Kommentar

Wohnt ein Elternpaar im Inland und leben die beiden Elternteile dauernd getrennt , kann auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen werden. Eine Übertragung ist nur möglich, wenn der eine Elternteil, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im wesentlichen oder nur zu einem unwesentlichen Teil nachkommt oder wenn der andere Elternteil dem Antrag zustimmt ( § 32 Abs. 6 EStG 1987/1990).

Praxis-Beispiel

Beispiele: 1. Herr F und Frau F sind geschieden. Ihre 17 Jahre alte Tochter besucht die Schule und lebt im Haushalt der Mutter. Herr F war aufgrund eines Urteils des Kreisgerichts X in der ehemaligen DDR verpflichtet, an das Kind einen Unterhaltsbeitrag von 80 Mark (jetzt DM) monatlich zu zahlen. Dieser Pflicht ist er nachgekommen. Bei der Veranlagung der Frau F zur Einkommensteuer für 1993 zieht das Finanzamt nur den einfachen Kinderfreibetrag von 2052 DM ab. Eine Übertragung des Kinderfreibetrags des Herrn F auf Frau F lehnt es ab, da Herr F seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist.

2. Frau G ist Lehrerin. Sie ist von ihrem Ehemann geschieden. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, die sich in Berufsausbildung befinden. Ihr geschiedener Ehemann ist aufgrund eines Gerichtsbeschlusses verpflichtet, an seine beiden Söhne je 85 DM monatlich Unterhalt zu bezahlen. Dieser Verpflichtung ist er nur für 7 Monate nachgekommen. Frau G zahlt für die beiden auswärts studierenden Söhne monatlich 800 DM Unterhalt. Deswegen beantragt sie in ihrer Steuererklärung die (doppelten) Kinderfreibeträge und die vollen Ausbildungsfreibeträge. Das Finanzamt berücksichtigt nur die einfachen Kinderfreibeträge und die halben Ausbildungsfreibeträge.

Der Kinderfreibetrag des Vaters des Kindes/der Kinder kann nur auf seine frühere Ehefrau übertragen werden, wenn er seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind/den Kindern für das Kalenderjahr nur zu einem unwesentlichen Teil nachgekommen ist. Die Unterhaltsverpflichtung richtet sich nicht nach dem Unterhaltsbedarf des Kindes/der Kinder, sondern nach der nach den konkreten Umständen bestehenden Unterhaltspflicht des jeweiligen Elternteils. Einer Unterhaltsverpflichtung kann nur derjenige nachkommen, der konkret unterhaltspflichtig ist.

Die Übertragung des Kinderfreibetrags ist auch dann nicht gerechtfertigt , wenn der eine Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung zwar nachgekommen ist, sein Unterhaltsbeitrag jedoch absolut oder im Vergleich zum Unterhaltsbeitrag des anderen geringfügig ist. Das gilt auch, wenn sich die Höhe der Unterhaltsverpflichtung aus einem Urteil der ehemaligen DDR ergibt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.07.1997, VI R 113/95

BFH, Urteil v. 25.7.1997, VI R 129/95.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge