Leitsatz

1. Bei Nichtüberschreiten der Drei-Objekt-Grenze wird in Fällen der Grundstücksbebauung der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nur überschritten, wenn der (unbedingte) Entschluss zur Grundstücksveräußerung spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses der auf die Bebauung gerichteten Verträge gefasst worden ist.

2. Zur Frage der Nachhaltigkeit bei Errichtung mehrerer Gebäude auf einem – im Anschluss an die Bebauung veräußerten – Grundstück.

 

Normenkette

§ 15 EStG

 

Sachverhalt

Eine GbR hatte im März 1991 zwei nebeneinander liegende Grundstücksparzellen erworben und diese anschließend zu einem Grundstück vereinigt. Auf dem Gelände wurden nach eigenen Plänen der GbR drei Gebäude errichtet: eine im Oktober 1991 fertiggestellte Gewerbehalle (Bauvertrag Juli 1991), eine zweite im September 1992 fertiggestellte Gewerbehalle (Bauauftrag Juli 1992) sowie ein im Dezember 1992 fertiggestelltes Bürogebäude (Planungsauftrag 1992). Sämtliche Gebäude wurden bereits vor Fertigstellung auf zehn Jahre vermietet. Kauf und Bebauung wurden vollständig mit Krediten finanziert, die nur eine kurze Laufzeit hatten oder jederzeit kündbar waren.

Im Oktober 1992 erteilte die GbR einem Interessenten aus einem weit entfernt liegenden Ort ein notarielles Kaufangebot auf der Grundlage einer 12,5-fachen Jahresrohmiete. Das Angebot wurde im Dezember 1992 angenommen.

Das FA sah darin einen gewerblichen Grundstückshandel und ermittelte einen Gewinn von ca. 1,7 Mio. DM. Gegen den GewSt-Messbescheid 1992 erhob die GbR erfolglos Klage vor dem FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.07.2005, 3 K 552/04, Haufe-Index 1621714).

 

Entscheidung

Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das FG. Es müsse noch festgestellt werden, ob die GbR von Anfang an oder zumindest vor Beginn einzelner Bauabschnitte eine unbedingte Veräußerungsabsicht gehabt habe.

 

Hinweis

1. Das Urteil gehört zu einer Kette von Entscheidungen des BFH zum gewerblichen Grundstückshandel in Fällen einer Veräußerung von weniger als vier Objekten.

Die Entscheidungen betreffen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs "Überschreitung privater Vermögensverwaltung". Dieses Merkmal betrachtet die Rechtsprechung regelmäßig als erfüllt, wenn mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren veräußert werden. Werden weniger Objekte veräußert, verlangt der BFH eine unbedingte Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs des Objekts bzw. des Beginns der Bebauung. Die Absicht müsse aufgrund objektiver Umstände zweifelsfrei feststehen und spätestens bei Abschluss der auf die Bebauung gerichteten Verträge vorgelegen haben.

2. Das Bestehen der Absicht ist außerdem für die Prüfung der Nachhaltigkeit von Bedeutung, wenn nur ein Objekt veräußert worden ist. In solchen Fällen liegt nach der Rechtsprechung Nachhaltigkeit vor, wenn bei der Planung und Errichtung des Objekts mehr Maßnahmen ergriffen werden, als es für jedes Gebäude erforderlich ist. Heranzuziehen sind dafür nur Tätigkeiten, die nach Entstehen des unbedingten Veräußerungsentschlusses entfaltet worden sind.

3. Auf das Bestehen der unbedingten Veräußerungsabsicht kann nach Meinung des BFH nicht allein aus der zeitlichen Nähe zwischen Verkauf und Bebauung geschlossen werden. Darauf hatte aber das FG hier seine Entscheidung gestützt und sich auf den zeitlichen Abstand von 21 Monaten berufen.

Im Rahmen der Hinweise für das erneute Verfahren vor dem FG nimmt der BFH dazu Stellung, welche Indizien für eine Veräußerungsabsicht sprechen. Hierzu gehören etwa die Beauftragung eines Maklers und die Finanzierung mit kurzfristigen Krediten. Eine langfristige Vermietung spricht umgekehrt nicht gegen eine Veräußerungsabsicht. Aus der Höhe des Veräußerungsgewinns kann nicht auf eine Veräußerungsabsicht geschlossen werden.

4. Die zeitliche Staffelung der Bebauung im Urteilsfall gab dem BFH Anlass für den Hinweis, dass bei mehreren Gebäuden die Frage nach der unbedingten Veräußerungsabsicht in Bezug auf jeden Bauschnitt zu stellen ist. Wird das gesamte Objekt veräußert und wurde der unbedingte Veräußerungsentschluss vor einem späteren Bauabschnitt gefasst, werden gewerbliche Einkünfte anteilig in Bezug auf den anschließend errichteten Gebäudekomplex erzielt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.12.2008 – IV R 77/06

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