Rz. 30

Aus § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 76 AktG und § 308 AktG folgt der gesetzlich geforderte Mindestinhalt, der einen Beherrschungsvertrag kennzeichnet. Hiernach hat der Vertrag die Vereinbarung zu enthalten, dass die Leitung der untergeordneten Gesellschaft (mit Sitz im Inland) dem herrschenden Unternehmen unterstellt wird, mit der Folge, dass das herrschende Unternehmen der untergeordneten Gesellschaft im Rahmen des § 308 AktG Weisungen hinsichtlich der Leitung erteilen kann.[1] Wird der Wortlaut des § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG im Vertrag wiederholt, so gilt die gesetzliche Anforderung, die Leitungsmacht an ein anderes Unternehmen zu übertragen, als erfüllt. Eine solche Übergabe der Leitungsmacht an ein anderes Unternehmen ist das zentrale Abgrenzungsmerkmal für das Vorliegen eines Beherrschungsvertrags und unterscheidet diesen grundlegend von den anderen Unternehmensverträgen.[2]

 

Rz. 31

Der in § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG gewählte Begriff der Leitung entspricht dem des § 76 Abs. 1 AktG.[3] Er beschreibt vor allem die Zielplanung, die Unternehmenskoordination und -kontrolle sowie die Besetzung der Führungsstellen.[4] Der Beherrschungsvertrag muss jedoch nicht alle angesprochenen Bereiche vollständig erfassen.[5] Entscheidend ist vielmehr, dass die herrschende Gesellschaft durch den Abschluss des Vertrags befähigt wird, in die Unternehmensführung der untergeordneten Gesellschaft so weit einzugreifen, dass sie eine auf das "Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption durchzusetzen vermag".[6] M. a. W., die herrschende Gesellschaft muss die rechtlich gesicherte Möglichkeit haben, ihren Willen gegenüber der untergeordneten Gesellschaft, ggf. auch gegen den Widerstand des Vorstands dieser Gesellschaft, durchzusetzen.[7] Das Weisungsrecht des § 308 AktG reicht hierbei so weit, dass selbst Weisungen erteilt werden dürfen, die für die untergeordnete Gesellschaft von Nachteil sind, sofern sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder eines Konzernunternehmens dienen.[8] Die gesetzlichen Grenzen des Weisungsrechts sind jedoch zu beachten. Beispielhaft seien an dieser Stelle die Anweisung zur Ausgabe von Aktien unter pari,[9] das Erteilen von Anweisungen, Verlustausgleiche nicht geltend zu machen,[10] die Befreiung von Aktionären von ihren Leistungsverpflichtungen, Anweisungen zu rechtswidrigem Handeln sowie die Veranlassung von existenzbedrohenden Maßnahmen der abhängigen Gesellschaft genannt.[11]

 

Rz. 32

Für die Gültigkeit von Beherrschungsverträgen lassen sich aus dem Aktienrecht weitere Erfordernisse ableiten, die neben der Unterstellung der Gesellschaft unter die Leitung eines anderen Unternehmens zu erfüllen sind. So bestimmt § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG, dass in den Vertrag eine Vereinbarung über eine angemessene Ausgleichsleistung zugunsten der außenstehenden Aktionäre aufzunehmen ist. Dieser Ausgleich hat in einer wiederkehrenden Geldleistung zu erfolgen.[12] Sieht der Vertrag keinen derartigen Ausgleich vor, so ist er nach § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig.[13] Die Höhe der Ausgleichszahlung bemisst sich dabei anhand der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihrer künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen.[14] Handelt es sich bei der herrschenden Gesellschaft um eine AG oder KGaA, kann anstatt eines festen Ausgleichsbetrags auch die Zahlung desjenigen Betrags vereinbart werden, der auf die Aktien der herrschenden Gesellschaft jeweils als Gewinnanteil entfällt.[15] Ist ein vertraglich geregelter Ausgleich nicht angemessen, so ist jeder außenstehende Aktionär berechtigt, gerichtlich die Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs zu beantragen.[16]

 

Rz. 33

Neben der Festlegung einer angemessenen Ausgleichszahlung hat ein Beherrschungsvertrag Bestimmungen sowohl über die Verpflichtung als auch über die Form der Ermittlung der angemessenen Abfindung außenstehender Aktionäre zu enthalten.[17] § 305 Abs. 2 AktG regelt die Art der Abfindung in Abhängigkeit von der Rechtsform der herrschenden Gesellschaft. Firmiert die herrschende Gesellschaft in der Rechtsform der AG oder KGaA mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR und ist die herrschende Gesellschaft weder abhängig noch in Mehrheitsbesitz stehend, so muss die Abfindung in Form von Aktien des herrschenden Unternehmens angeboten werden.[18] Ist die herrschende Gesellschaft hingegen eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende AG oder KGaA und wird diese durch eine Obergesellschaft (AG oder KGaA) mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR beherrscht, so muss im Beherrschungsvertrag entweder eine Abfindung in Aktien der Obergesellschaft oder eine Barabfindung vereinbart werden.[19] In allen anderen Fällen hat der Vertrag eine Barabfindung vorzusehen.[20] Ist eine Abfindung nicht oder nicht in angemessener Höhe vertraglich geregelt, so ist jeder außenstehende Aktionär berechtigt, gerichtlich die Festset...

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