Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Frage, ob die Klägerin, eine Grundstücks-Vermietungsgesellschaft, ihre Umsätze aus der Vermietung eines Verwaltungsgebäudes mit Tiefgarage an eine Industrie- und Handelskammer, eine Einrichtung des öffentlichen Rechts (im Folgenden: IHK), die das Gebäude neben der Selbstnutzung auch teilweise (Büroflächen und Tiefgaragenplätze) an Dritte steuerpflichtig vermietete, wirksam als umsatzsteuerpflichtig behandeln konnte, um den Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Gebäudes zu erlangen.

Kernpunkt des Rechtsstreits war die Frage, ob die IHK mit ihrer langfristigen Vermietung der Büroräume und PKW-Stellplätze an Dritte selbst unternehmerisch tätig geworden ist, so dass die Klägerin wirksam zur Steuerpflicht ihrer Umsätze optieren konnte.

Die Klägerin errichtete auf einem Grundstück ein Gebäude mit Tiefgarage und überließ es entsprechend der vertraglichen Vereinbarung komplett der IHK. Diese nutzte einen Teil des Gebäudes für eigene Zwecke und vermietete den Rest an umsatzsteuerpflichtige Dritte weiter bzw. bemühte sich um eine solche Vermietung. Die Stellplätze der Tiefgarage wurden zum Teil von der IHK selbst genutzt, zum Teil langfristig an die Mieter der Büroflächen weitervermietet und im Übrigen kurzfristig gegen Entgelt Fremdparkern zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin hatte gemäß § 9 UStG auf die Umsatzsteuerbefreiung ihrer Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichtet. Das für die Klägerin zuständige Finanzamt vertrat die Ansicht, dass der Verzicht der Klägerin nach § 9 UStG auf die Umsatzsteuerbefreiung ihrer Vermietungsumsätze an die IHK sei nicht wirksam, soweit die IHK ihrerseits die von der Klägerin angemieteten Büroflächen und Tiefgaragenstellplätze langfristig an Dritte steuerpflichtig weitervermietete. Denn insoweit sei die IHK nicht unternehmerisch tätig geworden. Zur Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass die IHK als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen eines "Betriebs gewerblicher Art" (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) unternehmerisch tätig sein könne. Dies treffe allenfalls für die kurzfristige PKW-Stellplatzüberlassung zu; die langfristige Vermietung sei als bloße Vermögensverwaltung kein "gewerblicher Betrieb" i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG. Die IHK sei insoweit deshalb nicht unternehmerisch i. S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG tätig.

Die Auffassung des für die Besteuerung der Klägerin zuständigen Finanzamts wurde allerdings von dem für die Besteuerung der IHK zuständigen Finanzamt nicht geteilt. Dieses bejahte die Unternehmereigenschaft der IHK hinsichtlich deren Vermietungstätigkeit und ebenso die Rechtmäßigkeit des von der IHK erklärten Verzichts auf die Steuerfreiheit ihrer Vermietungsumsätze an Dritte.

Das FG entschied, der Klägerin stehe der Vorsteuerabzug zu, weil sie gemäß § 9 Abs. 1 UStG wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet habe, soweit ihre gegenüber der IHK erbrachte bzw. im Streitjahr beabsichtigte Vermietungsleistung den Teil der Tiefgarage und der Büroflächen umfasse, den die IHK ihrerseits umsatzsteuerpflichtig an andere Unternehmer weitervermietet habe bzw. im Streitjahr weiter zu vermieten beabsichtigte. Denn die IHK sei zwar nach deutschem Umsatzsteuerrecht (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) insoweit nicht unternehmerisch tätig geworden. Auf der Grundlage von Artikel 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie sei die IHK für die hier im Streitfall in Frage stehenden Vermietungsumsätze entgegen § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG aber richtlinienkonform als Steuerpflichtiger und damit als Unternehmer zu behandeln. Die IHK habe damit auch ihrerseits zu Recht auf die Umsatzsteuerfreiheit der von ihr an Dritte ausgeführten Vermietungsumsätze verzichtet.

Im Streitfall lägen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der IHK vor, wenn diese als Nichtunternehmer behandelt werde. Dies ergebe sich aus dem von der Klägerin zu den Akten gereichten "Report ..." einer Immobilien-GmbH sowie aus dem Bericht der bei der IHK durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung. In dem Bericht wird u. a. ausgeführt, von einer größeren Wettbewerbsverzerrung sei stets dann auszugehen, wenn einer der beteiligten Wirtschaftsteilnehmer durch eine ungleiche Behandlung so beeinträchtigt werde, dass er am Markt mit den anderen Mitbewerbern nicht mehr erfolgreich konkurrieren könne und somit im Ergebnis aus dem Markt gedrängt werde. Dies - so das FG - sei bei der IHK zu bejahen, wenn ihr im Falle der Versagung der Unternehmereigenschaft und der damit fehlenden Möglichkeit der Option zur Steuerpflicht der Vorsteuerabzug nicht zustünde. Denn dann ergäben sich zusätzliche Kosten von 3,34 DM/qm Mietfläche (Mehrkosten von 15 %), d. h. der wirtschaftliche Nachteil für die IHK bei einer Gesamtfläche von 1 280 qm würde sich insgesamt auf monatlich rund 4 275 DM (51 300 DM jährlich) summieren. Damit wäre die IHK nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber ihren privaten Mitbewerbern in d...

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