BMF, 29.05.1992, IV A 2 - S 7300 - 63/92

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Einschaltung von Personengesellschaften beim Erwerb oder der Errichtung von Betriebsgebäuden der Kreditinstitute

Unternehmer, die nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfreie Umsätze ausführen (insbesondere Kreditinstitute), sind insoweit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Dies gilt auch hinsichtlich der Leistungsbezüge beim Erwerb oder der Errichtung von Betriebsgebäuden. Der Ausschluß vom Vorsteuerabzug tritt dagegen nicht ein, wenn ein Unternehmer ein von ihm angeschafftes oder errichtetes Gebäude unter Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG an einen anderen Unternehmer vermietet.

Kreditinstitute gehen zunehmend dazu über, Betriebsgebäude von umsatzsteuerrechtlich selbständigen Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co. KG), an denen die Kreditinstitute als Gesellschafter allein oder mehrheitlich beteiligt sind, erwerben oder errichten zu lassen. Die Personengesellschaften vermieten die Gebäude anschließend steuerpflichtig an die Kreditinstitute (s. auch 5.).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu folgendes:

 

1. Leistungsbeziehungen

Zunächst ist zu prüfen, ob die Rechtsbeziehungen zwischen Kreditinstitut und Personengesellschaft ernsthaft vereinbart sind und diesen Vereinbarungen entsprechend auch tatsächlich durchgeführt werden. Ist dies nicht der Fall (z. B. bei fehlenden oder unregelmäßigen Mietzahlungen), kann die Personengesellschaft den Vorsteuerabzug mangels Unternehmereigenschaft oder mangels Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze nicht in Anspruch nehmen. Das gleiche gilt, wenn die Leistungen (z. B. der Bauhandwerker) statt von der Personengesellschaft unmittelbar vom Kreditinstitut empfangen werden (vgl. Abschn. 192 Abs. 13 UStR).

 

2. Entgelt für die Vermietungsleistung

Falls das Kreditinstitut der Personengesellschaft ein unverzinsliches Darlehen oder ein Darlehen zu marktunüblich niedrigen Zinsen gewährt, gehört neben der vereinbarten Miete auch der Vorteil, der der Personengesellschaft aus einem solchen Darlehen erwächst, zum Entgelt für die Vermietungsleistung (vgl. BFH-Beschluß vom 12.11.1987, BStBl 1988 II S. 156). Die Bemessungsgrundlage für diesen tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) mit Baraufgabe setzt sich zusammen aus der vereinbarten Miete und aus dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) der Gegenleistung (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der gemeine Wert der Gegenleistung bestimmt sich in diesen Fällen nach § 15 Abs. 1 BewG (vgl. BFH-Urteil vom 28.2.1991, BStBl 1991 II S. 649). Danach ist der gemeine Wert (= Jahreswert der Nutzungsüberlassung der Darlehenssumme), wenn kein anderer Wert feststeht, mit 5,5 v. H. der Geldsumme anzunehmen.

Beispiel 1

Eine Personengesellschaft errichtet ein Bankgebäude (Herstellungskosten 3 Mio DM) und vermietet es für jährlich 90.000 DM zuzüglich 12.600 DM USt an ein Kreditinstitut. Zur Finanzierung des Gebäudes erhält die Personengesellschaft von dem Kreditinstitut ein mit 2 v. H. zu verzinsendes Darlehen über 2 Mio DM. Für den Jahreswert der Nutzungsüberlassung steht kein Wert fest.

Das Entgelt für die Vermietungsleistung ist im Besteuerungszeitraum wie folgt zu ermitteln:

1. Baraufgabe (tatsächlich vereinbarte Miete)   90.000 DM
2. gemeiner Wert gem. § 15 Abs. 1 BewG 5,5 v. H. von 2 Mio DM = 110.000 DM  
abzüglich vereinbarte Kreditkosten 2 v. H. von 2 Mio DM = 40.000 DM  
jährlicher Vorteil aus gewährtem Darlehen 70.000 DM  
abzüglich darin enthalten USt 8.596 DM 61.404 DM
Entgelt für die steuerpflichtige Vermietungsleistung   151.404 DM
 

3. Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage

Die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG 1. V. m. § 10 Abs. 4 UStG) für die Vermietungsleistung der Personengesellschaft kommt in Betracht, wenn das Kreditinstitut Gesellschafter der Personengesellschaft ist.

Ist das für die Vermietungsleistung anzusetzende Entgelt (vgl. Nummer 2 dieses Schreibens) niedriger als die nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG maßgeblichen Kosten, so sind diese Kosten als Bemessungsgrundlage anzusetzen.

Die maßgeblichen Kosten sind nach den Regelungen in Abschnitt 155 Abs. 2 UStR unter Beachtung von Abschnitt 158 Abs. 3 UStR zu ermitteln.

Beispiel 2

Sachverhalt wie Beispiel 1. Die laufenden Kosten für das Bankgebäude (Grundbesitzabgaben, Reparaturen, Versicherungen usw.) betragen 20.000 DM jährlich.

Die maßgeblichen Kosten (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG) sind wie folgt zu ermitteln:

AfA Gebäude (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG)  
4 v. H. von 3 Mio DM 120.000 DM
Finanzierungskosten (nur tatsächlicher Aufwand)  
2 v. H. von 2 Mio DM 40.000 DM
laufende Kosten 20.000 DM
maßgebliche Kosten 180.000 DM

Die maßgeblichen Kosten (180.000 DM) sind als Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen, weil sie das Entgelt für die steuerpflichtige Vermietungsleistung (151.404 DM) übersteigen.

 

4. Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO)

Auch eine ernsthaft vereinbarte und tatsächlich durchgefü...

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