Leitsatz

1. Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gegen Einräumung eines obligatorischen Nutzungsrechts (Gewinnbezugsrechts) zugunsten eines vom Schenker bestimmten Dritten stellt eine Schenkung unter Leistungsauflage dar, wenn der Bedachte verpflichtet ist, die ihm aufgrund der Beteiligung zustehenden Gewinne an den Dritten auszukehren (Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 12.04.1989, II R 37/87, Haufe-­Index 62883, BStBl II 1989, 524).

2. Ist der Bedachte durch eine Auflage zu Geldzahlungen verpflichtet, ist regelmäßig von einer Leistungsauflage auszugehen.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Die an mehreren Unternehmen beteiligte H (Schenkerin) übertrug mit Vertrag vom 19.05.1997 Gesellschaftsanteile an einer GmbH & Co. KG und an einer GmbH an ihren Neffen, den Kläger. Der Verkehrswert der Anteile betrug 34 444 000 DM, der Steuerwert 31 157 788 DM. Als Kaufpreis zahlte der Kläger 9 300 000 DM. Ferner räumte er in Erfüllung einer von der Schenkerin gemachten Auflage deren Adoptivkindern ein lebenslängliches obligatorisches Nutzungsrecht an den geschenkten Anteilen ein. Danach sollten die Adoptivkinder für die Dauer ihres Lebens die auf diese Gesellschaftsanteile entfallenden entnahmefähigen Gewinne erhalten. Der Verkehrs- und Steuerwert des Nutzungsrechts betrug 12 968 939 DM.

Das FA beurteilte das obligatorische Nutzungsrecht als Nutzungsauflage. Es ermittelte die schenkungsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage entsprechend Abschn. 17 Abs. 2 ErbStR 2003, indem er zunächst den Steuerwert der Gesellschaftsanteile in dem Verhältnis aufteilte, in dem der Verkehrswert der Anteile nach Abzug des Kaufpreises (= Verkehrswert der Bereicherung) zu dem Verkehrswert der Anteile stand. Das Nutzungsrecht wurde in Höhe seines Steuerwerts insoweit abgezogen, als es in dem nach Abschn. 17 Abs. 2 ErbStR 2003 ermittelten Verhältnis auf die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile entfiel. Die Schenkungsteuer setzte das FA auf 733 248 DM (374 903 EUR) fest.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG (FG Münster, Urteil vom 22.01.2009, 3 K 5462/06 Erb, Haufe-Index 2153863, EFG 2009, 1056) beurteilte das obligatorische Nutzungsrecht ebenfalls als Nutzungsauflage.

 

Entscheidung

Der BFH wies jetzt die Revision des Klägers als unbegründet zurück, indem er – anders als das FA und das FG – von einer Leistungsauflage ausging, die aber zu keiner niedrigeren Steuerfestsetzung führen konnte.

 

Hinweis

1. Bei Schenkung unter Lebenden kommt es mit Blick auf die Schenkungsteuerfestsetzung auf die auf Kosten des Zuwendenden eingetretene Bereicherung des Bedachten an (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Bei Schenkungen unter Auflagen differenziert die Rechtsprechung dabei zwischen Nutzungs- bzw. Duldungsauflagen einerseits und Leistungsauflagen andererseits. Während mit Blick auf die Bereicherung des Beschenkten erstere durch Abzug der Last zu berücksichtigen sind, behandelt die Rechtsprechung letztere wie eine gemischte Schenkung, sodass mit den Worten des BFH "nur der die Gegenleistung übersteigende Wert der (gemischten) freigebigen Zuwendung schenkungsteuerrechtlich relevant ist". Daran hält der BFH auch fest.

2. Was die Abgrenzung im Einzelfall angeht, konkretisiert der BFH nun aber seine Rechtsprechung.

a) Danach liegt eine Leistungsauflage vor, soweit der Bedachte qua Auflage zu Leistungen verpflichtet wird, die er unabhängig vom Innehaben des auf ihn übergegangenen Gegenstands oder Rechts auch aus seinem persönlichen Vermögen erbringen kann oder soweit er den Zuwendenden von diesem obliegenden Leistungspflichten zu befreien hat. Bei der Verpflichtung zu Geldzahlungen ist insoweit regelmäßig von einer Leistungsauflage auszugehen, und zwar auch dann wenn sich die Höhe der Zahlungsverpflichtung nach den Erträgnissen aus dem eigentlichen Zuwendungsgegenstand richtet.
b) Von einer Nutzungs- und Duldungsauflage ist hingegen auszugehen, wenn der Bedachte zwar um den Zuwendungsgegenstand i.S.d. Eigentums oder Rechts an ihm bereichert ist, ihm aber die Nutzungen der Sache oder des Rechts nicht sofort gebühren sollen.
c) Was den Streitfall angeht, so handelte es sich um einen Grenzfall, denn es lag zwar ein obligatorisches Nutzungsrecht an den Gesellschaftsanteilen vor, dieses war aber inhaltlich auf einen Zahlungsanspruch gerichtet, den der Kläger auch aus seinem persönlichen Vermögen erfüllen konnte. Zwar hatte der BFH in seinem Urteil vom 12.04.1989 (II R 37/87, Haufe-Index 62883, BStBl II 1989, 524) das "obligatorische Nutzungsrecht" noch als Beispielsfall für ein als Nutzungsauflage zu beurteilendes Recht benannt. Dieser etwas zu allgemein ­gehaltene Verweis war allerdings etwas missverständlich und stellt der BFH deshalb jetzt klar, dass eine Nutzungsauflage jedenfalls dann nicht (mehr) angenommen werden kann, wenn der Bedachte im Zusammenhang mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwar das Recht zur Fruchtziehung erlangt, er aber verpflichtet ist, die ihm zustehenden Gewinne an den Schenker...

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