Leitsatz

1. Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger stellen keine Gewinnausschüttungen i.S.v. § 8 Abs. 3, § 27 KStG 1996/2002 a.F., sondern Gewinnabführungen i.S.d. §§ 14ff. KStG 1996/2002 a.F. dar (Bestätigung des Senatsurteils vom 18.12.2002, I R 51/01, BStBl II 2005, 49, BFH/NV 2003, 572, BFH/PR 2003, 184 und Anschluss an Senatsbeschluss vom 6.6.2013, I R 38/11, BStBl II 2014, 398, BFH/NV 2013, 1730, BFH/PR 2013, 408).

2. Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen i.S.v. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des EURLUmsG sind als rein rechnerische Differenzbeträge zu begreifen. Eine Mehrabführung ist dabei zum einen nicht der Höhe nach auf den Betrag des handelsbilanziellen Jahresüberschusses begrenzt, den die Organgesellschaft (tatsächlich) an den Organträger abgeführt hat (Anschluss an Senatsbeschluss vom 6.6.2013, I R 38/11, BStBl II 2014, 398, BFH/NV 2013, 1730, BFH/PR 2013, 408). Zum anderen kann eine tatbestandlich verwirklichte Mehrabführung auch nicht durch Saldierung mit weiteren vororganschaftlichen und/oder organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen dem Betrag nach begrenzt werden (sog. geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise).

3. Indem die so verstandenen Mehrabführungen durch § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des EURLUmsG als Gewinnausschüttungen fingiert werden, handelt es sich zugleich um entsprechende Leistungen i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002, für welche die in § 38 Abs. 2 KStG 2002 angeordnete KSt-Erhöhung zu errechnen ist (Anschluss an Senatsbeschluss vom 6.6.2013, I R 38/11, BStBl II 2014, 398, BFH/NV 2013, 1730, BFH/PR 2013, 408).

4. Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des EURLUmsG infolge Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3, § 34 Abs. 9 Nr. 4, § 38 Abs. 1 Satz 3, § 38 Abs. 2 KStG 2002 i.d.F. des EURLUmsG; §§ 14ff., § 27 KStG 1996/2002 a.F.; Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine ehemals gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, schloss am 25.10.2002 mit der an ihr zu 94,9 % beteiligten T-GmbH einen Ergebnisabführungsvertrag. Dieser Vertrag galt ab dem 1.1.2002. Die Klägerin war danach in den Streitjahren (2004 bis 2006) Organgesellschaft der T-GmbH.

Nach dem Wegfall der früheren persönlichen Steuerbefreiung für gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG 1984 durch das StRefG 1990 vom 25.7.1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) hatte die Klägerin in ihrer steuerlichen Anfangsbilanz zum 1.1.1991 abweichend von der Handelsbilanz ihre Wohnungsbestände gem. § 13 Abs. 2 und 3 KStG 1984 auf die deutlich höheren Teilwerte aufgestockt. Aus den Ansatzdifferenzen ergaben sich in den Streitjahren höhere Abschreibungen in der Steuerbilanz als in der Handelsbilanz. Im Weiteren ergaben sich aufgrund der höheren Restbuchwerte in der Steuerbilanz zudem geringere Erträge aus dem Verkauf einzelner Grundstücke. Insoweit überstiegen damit die handelsbilanziellen Ergebnisse der Streitjahre die steuerbilanziellen Ergebnisse.

Erstmals ab dem Jahr 2002 bildete die Klägerin in der Handelsbilanz Rückstellungen für Instandhaltungen gem. § 249 Abs. 2 HGB. In die Steuerbilanz wurden diese Rückstellungen wegen des Passivierungsverbots für Aufwandsrückstellungen nicht übernommen. Die handelsbilanziellen Mehrergebnisse und die handelsbilanziellen Minderergebnisse glichen sich in den Streitjahren jeweils aus. Dies führte dazu, dass sich der an die T-GmbH abgeführte Gewinn und der Gewinn in der Steuerbilanz betragsmäßig nicht unterschieden.

Das FA behandelte die von ihm als solche qualifizierten Mehrabführungen (als Summe der Mehrabschreibungen und der Mindererlöse) als Gewinnausschüttungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. des EURLUmsG vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158) und stellte dementsprechend bei der Klägerin die körperschaftsteuerliche Ausschüttungsbelastung gem. § 38 KStG 2002 her. Die daraus resultierende KSt-Erhöhung führte in den KSt-Bescheiden für die Streitjahre zu einer entsprechend höheren Festsetzung von KSt. Die Rückstellungen für Bauinstandhaltung behandelte das FA als Gewinnrücklage nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG 2002.

Das FA erließ Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, in dem es die Mehrabführungen sowie die darauf entfallenden KSt-Erhöhungen vom Einlagekonto abzog und das Einlagekonto um die in die Gewinnrücklage nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG 2002 eingestellten Beträge als Minderabführungen nach § 27 Abs. 6 Satz 2 KStG 2002 erhöhte.

Das FG Düsseldorf wies die dagegen gerichtete Klage ab (Urteil vom 15.4.2013, 6 K 4270/10 K, F, Haufe-Index 4720243, EFG 2013, 1262).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FA und das FG in der Sache. Die Neuregelungen zu den vororganschaftlichen Mehrabführungen seien als solche nicht zu beanstanden. Sie wirkten jedoch...

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