Leitsatz

Für Betriebsvorrichtungen, die als wesentliche Bestandteile auf Dauer in ein Gebäude eingebaut wurden, gilt sowohl nach nationalem Recht wie nach Unionsrecht grundsätzlich der für Grundstücke geltende Vorsteuerberichtigungszeitraum von zehn Jahren.

 

Normenkette

§ 15a Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2, § 24 UStG, Art. 4 Abs. 3, Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der 6. EG-RL, § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Landwirt. Er verzichtete auf die Anwendung des § 24 UStG und wechselte zur Regelbesteuerung. Er errichtete sodann im Jahr 1993 einen Schweinestall mit einer Fütterungs- und einer Lüftungsanlage. Er zog aus den Herstellungskosten die Vorsteuer ab. Mit Wirkung zum 01.01.1998 widerrief er seinen Wechsel zur Regelbesteuerung.

Das FA war der Ansicht, dass beide Anlagen wesentliche Bestandteile des Schweinestalls seien, sodass der Berichtigungszeitraum gem. § 15a Abs. 1 S. 2 UStG zehn Jahre betrage. Es erließ für die Streitjahre 1999 bis 2003 entsprechende Änderungsbescheide.

Das Niedersächsische FG wies die Klage als unbegründet ab (Urteil vom 03.03.2009, 16 K 458/07, Haufe-Index 2343331, EFG 2009, 800).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Der BFH teilte aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen die Auffassung des FG, dass die Fütterungs- und Lüftungsanlage wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind und auch von dem Begriff des "Grundstücks" i.S.d. Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL erfasst werden.

 

Hinweis

1. Wenn sich bei einem Wirtschaftgut die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von fünf Jahren seit dem Beginn der Verwendung ändern, ist nach § 15a Abs. 1 S. 1 UStG für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Nach S. 2 dieser Vorschrift tritt u.a. bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren.

Als Änderung der ursprünglichen Verhältnisse wird bei einem Landwirt auch der Wechsel von der Regelbesteuerung zur Durchschnittsbesteuerung oder umgekehrt angesehen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 17.06.2004, V R 31/02, BFH/NV 2004, 1487).

2. Der BGH hat bereits entschieden, dass ein Heizungs- und Belüftungssystem und eine automatische Fütterungs- und Tränkanlage, die in ein für die Mastgeflügelhaltung bestimmtes Stallgebäude eingebaut worden sind, wesentliche Bestandteile des Gebäudes i.S.d. § 94 Abs. 2 BGB sind (vgl. BGH, Beschluss vom 17.09.1987, III ZR 222/86, BGHR BGB § 94 Abs. 2 Stallgebäude 1).

Gründe, dies bei einem Schweinestall anders zu sehen, sind nicht ersichtlich.

Es handelt sich bei einer Fütterungs- und einer Lüftungsanlage auch nicht um Scheinbestandteile i.S.d. § 95 Abs. 2 BGB. Denn beide Anlagen werden i.d.R. nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck, sondern auf Dauer eingebaut. Dass sie theoretisch ausgebaut und durch kleinere oder größere Anlagen ersetzt werden können, vermag an dieser Beurteilung solange nichts zu ändern, wie nicht im konkreten Fall feststeht, dass eine derartige Absicht von vornherein bestanden hat.

Für die Beurteilung als wesentliche Bestandteile eines Gebäudes i.S.d. § 94 BGB ist ohne Bedeutung, dass Betriebsvorrichtungen aus ertragsteuerrechtlicher Sicht selbstständige bewegliche Wirtschaftsgüter sind, auch wenn sie mit Grund und Boden fest verbunden sind.

Da hat der Gesetzgeber in § 15a Abs. 1 S. 2 UStG auf "Grundstücke einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile" abgestellt und für Betriebsvorrichtungen – anders als in § 4 Nr. 12 S. 2 UStG im Fall der Vermietung und Verpachtung – keine Sonderregelung getroffen, gilt insoweit der zehjährige Berichtigungszeitraum.

3. Dies stimmt auch mit dem Unionsrecht überein.

Nach Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL wird für "Investi­tionsgüter" eine Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs vorgenommen, der "bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden", bis auf zehn Jahre (ab 01.01.1996 bis auf zwanzig Jahre) verlängert werden kann.

Der Begriff "Grundstück" wird in der 6. EG-RL nicht definiert. Im Umkehrschluss aus Art. 13 Teil B Buchst. b S. 1 Nr. 3 der 6. EG-RL ergibt sich aber, dass der Begriff "Grundstücke" auch "auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen" umfasst. Denn nach dieser Bestimmung befreien die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung "von Grundstücken mit Ausnahme … der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen". Die "auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen" hätten nicht ausdrücklich aus dem Grundstücksbegriff herausgenommen werden müssen, wenn sie von diesem Begriff überhaupt nicht umfasst gewesen wären.

Da Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-RL keine Ausnahme für auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen enthält, gilt auch für diese der zehnjährige Berichtigungszeitraum.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.07.2010 – XI R 9...

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