OFD Koblenz, 20.7.2011, S 2225 A - St 32 1

Auswirkungen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007, GrS 2/04 (BStBl 2008 II S. 608) auf den Verlustausgleich;

Übertragbarkeit des Beschlusses auf andere Verrechnungskreise

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat mit Beschluss vom 17.12.2007 (a.a.O.) entschieden, dass der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug (Verlustvortrag nach § 10d EStG) nicht bei seiner eigenen Einkommensteuerveranlagung geltend machen kann.

In Ergänzung der BMF-Schreiben vom 24.7.2008 (BStBl 2008 I S. 809) und vom 29.11.2004 (BStBl 2004 I S. 1097) zur Anwendung des o.g. Beschlusses gelten die nachfolgenden Ausführungen:

 

I. Verlustausgleich/-abzug

 

1. Grundsatz

1

Die einzelne natürliche Person ist das Zurechnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte (§ 2 Absatz 1 EStG), so dass die persönliche Steuerpflicht auf die Lebenszeit einer Person beschränkt ist und mit dem Tod endet. Ungenutzte vortragsfähige Verluste des Erblassers verfallen grundsätzlich; sie können nicht im Rahmen des Verlustausgleichs und -abzugs bei der Veranlagung des Erben berücksichtigt werden, da Erblasser und Erbe in der Regel zwei verschiedene Einkommensteuerrechtssubjekte sind.

Im Todeszeitpunkt nicht aufgezehrte Verluste des Erblassers können somit im Todesjahr nur in den Verlustausgleich nach § 2 Absatz 3 EStG (Ausgleich mit positiven Einkünften des Erblassers) und unter Beachtung der Mindestbesteuerung nach § 10d EStG bei der Veranlagung des Erblassers einfließen. Eine abweichende Festsetzung aus (sachlichen) Billigkeitsgründen, die von einer Anwendung der Mindestbesteuerung unter Hinweis auf § 163 AO absieht, ist nicht möglich.

 

2. Verlustausgleich und Verlustabzug bei Ehegatten

2

Bei Ehegatten können im Todeszeitpunkt noch nicht ausgeglichene Verluste des Erblassers bei der Veranlagung für das Todesjahr im Rahmen der Zusammenveranlagung mit positiven Einkünften des überlebenden Ehegatten, soweit er Erbe ist, ausgeglichen werden.

Für den Verlustabzug nach § 10d EStG gilt Folgendes:

Werden die Ehegatten für das Todesjahr nach §§ 26, 26b EStG zusammen veranlagt und erfolgt für das Vorjahr ebenfalls eine Zusammenveranlagung, ist ein Rücktrag des nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers in das Vorjahr möglich. Werden die Ehegatten für das Todesjahr zusammen veranlagt und erfolgt für das Vorjahr eine getrennte Veranlagung, ist ein Rücktrag des noch nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers nur bei der getrennten Veranlagung des Erblassers zu berücksichtigen (§ 62d Absatz 1 EStDV).

Werden die Ehegatten für das Todesjahr getrennt veranlagt und erfolgt für das Vorjahr eine Zusammenveranlagung, ist ein Rücktrag des nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers in das Vorjahr möglich (§ 62d Absatz 2 Satz 1 EStDV). Werden die Ehegatten für das Todesjahr getrennt veranlagt und erfolgt auch für das Vorjahr eine getrennte Veranlagung, ist ein Rücktrag des noch nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers nur bei der getrennten Veranlagung des Erblassers zu berücksichtigen.

Für den überlebenden Ehegatten sind für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den Schluss des Todesjahres des Erblassers und die Anwendung der sog. Mindestbesteuerung nach § 10d Absatz 2 EStG in den Folgejahren allein die auf den überlebenden Ehegatten entfallenden nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte maßgeblich.

 

II. Anwendung bei besonderen Verlustverrechnungskreisen

3

Der Beschluss des Großen Senats zum Verlustabzug nach § 10d EStG in Erbfällen hat auch Auswirkungen auf die gesonderten Verlustverrechnungskreise des Einkommensteuergesetzes.

Diese sind in der nachfolgenden tabellarischen Übersicht zusammengefasst dargestellt:

Verlustverrechnungskreis Anwendbarkeit der Grundsätze des BFH-Beschlusses
  (Ausschluss der Vererbbarkeit von Verlusten
  bzw. Hinzurechnungspotential)
   
  JA NEIN Anmerkungen
§ 2a Abs. 1 EStG X   Siehe RdNr. 4
§ 2a Abs. 3 EStG a.F. oder § 2 AuslInvG   X Siehe RdNr. 5 und 6
§ 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG   X Siehe RdNr. 8:
      Ausnahme: Aufgabe oder Veräußerung
      eines Betriebs, Mitunternehmeranteils
      oder Teilbetriebs bereits vor dem Erbfall
§ 15 Abs. 4 EStG Satz 3 bis 5 X   Siehe RdNr. 8
§ 15a EStG   X Siehe RdNr. 9
§ 15b EStG   X Siehe RdNr. 9
§ 20 Abs. 6 EStG X   Siehe RdNr. 10;
      ab VZ 2009
§ 22 Nr. 2i.V.m. § 23 Abs. 3 Satz 7 X   Siehe RdNr. 11:
bis 10 EStG     Ausnahme: Eintritt des Erbfalls
      vor verlustbehafteter Veräußerung
§ 22 Nr. 3 Satz 4 EStG X   Siehe RdNr. 12
 

1. Negative ausländische Einkünfte nach § 2a Absatz 1 EStG

4

Die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats zur Nichtvererblichkeit von Verlusten nach § 10d EStG sind auch auf die Regelungen des § 2a Absatz 1 EStG anzuwenden, da diese wie § 10d EStG an das Prinzip der individuellen Leistungsfähigkeit anknüpfen und insoweit vergleichbar sind. Eine Differenzierung der einzelnen, in § 2a Absatz 1 EStG genannten Tatbestände kommt nicht in Betracht.

 

2. Hinzurechnung zuvor abgezogener ausländischer...

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