Rz. 43

Um einen Vertrag als Gewinnabführungsvertrag zu klassifizieren, muss eine abhängige Gesellschaft die vertragliche Verpflichtung eingehen, ihren ganzen Gewinn (vgl. dazu Rz. 38 f.) an die begünstigte Gesellschaft abzuführen. Die Verpflichtung muss sich auf den Gewinn erstrecken, der im Jahresabschluss ohne eine Abführung des Gewinns als Bilanzgewinn[1] auszuweisen wäre.[2] Wird die abhängige Gesellschaft vertraglich lediglich zur Abführung von Teilen des Gewinns verpflichtet, so handelt es sich nicht um einen Gewinnabführungsvertrag i. S. d. § 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AktG, sondern um einen Teilgewinnabführungsvertrag i. S. d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG (vgl. dahingehend Rz. 56 ff.). Neben den gesetzlichen Mindestinhalten sind Vereinbarungen über Ansatz- und Bewertungswahlrechte, die Bildung von anderen Gewinnrücklagen oder eines Gewinnvortrags gesellschaftsrechtlich unschädlich.[3]

 

Rz. 44

Wie schon bei einem Beherrschungsvertrag hat auch der Gewinnabführungsvertrag den außenstehenden Aktionären ein angemessenes Ausgleichs- und Abfindungsangebot zuzuweisen.[4] Der Ausgleich hat in einer wiederkehrenden Geldleistung zu erfolgen.[5] Werden die Ausgleichsleistungen nicht im Vertrag geregelt, so ist der Vertrag nach § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig. Das nach § 305 Abs. 1 AktG zu vereinbarende Abfindungsangebot hat sich auf den Erwerb der Aktien der außenstehenden Aktionäre gegen eine angemessene Abfindung durch die übergeordnete Gesellschaft zu richten. Ist ein Ausgleich bzw. eine Abfindung nicht in angemessener Höhe vertraglich geregelt, so ist jeder außenstehende Aktionär berechtigt, gerichtlich die Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs bzw. einer angemessenen Abfindung zu beantragen.[6]

 

Rz. 45

Besteht ein Gewinnabführungsvertrag, so ist die berechtigte Gesellschaft nach § 302 Abs. 1 Satz 1 AktG verpflichtet, Verluste der abhängigen Gesellschaft auszugleichen, die in der Bilanz auszuweisen wären, sofern kein Gewinnabführungsvertrag bestünde. Die Vereinbarung der Verlustübernahme ist allerdings kein zwingender Inhalt des Gewinnabführungsvertrags, sofern es sich bei der verpflichteten Gesellschaft um eine AG oder KGaA handelt. Ist die verpflichtete Gesellschaft jedoch eine GmbH, so verlangt § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG zur Begründung der steuerlichen Organschaft, dass die Verlustübernahmepflicht entsprechend § 302 AktG ausdrücklich im Vertrag vereinbart wird.[7]

 

Rz. 46

Ebenso wie bei einem Beherrschungsvertrag sind auch bei einem Gewinnabführungsvertrag die Festlegung der Vertragsdauer (vgl. Rz. 78) sowie die Bezeichnung des Vertrags als Gewinnabführungsvertrag grundlegende Vertragselemente (vgl. Rz. 36).[8] Ist die steuerliche Anerkennung einer Organschaft gewünscht, so ist der Gewinnabführungsvertrag gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG auf mindestens 5 Jahre abzuschließen und während der gesamten Geltungsdauer durchzuführen.[9]

[2] Vgl. Koppensteiner, in Zöllner/Noack, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2004, § 291 AktG Rz. 76.
[3] Vgl. Krieger, DStR 1992, S. 433.
[4] Vgl. §§ 304, 305 AktG.
[7] Vgl. zu dieser Randziffer grundlegend Krieger, DStR 1992, S. 434.
[8] Vgl. ferner Emmerich, in Emmerich/Habersack/Schürnbrand, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, § 291 AktG Rz. 53.

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