Hat der Vertreter dagegen unwissentlich ohne oder außerhalb einer ihm eingeräumten Vertretungsmacht gehandelt, beschränkt sich seine Haftung auf das so genannte negative Interesse (Vertrauensschaden). Dann ist der Dritte (Vertragspartner) so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht auf den Abschluss des Vertrags vertraut hätte. Ersetzt werden in diesem Fall nur die Aufwendungen, die im Vertrauen auf den Vertragsschluss getätigt wurden, wie Fahrtkosten, Telekommunikationskosten u.Ä. Dieser regelmäßig geringere Schadensersatz kann im Einzelfall durchaus erheblichen Umfang annehmen, etwa, wenn im Vertrauen auf das Zustandekommen des jetzt unwirksamen Vertrags ein anderes Geschäft versäumt wurde. Das negative Interesse ist deshalb in § 179 Abs. 2 BGB nach oben durch das positive Interesse "gedeckelt".

 
Praxis-Beispiel

Haftung, wenn der Vertreter seine Befugnisse überschreitet

Der Käufer eines Rohstoffes schließt den Kaufvertrag mit einem Vertreter des Verkäufers, der vereinbarte Preis beträgt 90.000 EUR. Er erhält nach Vertragsschluss ein bei weitem günstigeres Angebot (74.000 EUR) von dritter Seite. Da er sich bereits vertraglich gebunden sieht, schlägt er es jedoch aus. Erst danach stellt sich heraus, dass der Vertrag, an den er sich gebunden sieht, mangels Vertretungsmacht/Genehmigung unwirksam ist und dass der Vertreter gutgläubig von seiner eigenen Bevollmächtigung ausgegangen war und ausgehen durfte.

Der Schadensersatzanspruch gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht auf Ersatz des negativen Interesses umfasst hier auch den Schaden aus dem entgangenen Geschäft; denn hätte der Käufer nicht auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Vertrags vertraut, hätte der günstigere Kauf getätigt werden können. Der ersatzfähige Schaden ist jedoch in der Höhe auf das Erfüllungsinteresse begrenzt. Muss der Käufer nun dieselbe Ware wegen gestiegener Marktpreise zu einem höheren Preis (98.000 EUR) erwerben, kann sein Vertrauensschaden maximal die Differenz zum Preis des ersten Kaufs, mithin 8.000 EUR, erreichen.

 
Wichtig

Kein Schadensersatz, wenn der Dritte von der fehlenden Vollmacht wusste

In keinem Falle erhält der Dritte Schadensersatz, wenn er den Mangel der Vertretungsmacht des Vertreters kannte oder kennen musste, § 179 Abs. 3 BGB.

 
Praxis-Beispiel

Wenn der Dritte den Mangel in der Vertretungsmacht hätte erkennen müssen

Der an der Ausführung eines Bauwerks beteiligte Unternehmer trifft auf unerwartete Schwierigkeiten bei der Fertigstellung einer an der Westseite des Gebäudes vorgesehenen Laderampe. Mit dem Bauleiter vereinbart er deshalb, die Rampe kleiner zu dimensionieren und dafür an der Südseite des Gebäudes eine weitere Rampe anzubringen. Der Bauherr verweigert die Übernahme der dadurch entstandenen Mehrkosten mit der Begründung, der Bauleiter sei zu einer wesentlichen Änderung des Bauvorhabens nicht ermächtigt, zur Vergabe entsprechender Aufträge nicht bevollmächtigt gewesen. Eine nachträgliche Genehmigung verweigert er. Der Unternehmer nimmt deshalb den Bauleiter – als Vertreter ohne Vertretungsmacht – in Anspruch.

Der Anspruch des Unternehmers gegen den Bauleiter aus § 179 Abs. 1 BGB scheitert hier daran, dass er die mangelnde Vertretungsmacht des Bauleiters hätte erkennen können. Aus den Umständen des Vertragsschlusses resultierte eine Erkundigungs- und Nachprüfungspflicht des Unternehmers: Denn bei einer – wie hier – wesentlichen Änderung des Bauvorhabens hätte er sich zumindest erkundigen müssen, ob der Bauleiter vom Bauherren bevollmächtigt war.

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