BMF, 28.7.2016, IV B 6 - S 1320/16/10002 :007

Merkblatt zum verpflichtenden spontanen Informationsaustausch nach den Vereinbarungen zu Aktionspunkt 5 des Projektes „Base Erosion and Profit Shifting” (Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung) der OECD- und G20-Staaten (BEPS) und Ausblick im Hinblick auf die Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gelten für den verpflichtenden spontanen Informationsaustausch nach den Vereinbarungen zu Aktionspunkt 5 des Projektes „Base Erosion and Profit Shifting” der OECD- und G20-Staaten (BEPS) die nachfolgenden Grundsätze:

 

A. Einführung

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in enger Kooperation mit den G20-Staaten in 2015 zu dem steuerpolitischen Thema BEPS Berichte zu insgesamt 15 Aktionspunkten veröffentlicht. Einzelheiten dazu sind auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) abrufbar:

http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2014-06-05-faq-beps.html.

BEPS-Aktionspunkt 5 (siehe Anlage 2 [hier nicht enthalten], insbesondere Kapitel 5) widmet sich dem Thema Transparenz im Steuerrecht und sieht unter anderem einen verpflichtenden spontanen Austausch von Informationen zu bestimmten grenzüberschreitenden Steuervorbescheiden und zu Vorabzusagen über Verrechnungspreise vor (sogenannte „Rulings”, Näheres unter C. Sachlicher Anwendungsbereich).

 

B. Rechtsgrundlagen

Für den spontanen Austausch der Informationen zu „Rulings” mit den OECD- und G20-Staaten[1] sind die im Verhältnis der beteiligten Staaten jeweils geltenden Regelungen anzuwenden. Dazu zählen die EU-Amtshilferichtlinie[2], die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sowie das Gesetz zu dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, mit dem das Übereinkommen vom 25.1.1988 und das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen vom 27.5.2010 in nationales Recht umgesetzt worden sind[3]. Innerhalb der Europäischen Union (EU) werden künftig zudem die derzeit noch nicht in nationales Recht umgesetzten gesonderten Regelungen für einen automatischen Informationsaustausch in Bezug auf bestimmte „Rulings” in der EU-Amtshilferichtlinie zu beachten sein (siehe hierzu Ausführungen unter J. Ausblick). Im Einzelnen wird auf die als Anlage 3 [hier nicht enthalten] beigefügte Tabelle zu den derzeit geltenden Rechtsgrundlagen verwiesen.

 

C. Sachlicher Anwendungsbereich

Der spontane Informationsaustausch betrifft im BEPS-Aktionspunkt 5 definierte „Rulings”.

Nach BEPS-Aktionspunkt 5 sind „Rulings” „alle Empfehlungen, Auskünfte oder Zusicherungen einer Steuerbehörde gegenüber einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einer Gruppe von Steuerpflichtigen in Bezug auf dessen bzw. deren Steuersituation, auf die sich dieser Steuerpflichtige bzw. diese Gruppe von Steuerpflichtigen berufen kann.”

Abgabenrechtlich handelt es sich bei den „Rulings” um:

  • verbindliche Auskünfte im Sinne des § 89 Absatz 2 AO,
  • verbindliche Zusagen gemäß § 204 AO oder
  • um die nachfolgend unter Nummer 2 genannten unilateralen Vorabzusagen über Verrechnungspreise als sonstige Verwaltungsakte.

In folgenden Fällen hat sich Deutschland nach BEPS-Aktionspunkt 5 verpflichtet, Informationen über erteilte „Rulings”, die zu grenzüberschreitenden Gewinnverkürzungen oder Gewinnverlagerungen führen können, zu übermitteln (vgl. Anlage 2 [hier nicht enthalten] Abschlussbericht 2015 zu BEPS-Aktionspunkt 5 Kapitel 5, II. B, C, D, E und F):

  1. „Rulings” zu Präferenzregimen (Vorzugsbesteuerung) im Sinne des OECD-Forums für schädlichen Steuerwettbewerb: In Deutschland fällt gegenwärtig nur die Tonnagebesteuerung (§ 5a EStG) in den Anwendungsbereich.
  2. Unilaterale Vorabzusagen über Verrechnungspreise (unilaterale Advance Pricing Agreements (APAs)) zwischen international verbundenen Unternehmen gemäß Artikel 9 OECD-Musterabkommen sowie sonstige unilaterale Zusagen zu Verrechnungspreisen; Deutschland erteilt regelmäßig weder unilaterale APAs noch sonstige unilaterale Zusagen zu Verrechnungspreisen. Zur weiteren Erläuterung vgl. das APA Merkblatt (BMF-Schreiben vom 5.10.2006, BStBl 2006 I S. 594).
  3. Unilaterale „Rulings”, die zu einer einseitigen Minderung des zu versteuernden Gewinns in Deutschland führen (vgl. Anlage 2 [hier nicht enthalten] Abschlussbericht 2015 zu BEPS-Aktionspunkt 5 Beispiel in Kapitel 5, II, D. Nummer 115).
  4. „Rulings”, die sich auf das (Nicht-) Vorhandensein von Betriebsstätten bzw. die Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten mit grenzüberschreitender Auswirkung beziehen.
  5. „Rulings”, die sich auf Gestaltungen beziehen, bei denen Zahlungen von in Deutschland ansässigen Durchleitungsgesellschaften direkt oder indirekt in einen anderen Staat weitergeleitet werden (vgl. Anlage 2 [hier nicht enthalten] Abschlussbericht 2015 zu BEPS-Aktionspunkt 5 Beispiel in Kapitel 5, II, F. Nummer 119).
 

D. Persönlicher Anwendungsbereich

Auszutauschen sind grenzüberschreitende „Rulings” in Be...

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