Zunächst nochmals herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des ICV Excellence Awards 2022. In der Laudatio hob Prof. Utz Schäffer insbesondere hervor, dass „nach der Kommunikation der neuen ESG Roadmap der Finance-Bereich von Deutsche Post DHL Group die Verantwortung für das ESG-Reporting übernahm. Was genau war Gegenstand Ihres Projektes, was war Ihr Projektauftrag?

Dr. Hufschlag: Unser Konzern hat sich mit unserer 2021 vorgestellten ESG-Roadmap sehr ambitionierte Ziele im Nachhaltigkeitsbereich gesetzt und diese auch mit einem signifikanten Investitionsvolumen – bis zu 7 Mrd. Euro – hinterlegt. Unser Ziel war es, ein umfassendes ESG-Controlling zur Steuerung dieser Roadmap aufzubauen und dieses mit der klassischen, finanziellen Konzernsteuerung zu integrieren.

 
"Wir haben früh erkannt, dass Nachhaltigkeit einen Wettbewerbsvorteil darstellt."

Wir haben die Nachhaltigkeits-Ziele unseres Unternehmens in operative und messbare Zielgrößen übersetzt und über alle Dimensionen E-S und G ein System an Kennzahlen für die interne Steuerung aufgebaut. Diese Kennzahlen haben wir in unser monatliches Management Reporting integriert und zum Gegenstand unserer Steuerungsprozesse gemacht. Flankierend haben wir die Daten und Berichtsprozesse auch in unser internes Kontrollsystem integriert, um eine hohe Qualität sicherzustellen. Schließlich haben wir auch den Prozess unserer Investitionsentscheidungen um anspruchsvolle ESG Kriterien erweitert. Kurz gesagt: Wir wollen über Nachhaltigkeit nicht nur berichten, wir möchten unsere ESG-Zielgrößen auch aktiv steuern können – und haben das Controlling hierfür im Finanzbereich implementiert.

Was war die Motivation für diese Initiative?

Dr. Hufschlag: Naja, wir haben als Konzern schon sehr früh mit dem Nachhaltigkeitsreporting angefangen, schon in den frühen 2000er Jahren. Ein Nachhaltigkeitsbericht war damals vor allem Instrument der Stakeholder-Kommunikation; für den Kapitalmarkt war der Geschäftsbericht bestimmt. Wir haben aber früh erkannt, dass Nachhaltigkeit einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Und das ist auch für Investoren relevant: Investoren interessieren sich nicht mehr ausschließlich für die finanzielle Leistung, sondern wollen auch ein Verständnis der dieser Leistung zugrunde liegenden Kräfte erlangen – ein langfristig erfolgreiches Geschäftsmodell muss nicht nur in sich nachhaltig angelegt sein, sondern basiert letztlich auf guter Governance, einem Bewusstsein für die Gesellschaft, in der das Unternehmen operiert sowie auf einer leistungsfähigen Mannschaft.

Wir haben das Thema Nachhaltigkeit daher aus dem Finanzbereich schon früh unterstützt und seinerzeit zunächst das CO2-Reporting, unser Carbon Accounting aufgebaut. Mehr und mehr haben wir dann begonnen, die Inhalte miteinander zu verknüpfen und unsere Top-Kennzahlen zur Nachhaltigkeit in den Geschäftsbericht integriert. Ab 2015 sind der Geschäftsbericht und der „Bericht zur Unternehmensverantwortung“ dann auch zeitgleich erschienen.

Der Nachhaltigkeitsbericht war ja damals rein freiwillig. Erst mit der EU Non-Financial Reporting Directive (NFRD) haben wir eine gesetzliche Grundlage, und mit der Verpflichtung zur Nichtfinanziellen Erklärung konnten wir das Ganze dann ab 2020 in einem Bericht zusammenführen. Mit der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird dies ja in Zukunft auch verpflichtend – und eben auch ein klares Finance-Thema.

Wann sind Sie in diese Initiative eingestiegen?

Dr. Hufschlag: Mit unserer in 2021 verkündeten ESG-Roadmap haben wir uns als Unternehmen sehr ehrgeizige Ziele im Nachhaltigkeitsbereich gesetzt (s. Abb. 1). So haben wir angekündigt, bis 2030 bis zu 7 Mrd. EUR für die Dekarbonisierung unserer Leistungen zu investieren. Wir haben uns ein sog. Science-Based-Target gesetzt und wollen bei fortgesetztem Wachstum unseres operativen Geschäftes bis 2030 unsere Emissionen unter 29 Mio. t CO2e senken. Im Bereich Klimaschutz verfügten wir in meinem Team bereits über viel Expertise und vorhandene Daten, auf denen wir aufbauen konnten – hier stellte sich vor allem die Frage nach den richtigen Ansätzen zu Steuerung und Unterstützung der Strategie.

Abb. 1: Die Sustainability Roadmap der DPDHL Group

Im Prinzip können wir das Projekt in zwei Phasen einteilen: In der ersten Phase haben wir, eng verzahnt mit den Kollegen in der Strategieentwicklung, eine Longlist der vorhandenen und gewünschten Kennzahlen zusammengestellt, die dann priorisiert und für Steuerung und Reporting abgestuft worden ist.

  • Welche Kennzahlen nehmen wir für die Steuerung?
  • Welche Kennzahlen berichten wir im Geschäftsbericht/der Nichtfinanziellen Erklärung?
  • Welche Kennzahlen werden von Investoren und Ratings nachgefragt?

In der zweiten Phase ging es um die Implementierung der Berichtsprozesse sowie die Einbettung in die Steuerung.

Lassen Sie uns zunächst über die Kennzahlen sprechen – was war hier ausschlaggebend?

Dr. Hufnagel: Im Bereich Klimaschutz ist ein wissenschaftsbasiertes Ziel, das an den Klimazielen des Pariser Klimaschutzabkomm...

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