Leitsatz

Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft unterliegt der Gewerbesteuer, soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Mitunternehmer sind.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG , § 7 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, an deren Vermögen und Gewinn die V-GmbH als Kommanditistin mit 79 % beteiligt war. Die V-GmbH verkaufte diese Beteiligung zum 1.1.1995 an die T-KG, an der sie ebenfalls – mit 50 % – beteiligt war.

Das FA behandelte den Veräußerungsgewinn zur Hälfte als laufenden Gewinn, die Klägerin meinte, er sei gewerbesteuerfrei. Das FG gab der Klage statt (EFG 2000, 640).

 

Entscheidung

Die Entscheidung Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Gewerbeertrag sei grundsätzlich der einkommensteuerrechtliche (Gesamt-)Gewinn der Personengesellschaft. Der Grundsatz, dass Veräußerungsgewinne nicht zu diesem Ertrag gehörten, sei – wie nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG – für den Fall, dass Mitunternehmeranteile an Gesellschaften veräußert würden, an denen der Veräußerer selbst beteiligt sei, durchbrochen. Grundsätze des Gewerbesteuerrechts stünden dieser Beurteilung nicht entgegen, weil die mit dem Aufstockungsmodell angestrebte Folge einer nochmaligen Abschreibung der stillen Reserven nach ihrer vorausgehenden steuerbegünstigten oder steuerfreien Auflösung als Gestaltungsmissbrauch anzusehen sei. Der Gewinn sei nach dem für die erwerbende Gesellschaft geltenden Gewinnverteilungsschlüssel in einen steuerfreien und einen laufenden Gewinn (hier 50 %) aufzuteilen.

 

Hinweis

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn. Das gilt nach gefestigter Rechtsprechung allerdings nicht für Veräußerungsgewinne; sie unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer. Es ist deshalb im Schrifttum heftig umstritten, ob die im § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG getroffene Regelung, dass Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen insoweit als laufender Gewinn zu versteuern sind, als der Veräußerer an der erwerbenden Gesellschaft beteiligt ist, auch für die Gewerbesteuer gilt.

Im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung steht die Frage, ob die Lösung des Problems bereits dadurch vorgegeben ist, dass die Gewerbesteuer ihrem Wesen nach nur das Ergebnis des werbenden Betriebs erfassen soll (sog. Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer). Dieses Prinzip ist aber gerade bei einem vollständigen oder partiellen (Mit-)Unternehmerwechsel durchbrochen, für den das Gesetz eine Betriebsbeendigung annimmt, obwohl der Betrieb als Besteuerungsobjekt nicht weggefallen ist (§ 2 Abs. 5 GewStG); das Objektsteuerprinzip ist also kein durchgehend normiertes Prinzip (vgl. BFH, Urteil vom 24.10.1990, X R 64/89, BStBl II 1991, 358), sondern wird durch ein personales Element ergänzt. Das ermöglicht es, bei der Lösung des Falls auch dieses persönliche Element zu berücksichtigen.

Das bedeutet für den Streitfall, dass ohne Verstoß gegen Grundprinzipien der Gewerbesteuer angenommen werden kann, der Gewerbebetrieb werde vom veräußernden (Mit-)Unternehmer im Umfang seiner Beteiligung am erwerbenden Unternehmen tatsächlich nicht beendet, sondern ohne Auflösung der stillen Reserven fortgeführt. Diese Erwägung liegt, wie sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, auch der in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG getroffenen Regelung zugrunde (BT-Drucks. 12/5630, 58, 80: "wirtschaftlich betrachtet eine Veräußerung an sich selbst"). Für einen solchen "Durchgriff durch die Einheit der Personengesellschaft" bedarf es ohne gesetzliche Grundlage im GewStG allerdings eines rechtfertigenden Grunds. Dieser ist darin zu sehen, dass der Gesetzgeber sich mit § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG gegen das sog. Aufstockungsmodell wandte, das es dem Veräußerer/Erwerber ermöglichen sollte, die stillen Reserven steuerbegünstigt bzw. steuerfrei aufzulösen und von den um die stillen Reserven aufgestockten Anschaffungskosten erneut Abschreibungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber hat das Modell als rechtsmissbräuchlich angesehen; diese Wertung ist auch im Gewerbesteuerrecht zu beachten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.6.2004, VIII R 7/01

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