Zusammenfassung

Wer im Namen und im Interesse eines anderen Rechtsgeschäfte vornimmt, agiert als Vertreter. Vertretung hat viele Facetten: So lassen sich Treuhänder, Makler, Strohmänner, Verhandlungsgehilfen, Geschäftsführer, Handlungsbevollmächtigte, Prokuristen, Ladenangestellte und viele weitere Erscheinungsformen der unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung unterscheiden.

Sie alle arbeiten und handeln in der einen oder anderen Form nicht für sich selbst, sondern für andere.

Für den Vertretenen ist es dabei immer von entscheidender Bedeutung zu wissen, in welchem Umfang er von seinem Vertreter gegenüber Dritten verpflichtet werden kann, welche Rechte und Pflichten er ihm gegenüber hat, wie er dessen Vertretungsmacht begründen, begrenzen und ggf. beenden kann und welche Rechtsbehelfe ihm offen stehen, wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht.

Umgekehrt ist für den Vertreter nicht minder interessant, wie weit seine Vertretungsmacht reicht, ob und wo er sich selbst gegenüber Dritten verpflichtet, wann er neben dem Vertretenen haftet und wann er fürchten muss, von diesem in Regress genommen zu werden. Der folgende Beitrag über das Recht der Vertretung gibt Antwort auf diese Fragen.

1 Arten der Vertretung

Das Recht der Stellvertretung erfasst rechtsgeschäftliches Handeln für einen anderen mit der Wirkung, dass die Rechtsfolgen des Handelns unmittelbar in der Person des Vertretenen eintreten. Voraussetzung jeder wirksamen Vertretung ist dabei die Berechtigung der unmittelbar handelnden Person, ihre Vertretungsmacht. Vertretungsmacht kann gesetzlich vorgegeben sein oder rechtsgeschäftlich – als Vollmacht – eingeräumt werden. Daraus resultieren unterschiedliche Formen der Vertretung.

1.1 Gesetzliche Vertretung

Auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen z. B.

  • die Vertretung minderjähriger Kinder durch ihre Eltern, §§ 1626 Abs. 1,

    1629 Abs. 1 Satz 1 BGB,

  • die Vertretungsmacht des Vormunds für sein Mündel, §§ 1773 Abs. 1, 1789 BGB,
  • des Betreuers für den Betreuten, § 1823 BGB,
  • des Pflegers bei der Pflegschaft, §§ 1888, 1823 BGB,
  • des Verwalters nach dem Wohnungseigentumsgesetz, § 27 Abs. 2 WEG,
  • Im Gesellschaftsrecht gibt es die organschaftliche Vertretung. Sie ist eine Sonderform der gesetzlichen Vertretung. Sie bezeichnet die Vertretung nicht natürlicher Personen, so z. B. juristischer Personen wie der AG oder GmbH bzw. Personenvereinigungen wie die OHG. Erst durch ihre organschaftlichen Vertreter können diese Organisationsformen am Rechtsverkehr teilnehmen. So schließt bei der GmbH z. B. der Geschäftsführer Verträge für die Gesellschaft.

1.2 Rechtsgeschäftliche Vertretung

Eine rechtsgeschäftliche Vertretung liegt vor, wenn z. B. eine Person eine andere bevollmächtigt, einen Mietvertrag für sie abzuschließen, ein Verkaufsangebot abzugeben oder ein Kaufangebot anzunehmen oder wenn ein Kaufmann sich durch einen Handelsvertreter vertreten lässt.

 
Wichtig

Grundsätzlich kann man sich bei allen Rechtsgeschäften vertreten lassen. Nur in Ausnahmefällen sehen die Gesetze Vertretungsverbote vor, etwa bei den höchstpersönlichen Rechtsgeschäften und Erklärungen, so z. B. bei Testamentserrichtungen und bei der Eheschließung.

1.3 Aktive und passive Vertretung

Vertretung ist sowohl aktiv als auch passiv möglich. Eine aktive Vertretung liegt vor, wenn der Bevollmächtigte selbst aktiv wird, um ein Rechtsgeschäft herbeizuführen, z. B. mit der Abgabe eines Angebots. Von passiver Vertretung spricht man, wenn der Vertreter ermächtigt wird, an den Vertretenen gerichtete Willenserklärungen Dritter, z. B. ein Angebot oder eine Kündigung, für den Vertretenen entgegenzunehmen.

1.4 Tabellarische Übersicht über verschiedene Arten der Stellvertretung

 
Stellvertretungsart Beispiel §§
Gesetzliche
Vertretung
Ein Ehepartner kauft eine Mikrowelle für den gemeinsamen Haushalt. Obwohl nur der handelnde Ehepartner den Vertrag unterzeichnet, wird der andere mit verpflichtet, wo – wie hier – ein "Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs" vorliegt. §§ 1357 BGB
Rechtsgeschäftliche
Vertretung
Ein an Grippe Erkrankter bevollmächtigt seine Nachbarin, von seinem Bankkonto 100 EUR für Einkäufe abzuheben. §§ 164 ff. BGB

2 Stellvertretung

Rechtsgeschäftliche Vertretung lässt sich grafisch als ein Dreiecksverhältnis darstellen, an dem der Vertretene, der Vertreter und (mindestens) ein Dritter beteiligt sind. Zwischen den Beteiligten bestehen entsprechend drei Beziehungen:

  • zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter die erteilte Vollmacht
  • zwischen dem Vertreter und dem Dritten die im Rahmen dieser Vollmacht abgegebene (oder entgegen genommene) rechtsgeschäftliche Willenserklärung
  • zwischen dem Dritten und dem Vertretenen die vom Vertreter veranlasste Rechtsbeziehung, hier ein Vertrag.

 
Wichtig

Boten sind keine Stellvertreter

Kein Stellvertreter ist der Bote, der Willenserklärungen eines anderen lediglich überbringt. Denn der Bote gibt keine eigenen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ab. Deshalb kann auch eine geschäftsunfähige Person Bote sein. Wie beim Stellvertreter kann auch der Bote aktiv eine Erklärung überbringen oder – als so genannter Empfangsbote – passiv eine solche entgegen nehmen.

Die Unterscheidung von Vertreter und Bote kann ausschlaggebend sein: Wird etwa ein b...

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