BMF, 4.10.2006, IV A 5 - S 7300 - 69/06

Bezug: BFH-Urteil vom 1.7.2004, V R 32/00 (BStBl 2004 II S. 1022),
  EuGH-Urteil vom 26.5.2005, C-465/03 (EuGHE 2005 I S. 4357)

Mit Urteil vom 1.7.2004 (a.a.O.) hat der BFH entschieden, dass eine Personengesellschaft bei Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage an diesen keinen steuerbaren und mithin auch keinen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Umsatz erbringt. Auch in der Gründung einer Gesellschaft durch die ursprünglichen Gesellschafter kann kein steuerbarer Umsatz der Gesellschaft an die Gesellschafter gesehen werden.

Mit Urteil vom 26.5.2005 (a.a.O.) hat der EuGH entschieden, dass die Ausgabe neuer Aktien zur Aufbringung von Kapital keinen Umsatz darstellt, der in den Anwendungsbereich von Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ausgabe der Aktien durch den Unternehmer im Rahmen einer Börseneinführung erfolgt oder von einem nicht börsennotierten Unternehmen ausgeführt wird.

Zur Frage des Vorsteuerabzugs aus Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Ausgabe gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen gegen Bareinlage oder gegen Sacheinlage stehen, gilt unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG ist u.a., dass der Unternehmer eine Leistung für sein Unternehmen von einem anderen Unternehmer bezogen hat und die Eingangsleistung nicht mit Umsätzen im Zusammenhang steht, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausschließen.

Die unternehmerische Tätigkeit beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist (vgl. Abschn. 19 Abs. 1 Satz 1 UStR). Demzufolge können unter den vorgenannten Voraussetzungen auch Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Gründung einer Gesellschaft und der Aufnahme von Gesellschaftern für das Unternehmen der Gesellschaft bezogen werden.

Der EuGH hat mit Urteil vom 26.5.2005 (a.a.O.) entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug aus den bezogenen Lieferungen und sonstigen Leistungen nur gegeben ist, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der „versteuerten”, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören. In den Fällen der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage oder der Ausgabe neuer Aktien ist diese Voraussetzung ungeachtet der Nichtsteuerbarkeit dieser Vorgänge vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils für die mit den Vorgängen im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen erfüllt, wenn

  • die Aufnahme des Gesellschafters oder die Ausgabe neuer Aktien erfolgte, um das Kapital des Unternehmers zugunsten seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Allgemeinen zu stärken, und
  • die Kosten der Leistungen, die der Unternehmer in diesem Zusammenhang bezogen hat, Teil seiner allgemeinen Kosten sind und somit zu den Preiselementen seiner Produkte gehören.

Kosten für die Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage oder die Ausgabe neuer Aktien, die zu den allgemeinen Kosten des Unternehmers gehören, hängen somit grundsätzlich direkt und unmittelbar mit dessen wirtschaftlicher Tätigkeit zusammen. Dies gilt auch für Aufwendungen des Unternehmers, die mit seiner rechtlichen Beratung im Zusammenhang mit der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit oder mit einem Unternehmenskonzept entstehen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist in Bezug auf die mit der Ausgabe der Beteiligungen entstandenen Kosten hinsichtlich der Berechtigung zum Vorsteuerabzug Folgendes zu beachten:

  • Dient die Ausgabe der Beteiligung der allgemeinen wirtschaftlichen Stärkung des Unternehmens und sind die dabei entstandenen Kosten zu Preisbestandteilen der Ausgangsumsätze geworden, gehören die Aufwendungen zu den allgemeinen Kosten, für die sich der Vorsteuerabzug nach den Verhältnissen des Besteuerungszeitraums des Leistungsbezugs bestimmt. Führt der Unternehmer nicht ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze aus, sind die abziehbaren Vorsteuern aus den im Zusammenhang mit der Gründung einer Gesellschaft, der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage oder die Ausgabe neuer Aktien im Zusammenhang stehenden Aufwendungen gemäß § 15 Abs. 4 UStG zu ermitteln.
  • Dienen die aus der Ausgabe der Beteiligungen zugeflossenen Mittel hingegen der Erweiterung oder Stärkung eines bestimmten Geschäftsbetriebs und sind die dabei entstandenen Kosten zu Preisbestandteilen nur bestimmter Ausgangsumsätze geworden (z.B. konkretes, aus dem Prospekt zur Ausgabe der Anteile ersichtliches Projekt), ist auf die insoweit beabsichtigte Verwendung abzustellen. Maßgeblich für den Vorsteuerabzug sind die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs für den Besteuerungszeitraum der Verwendung beabsichtigten Ausgangsumsätze (siehe BFH-Urteil vom 8.3.2001, V R 24/98, BStBl 2001 II 2003 S. 430).
  • Soweit das durch die Ausgabe von Beteiligungen beschaffte Kapital dem nichtunternehmerischen Bereic...

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