Leitsatz

1. Der nachträgliche Wegfall der Steuerbegünstigung des Betriebsvermögens gem. § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG tritt unabhängig davon ein, aus welchen Gründen das Betriebsvermögen veräußert wurde und ob die Veräußerung freiwillig oder unfreiwillig erfolgte.

2. Hat sich die Beteiligung des Gesellschafters einer Personengesellschaft durch einen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG begünstigten Erwerb erhöht, können bei einer anschließenden Veräußerung von Gesellschaftsanteilen die Steuerbegünstigungen nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG nur insoweit entfallen, als der Gesellschafter nach der Veräußerung nicht mehr in Höhe des begünstigt erworbenen Gesellschaftsanteils beteiligt ist.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 5 Satz 2, § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (vor 2009), § 109 Abs. 1 BewG (vor 2009)

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 30.3.2004 ver­storbenen Ehemanns (E). Vor dem Erbfall waren die Klägerin und E an der E‐KG sowie an der B‐KG beteiligt. Nach dem Erbfall trat die Klägerin zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen einem ihrer Söhne einen Kommanditanteil an der E‐KG und ihrer Tochter einen Kommanditanteil an der B‐KG ab.

Das FA setzte gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest, wobei es die Übertragungen der Kommanditanteile als schädlich für die Anwendung der Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. be­urteilte und zur Ermittlung des steuerschädlich veräußerten Betriebsvermögens eine Verhältnisrechnung anstellte. Insoweit hatte die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage keinen Erfolg (FG Münster, Urteil vom 10.5.2012, 3 K 667/­10 Erb, Haufe-Index 3289407, EFG 2012, 2146).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil wegen unzutreffender Berechnung des nicht begünstigten Betriebsvermögens aus den erläuterten Gründen aufgehoben. Die Sache wurde an das FG zur Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens zurückverwiesen.

 

Hinweis

Im Rahmen des erbschaftsteuerlichen Verschonungskonzepts beim Erwerb von Betriebsvermögen hat die Behaltensfrist und die im Fall ihrer Nichtwahrung (z.B. aufgrund Veräußerung) ausgelösten Nachversteuerung eine zentrale Bedeutung. Das Besprechungsurteil betrifft zwar den im Jahr 2004 für Veräußerungsfälle geltenden Nachversteuerungstatbestand des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F.; diese Vorschrift entspricht jedoch nahezu unverändert dem jetzt geltenden Nachversteuerungstatbestand des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG n.F.

1. Veräußerung i.S.d. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist jede entgeltliche Übertragung eines begünstigt erworbenen Mitunternehmeranteils. Im Streitfall war zunächst zu entscheiden, ob eine Veräußerung auch vorliegt, wenn sie zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen oder sonstigen Verbindlichkeiten erfolgt. Dies ist zu bejahen. Der durch die Veräußerung bewirkte Wegfall der Steuerbefreiung tritt unabhängig davon ein, welche Gründe für die Veräußerung maßgebend waren. Unerheblich ist auch, ob die Veräußerung freiwillig oder unfreiwillig erfolgte. Durch § 13a ErbStG soll nur erreicht werden, dass eine Betriebsfortführung durch den Erwerber nicht aus Gründen der Erbschaftsteuerbelastung scheitert. Eine teleologische Reduktion des § 13a Abs. 5 ErbStG auf solche Fälle, in denen die Veräußerung freiwillig erfolgt, ist ausgeschlossen. Mit dieser Begründung hat der BFH bereits früher entschieden, dass z.B. auch die insolvenzbedingte Einstellung eines Betriebs die Nachsteuer auslöst.

2. Gewisse Schwierigkeiten bereitet die Anwendung der Nachsteuerregelung des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, wenn ein Erwerber bereits vor der nach § 13a ErbStG begünstigten Zuwendung an der Personengesellschaft beteiligt war und später innerhalb der Nachsteuerfrist nur einen Teil seiner erhöhten Beteiligung veräußert. Dem Steuerpflichtigen nachteilig ist die Berechnung des steuerunschädlich erworbenen Vermögens auf der Grundlage einer Verhältnisrechnung. Deutlich günstiger ist hingegen eine Berechnung, die zunächst die vom Steuerpflichtigen früher erworbenen Anteile als veräußert ansieht. Für diese Berechnungsweise, bei der die Nachbesteuerung im Ergebnis nur das begünstigt erworbene Vermögen erfasst, hat sich auch der BFH entschieden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.2.2014 – II R 36/12

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