Rz. 9

Eine zweite Möglichkeit der Systematisierung ergibt sich anhand der Rechtsstellung des Treuhänders und der Einschränkung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Treugebers über das Treugut. Bei der sog. Vollrechtstreuhand steht dem Treuhänder die volle Rechtsstellung eines Eigentümers zu (fiduziarische Treuhandschaft) und das Treuhandverhältnis soll nach außen häufig sogar verdeckt werden ("Strohmann"). Zwar darf der Treuhänder seine Rechtsstellung nur im Interesse des Treugebers ausüben, wie es im Innenverhältnis durch den Treuhandvertrag bestimmt wird, jedoch erhält er grundsätzlich mehr Rechtsmacht, als wirtschaftlich zur Ausführung des Treuhandzwecks erforderlich ist. Diese überschießende Rechtsmacht kann für den Treugeber erhebliche Risiken in sich bergen, da die Rechtsgeschäfte des Treuhänders mit Dritten auch dann wirksam sind, wenn sie gegen den Treuhandvertrag mit dem Treugeber verstoßen. In diesen Fällen kann der Treugeber nur seinen schuldrechtlichen Anspruch aus dem Innenverhältnis geltend machen.[1] Die Risiken lassen sich jedoch dadurch reduzieren, dass dem Treuhänder das Vollrecht am Treugut zusammen mit einer auflösenden Bedingung gewährt wird, die bei Eintritt einen unmittelbaren Rückfall des Treuguts an den Treugeber bewirkt. Grundsätzlich besteht somit für den Treugeber ein Anspruch auf Rückübertragung, der aber u. U. im Klageweg durchgesetzt werden muss.[2]

 

Rz. 10

Dagegen wird bei der sog. Ermächtigungstreuhand nicht das "Vollrecht" am Treugut, sondern lediglich die Ermächtigung zur Verfügung im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung auf den Treuhänder übertragen. Die Rechtsgrundlage der Ermächtigungstreuhand bildet § 185 Abs. 1 BGB, nach dem die Verfügung eines Nichtberechtigten (Treuhänder) über einen Gegenstand wirksam ist, wenn sie mit der Einwilligung des Berechtigten (Treugeber) erfolgt. Der Treugeber kann dabei weiterhin über das Treugut verfügen, solange der Treuhänder von seiner Ermächtigung dazu nicht Gebrauch macht. Grundsätzlich kann der Treugeber jederzeit seinen Widerruf aussprechen. Die Ermächtigung erlischt am Ende der Inhaberschaft bzw. gem. § 168 BGB mit dem Ende des Treuhandvertrags.[3]

 

Rz. 11

Letztlich bewirkt eine Vollmacht gem. § 167 BGB das Handeln im fremden Namen und für fremde Rechnung. Insofern stellt der Bevollmächtigte im rechtlichen Sinne keinen Treuhänder dar.[4] Aus wirtschaftlicher Sichtweise kann jedoch auch dann noch von einer Treuhandschaft ausgegangen werden, wenn zwar der Treuhänder nicht Inhaber des Vollrechts ist, er nach außen jedoch erkennbar im fremden Namen auftritt und im Innenverhältnis zum Auftraggeber den im Treuhandvertrag festgelegten Regeln unterworfen ist.[5]

[1] Vgl. Siebert, Wolfgang: Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis. Ein dogmatischer und rechtsvergleichender Beitrag zum allgemeinen Treuhandproblem, Marburg 1933, S. 149.
[2] Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Inhaberschaft und Verfügungsbefugnis bei Bankkonten, NJW 1973, S. 830.
[3] Vgl. Bassenge, Peter: § 903 BGB, in: Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., München 2010, Rn. 34.
[4] Coing spricht von einer "Quasitreuhand". Vgl. Coing, Helmut: Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, München 1973, S. 98.
[5] Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.: WP-Handbuch, Bd. II, 13. Aufl., Düsseldorf 2008, Rn. H9.

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