BMF, 25.4.2023, III C 2 - S 7116 - a/19/10001 :003

 

I. Grundsätzliches

1

Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019, BGBl 2019 I S. 2451, wurden nach § 3 Absatz 6 UStG ein neuer Absatz 6a angefügt und in Absatz 6 die Sätze 5 und 6 gestrichen. Diese Gesetzesänderung dient zum einen der Umsetzung von Artikel 36a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 zum gemeinsamen Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).

2

Der durch Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates vom 4. Dezember 2018 in die MwStSystRL eingeführte Art. 36a enthält erstmals eine ausdrückliche unionsrechtliche Regelung zur Zuordnung der Warenbewegung (Beförderung oder Versendung) beim Reihengeschäft im innergemeinschaftlichen Handel. Danach wird diese, wenn sie durch einen Zwischenhändler erfolgt, grundsätzlich nur der Lieferung an ihn zugeordnet. Abweichend hiervon wird die Warenbewegung jedoch der Lieferung durch den Zwischenhändler zugeordnet, wenn der Zwischenhändler seinem Lieferer die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt hat, die ihm vom Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände befördert oder versendet werden, erteilt worden ist.

Der Begriff „Zwischenhändler” bezeichnet zum Zwecke dieser Vorschrift einen Lieferer innerhalb einer Reihe (mit Ausnahme des ersten Lieferers in der Reihe), der die Gegenstände selbst oder auf seine Rechnung durch einen Dritten befördert oder versendet.

3

Zum anderen dient die Gesetzesänderung der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten bei der Zuordnung der Beförderung oder Versendung bei Reihengeschäften, die infolge der Rechtsprechung des BFH entstanden sind (vgl. dazu insbesondere die BFH-Urteile vom 28. Mai 2013 – XI R 11/09, BStBl 2023 II S. XXX, vom 25. Februar 2015 – XI R 15/14, BStBl 2023 II S. XXXund vom 25. Februar 2015 – XI R 30/13, BStBl 2023 II S. XXX). Hierzu wurde insbesondere gesetzlich klargestellt, dass bei der Zuordnung der bewegten Lieferung in solchen Fällen grundsätzlich maßgeblich ist, durch wen die Beförderung bzw. Versendung der Gegenstände erfolgt ist.

 

II. Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

4

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 18. April 2023 – III C 2 – S 7282/19/10001 :005 (2023/0369566), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:

  1. Abschnitt 3.14 wird wie folgt gefasst:

    „3.14. Reihengeschäfte

    Begriff des Reihengeschäfts

    (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG)

    (1) 1Liefergeschäfte im Sinne des § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG, die von mehreren Unternehmern über denselben Gegenstand abgeschlossen werden und bei denen dieser Gegenstand im Rahmen einer Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer (Ort der Lieferung des ersten Unternehmers) an den letzten Abnehmer gelangt, werden nachfolgend als Reihengeschäfte bezeichnet.

    2Ein besonderer Fall des Reihengeschäfts ist das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG (vgl. Abschnitt 25b.1).

    (2) 1Bei Reihengeschäften werden im Rahmen einer Warenbewegung (Beförderung oder Versendung) mehrere Lieferungen ausgeführt, die in Bezug auf den Lieferort und den Lieferzeitpunkt jeweils gesondert betrachtet werden müssen. 2Die Warenbewegung des Gegenstands ist nur einer der Lieferungen zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG). 3Diese ist die Beförderungs- oder Versendungslieferung (bewegte Lieferung); nur bei ihr kommt die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen (§ 6 UStG) oder für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 6a UStG) in Betracht. 4Bei allen anderen Lieferungen in der Reihe findet keine Warenbewegung statt (ruhende Lieferungen). 5Sie werden entweder vor oder nach der Beförderungs- oder Versendungslieferung ausgeführt (§ 3 Abs. 7 Satz 2 UStG). 6Liefergeschäfte, die von mehreren Unternehmern über denselben Gegenstand abgeschlossen werden und bei denen keine Beförderung oder Versendung stattfindet (z. B. Grundstückslieferungen oder Lieferungen, bei denen die Verfügungsmacht durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts oder durch Abtretung des Herausgabeanspruchs verschafft wird), können nicht Gegenstand eines Reihengeschäfts sein.

    (3) 1Die Beförderung oder Versendung kann durch einen an einem Reihengeschäft beteiligten Lieferer, Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten durchgeführt werden. 2Ein Beförderungs- oder Versendungsfall liegt daher auch dann vor, wenn der letzte Abnehmer den Gegenstand der Lieferung selbst abholt oder abholen lässt (Abholfall). 3Beauftragter Dritter kann z. B. ein Lohnveredelungsunternehmer, ein selbständiger Spediteur oder ein Lagerhalter sein, der jeweils nicht unmittelbar in die Liefervorgänge eingebunden ist.

    (4) 1Das unmittelbare Gelangen im Sinne des § 3 Abs. 6a Satz 1UStG setzt grundsätzlich eine Beförderung oder Versendung durch einen am Reihen...

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