Leitsatz

Eine Mitunternehmerin, die auf einem Grundstück, das im hälftigen Miteigentum ihres Ehemannes steht, auf eigene Rechnung und Gefahr mit Einverständnis ihres Ehemannes für ihre betrieblichen Zwecke ein Gebäude errichtet, ist wirtschaftliche Eigentümerin der im zivilrechtlichen Eigentum des Ehemannes stehenden Gebäudehälfte, wenn ihr bei Beendigung der Nutzung ihrem Ehemann gegenüber ein Anspruch auf Entschädigung gem. §§ 951, 812 BGB zusteht (Änderung der Rechtsprechung in den Urteilen vom 31.10.1978, VIII R 182/75, BStBl II 1979, 399, und vom 11.12.1987, III R 188/81, BStBl II 1988, 493).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG , § 5 Abs. 1 EStG , § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO , § 94 Abs. 1 BGB , § 951 BGB , § 812 BGB , § 818 BGB , § 240 HGB , § 242 HGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin – eine KG – betrieb auf einem der Kommanditistin und ihrem Ehemann gehörenden Grundstück ein Omnibusunternehmen. Die Ehefrau erstellte 1969 auf diesem Grundstück mit eigenen Mitteln eine Garagenhalle. Die Klägerin bilanzierte die Halle in einer für die Ehefrau erstellten Sonderbilanz mit den Herstellungskosten.

1989 übertrug der Ehemann seine Grundstückshälfte gegen eine Ausgleichszahlung von 510 000 DM auf die Ehefrau. Dieser Betrag lag unter dem Verkehrswert des Grundstücks mit Gebäude. Die Klägerin wies die Grundstückshälfte in der Sonderbilanz zum 31.12.1990 mit ihrem Teilwert aus.

Das FA ging demgegenüber davon aus, dass der Betrag von 510 000 DM die Gegenleistung für den Verzicht der Ehefrau auf ihren Wertausgleichsanspruch gegenüber dem Ehemann gewesen und deshalb der Sonderbetriebsgewinn unter Berücksichtigung dieser Zahlung in der noch offenen Bilanz für 1990 zu erhöhen sei. Das FG stimmte dem zu (EFG 1998, 934).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil insoweit auf. Gegenstand der Bilanzierung sei bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden das Gebäude. Dieses sei nach den handelsrechtlichen Grundsätzen über die wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit von Wirtschaftsgütern der Ehefrau als der wirtschaftlichen Eigentümerin auch insoweit zuzurechnen, als es zivilrechtlich dem Ehemann gehöre. Dafür sei es ausreichend, dass die Ehefrau das Gebäude mit Einverständnis des Ehemannes auf eigene Rechnung und Gefahr erstellt und bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses am Grundstück einen Wertausgleichsanspruch nach § 951 i.V.m. § 812 BGB gegen den Ehemann habe.

Auf dieser Grundlage sei das Gebäude in der 1969 für die Ehefrau erstellten Sonderbilanz mit den Herstellungskosten zu aktivieren gewesen. Die 1989 an den Ehemann geleistete Zahlung sei Gegenleistung für den Grund und Boden; eine Gegenleistung für das Gebäude sei weder geschuldet noch erbracht. Es sei deshalb kein Gewinn realisiert worden; das Gebäude sei vielmehr bei unveränderter AfA-Bemessungsgrundlage im Sonderbetriebsvermögen der Ehefrau auszuweisen.

 

Hinweis

Die persönliche Zurechnung von Vermögensgegenständen (Wirtschaftsgütern) zum Vermögen des Unternehmers in der Handels- und Steuerbilanz ist noch nicht für alle – ungleichartigen – zivilrechtlichen Rechtslagen geklärt, die dem Nichteigentümer eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschaffen. Nach Handelsbilanzrecht hat der Kaufmann sein Vermögen und seine Schulden auszuweisen (§§ 238 Abs. 1, 240 Abs. 1, 242 Abs. 1 HGB). Das bedeutet jedoch keine allgemeine Verweisung auf das zivilrechtliche Eigentum an Sachen, die Inhaberschaft von Rechten oder die Gläubigerstellung bei Forderungen; entscheidend ist vielmehr die wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit des Wirtschaftsguts.

Zur Konkretisierung dieses Begriffs enthält das Handelsrecht nur wenige Zurechungsvorschriften (so § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB für den Erwerb unter Eigentumsvorbehalt und Übertragungen zur Sicherheit, § 340b Abs. 4 Satz 1 HGB für Wertpapierpensionsgeschäfte und wohl auch § 266 Abs. 2 HGB für Bauten auf fremdem Grund und Boden). Etwas aufschlussreicher ist hier § 39 AO und die dort genannten Beispielsfälle, auf die auch zur Klärung der bilanzrechtlichen Zuordnung zurückgegriffen werden kann; das bestätigt auch das vorliegende Urteil, das in diesem Zusammenhang von "wirtschaftlichem Eigentum" spricht – einer Kurzfassung für die neben dem zivilrechtlichen Eigentum in Betracht kommenden Fallgruppen wirtschaftlicher Vermögenszugehörigkeit –, aber erkennbar einen gesetzlichen oder gewohnheitlichen Vorrang des § 39 AO vor der bilanzrechtlichen Zurechnung ablehnt.

Eine solche Fallgruppe ist die Erstellung von Bauten auf fremdem Grund und Boden mit Wertausgleichspflicht des zivilrechtlichen Eigentümers, wenn das Gebäude später auf ihn oder – wie im vorliegenden Fall – das zivilrechtliche Eigentum später auf den Ersteller der Bauten übergeht. Für diesen Fall scheint die Sache nunmehr entschieden: Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, der über den Wert des Wirtschaftsguts verfügen kann, also wer den vollen Ertrag einschließlich der Chance der Wertsteigerung für sich beanspruchen kann und wer das Risiko eines Wertverlustes trägt. Damit betont der BFH gegenüber der an der rechtlichen oder tatsä...

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