergehend verschärft worden. Eine vergleichbare Betreuungspflicht im Hinblick auf das Gesellschaftsvermögen gibt es für Gesellschafter nicht.[2]

Wenn einzelne Geschäftshandlungen der Geschäftsführung durch einschlägige Gesellschafterbeschlüsse gedeckt sind, so ist dieses Deckungsverhältnis für jegliche Untreuehandlungen stets tatbestandsausschließend, wenn sich die Gesellschaft außerhalb einer Krisenlage bewegt.

Ist für die Gesellschaft allerdings das Vorliegen einer Krisensituation zu diagnostizieren, z. B. durch Verfügungen der Geschäftsführung, die das Stammkapital angreifen und damit die Existenz der Gesellschaft bedrohen, führt dies zu einer anderen Beurteilung. Auch wenn bei einer derartigen Konstellation ein einschlägiger Gesellschafterbeschluss vorliegt, ist grundsätzlich eine Untreuehandlung zulasten der Gesellschaft möglich und damit strafbewehrt.[3]

 

Rz. 27

Nach bis zur Reform des GmbH-Rechts durch das MoMiG ständiger Rechtsprechung des BGH[4] beging der Geschäftsführer einer GmbH eine Untreue zulasten der GmbH, wenn er das zur Erhaltung des Stammkapitals, das der Verfügungsmacht der Gesellschafter im Interesse der Gläubiger entzogen war, erforderliche Vermögen an die Gesellschafter auszahlte. Dies galt auch dann, wenn das Stammkapital bereits verloren und die GmbH überschuldet war. Hintergrund war die Regelung des § 30 Abs. 1 GmbHG, wonach das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden durfte.

Darüber hinaus waren unter den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB jene Fälle zu subsumieren, in denen eine unmittelbare Existenzgefährdung der GmbH durch

  • eine Gefährdung der Liquidität oder
  • den Entzug von Produktionsgrundlagen

herbeigeführt wurde.

 

Rz. 28

Durch das MoMiG ist § 30 Abs. 1 GmbH geändert und das bis dahin in den §§ 32a und 32b GmbHG geregelte Eigenkapitalersatzrecht durch die Aufhebung dieser Normen abgeschafft worden. Damit ist vordergründig insoweit auch die Strafbarkeit wegen Untreue aufgrund der Rückgewähr eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen oder gleichstehender Leistungen entfallen.

§ 30 Abs. 1 GmbHG wurde u. a. um die Sätze 2 und 3 erweitert. Nach Satz 3 ist § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, der unverändert geblieben ist, nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und auf Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

Um gleichwohl die GmbH vor Ausplünderungen zu schützen, wurde § 64 GmbHG – wie weiter unten dargestellt – neu gefasst. Da § 43 GmbHG durch das MoMiG nicht verändert worden ist, hat der GmbH-Geschäftsführer weiterhin in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns walten zu lassen. Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG haftet der Geschäftsführer somit auch weiterhin für Zahlungen, die gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verstoßen. Zwar liegt in der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen wegen § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG zunächst kein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG vor, allerdings folgt aus § 64 Abs. 3 Satz 3 GmbHG, dass § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG in den Fällen nicht greift, in denen die Zahlungen an die Gesellschafter zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geführt haben.

Mit anderen Worten: Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen (unter Einschluss der Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen) darf immer dann nicht ausgezahlt werden, wenn dies zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt.

Aus der Regelung des § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG folgt darüber hinaus, dass wie bisher die Fälle unter § 266...

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