Ein Praxisbeispiel soll aufzeigen, wie eine Unternehmensnachfolge vorbereitet und umgesetzt werden kann. Zur Situation: Das inhabergeführte Maschinenbau-Unternehmen existiert bereits in der dritten Generation. Es ist in einer strukturell schwächeren Region angesiedelt und beschäftigt rund 25 Mitarbeiter. Der Inhaber des Unternehmens ist Anfang 60 und will sich in 5 bis 10 Jahren zur Ruhe setzen. Ein familieninterner Nachfolger ist vorhanden, befindet sich aber noch im Studium und verfügt somit weder über Berufserfahrung noch über unternehmerische Expertise. Er muss folglich in die Führungsverantwortung noch hineinwachsen.

Die Maschinen, die das Unternehmen entwickelt, werden europaweit vertrieben und in der Metall- und Automationstechnik eingesetzt. Der Verkaufspreis der Maschinen beträgt je nach Ausstattung zwischen 100 und 500 TEUR, wobei im Wesentlichen Maschinen im unteren Preissegment veräußert werden. Der jährliche Umsatz des Unternehmens schwankt zwischen 5 und 7 Mio. EUR.

Zur Umsetzung des Geschäfts steht ein Vertriebsteam zur Verfügung, das in regionalen Verkaufsgebieten eingesetzt wird. Unterstützt wird der Vertrieb durch Service- und Technik-Mitarbeiter, die für die technische Entwicklung, für individuelle Ausstattungen sowie die Inbetriebnahme der Maschinen verantwortlich sind. Gefertigt werden die Maschinen in ihrer Grundausstattung in Asien. Nach Lieferung erfolgt die kundenspezifische Anpassung am Unternehmenssitz.

4.1 Ziele des Firmeninhabers im Rahmen der Nachfolge

Die Aufgabenstellung im Beratungsprojekt war, das Unternehmen auf den Nachfolgeprozess vorzubereiten. Der Firmeninhaber hatte das Ziel, seine Firma in 2 bis 3 Jahren so gut aufzustellen, dass

  • der familieninterne Nachfolger ein wachsendes Unternehmen vorfindet;
  • ein externer Partner akquiriert werden kann, der entweder als strategischer Partner oder als Finanzinvestor zwischen 20 und 30 % der Anteile erwirbt und somit die weitere Expansion begleitet und Synergien freisetzt;
  • der Firmeninhaber sich im angestrebten Zeitraum ruhigen Gewissens aus dem Unternehmen zurückziehen kann und die Firma ihm durch den Anteilsverkauf eine angemessene Altersabsicherung garantiert.

4.2 Erkenntnisse aus der Unternehmensanalyse

Die Bestandsaufnahme des Unternehmens führte zu folgenden Erkenntnissen:

  • Das Unternehmen orientierte sich zwar an den operativen Anforderungen, war organisatorisch jedoch nicht optimal aufgestellt. Verantwortlichkeiten waren nicht klar definiert, Zielvereinbarungen fehlten.
  • Die Vertriebsorganisation war in die Informationssysteme der Firma eingebunden, nutzte diese aber nicht ausreichend. Eine zentrale Steuerung fand außerdem nicht statt. Durch eine hohe Fluktuation an Mitarbeitern kam es immer wieder zu Know-how-Verlusten und Neueinarbeitungen. Eine große Schwankungsbreite beim Umsatz war die Konsequenz aus dieser Situation.
  • Im Bereich "Service/Technik" fehlte eine klare Führungsstruktur. Die Leistungseffizienz war nicht messbar, weil Aufzeichnungen über die Einsatzstunden nicht geführt wurden. Darüber hinaus war der Bereich personell unterbesetzt, was mit einer hohen Überstundenbelastung einherging. Dies bedingte einen überdurchschnittlich hohen Krankheitsstand.
  • Der kaufmännische Bereich war für die augenblickliche Unternehmensgröße zwar passend besetzt, aber nicht hinreichend auf ein moderates Wachstum ausgerichtet. Ein systematisches Controlling fand nicht statt, ein regelmäßiges Reporting auf Führungsebene war nicht eingeführt.
  • Das Unternehmen hatte keine klare Markt- und Sortimentsstrategie formuliert. Entscheidungen wurden häufig aus dem Bauch heraus getroffen. Die Technologie war vom Markt akzeptiert, besaß aber noch weiteres Potenzial für den Wachstumsmarkt "Maschinenbau". Eine Auseinandersetzung mit innovativen Lösungsansätzen (Digitalisierung, Industrie 4.0, Internet of Things) fand nicht statt.

4.3 Potenziale und Maßnahmen

Basierend auf der Unternehmensanalyse wurden folgende Potenziale identifiziert.

4.3.1 Kurzfristige Maßnahmen

  1. Schaffung von Vertriebseffizienz durch Umstrukturierung der Vertriebsorganisation mit stärkerer Fokussierung auf die Vertriebssteuerung durch:

    • Vertriebliche Besetzung der Regionen nach Kaufkraft
    • Bessere Steuerung der Vertriebsorganisation durch die Zentrale
    • Veränderung des Provisions- und Prämiensystems mit stärkerer Gewichtung des Erreichens von Zielvereinbarungen
  2. Schaffung von Transparenz im Service-/Technikbereich durch Einführung einer Kostenrechnung und Weiterberechnung von Zusatzleistungen an den Endkunden durch:

    • Besetzung eines internen Leiters mit Ergebnisverantwortlichkeit
    • Definition von Leistungsmerkmalen für die Sparte
    • Einführung einer Auftragsnachkalkulation
  3. Verbesserung der Kalkulation und des Controllings, um das Unternehmen auf die Wachstumsanforderungen vorzubereiten, durch:

    • Einführung einer maschinen- und spartenbezogenen Kostenrechnung
    • Einführung eines monatlichen Reportingsystems

4.3.2 Mittelfristige Maßnahmen

  1. Entwicklung von Vision, Leitbild und Strategie für die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens
  2. Umwandlung des Unternehmens zu einer lernenden Organisation durch hohe Steuerungskompetenz und Zahlentransparenz
  3. Entwicklung einer moderaten Wachstumsstrategie
  4. Anp...

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