Entscheidungsstichwort (Thema)

AG trotz einer Beteiligung der Thüringer Industriebeteiligungs-GmbH Co KG (TIB) von 73 % als sebstständiges, nicht verbundenes Unternehmen i. S. d. KMU-Empfehlung mit Anspruch auf eine erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 2007

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Frage, ob einem Unternehmen die erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 S. 1 InvZulG 2007 zusteht, ist die Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Empfehlung) als europäisches Recht ohne Rückgriff auf nationales Recht auszulegen; insoweit sind Kriterien, die nach nationalem Recht die Verbundenheit von Unternehmen begründen, wie z.B. aktienrechtliche Vorschriften, bei der Beurteilung des Sachverhalts nicht maßgeblich.

2. Die TIB gehört als Risikokapitalgesellschaft zu den Unternehmen i.S. des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a des Anhangs zur KMU-Empfehlung.

3. Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 des Anhangs zur KMU-Empfehlung kommt die Stellung einer Rückausnahme für den ansonsten für den Fall der Verbundenheit regelmäßig anzunehmenden Ausschluss des KMU-Status zu. Daher ist eine AG, die für sich genommen die Schwellenwerte für ein KMU nicht überschreitet und an der die TIB mit 73 % beteiligt ist, auch dann als kleines oder mittleres Unternehmen i. S. d. § 5 Abs. 2 S. 1 InvZulG 2007 anzusehen, wenn die AG zwar zusammen mit der TIB die Schwellenwerte für die Annahme eines kleinen oder mittleren Unternehmens überschreiten würde, die TIB sich jedoch auf ihre Funktion als Risikokapitalgeber beschränkt, weder unmittelbar noch mittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung der von ihr rechtlich beherrschten AG nimmt und die Kapitalobergrenze des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a des Anhangs zur KMU-Empfehlung nicht überschritten wird.

 

Normenkette

InvZulG 2007 § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen Anhang Art. 2 Abs. 2; Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen mittleren Unternehmen Anhang Art. 2 Abs. 2; Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen mittleren Unternehmen Anhang Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a; Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen mittleren Unternehmen Anhang Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a; Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen mittleren Unternehmen Anhang Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen III R 34/12)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Investitionszulagebescheids für 2008 vom April 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom Sept. 2010, wird die Investitionszulage auf 106.188,63 EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vo r der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen eines Anspruchs auf erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Investitionszulagengesetz 2007 (InvZulG), ob die Klägerin die Begriffsdefinition für kleine oder mittlere Unternehmen (KMU) i. S. der Empfehlung der Kommission vom Mai 2003 erfüllt (Amtsblatt der Europäischen Union vom …).

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Elektrozulieferungsindustrie. Sie stellt u.a. einbaufertige Kabelbündel zur Verdrahtung von Schaltanlagen her. Sie wurde im April 2001 von der Thüringer Industriebeteiligungs-GmbH Co KG (TIB), ein Tochterunternehmen der Thüringer Aufbaubank, als Aktiengesellschaft (AG) mit einem anfänglichen Grundkapital von 65.000 EUR errichtet. Geschäftsbereich der TIB ist u.a. die Übernahme von Minderheitsbeteiligungen bei Investitionen von EUR 1 – 5 Mio. sowohl als Einzelinvestor, wie auch als Lead- oder Co-Investor im Rahmen eines Konsortiums. Nach § 4 Abs. 3 der Satzung der Klägerin gewährt jede Namens-Stückaktie eine Stimme, wobei auf jeden Euro am Grundkapital eine Aktie entfällt. Im Mai 2001 brachte Herr H. sein Einzelunternehmen im Wege der Sachgründung in die Klägerin ein, dabei wurde das Grundkapital der Klägerin auf 200.000 EUR erhöht. Hiervon übernahm Herr H. zunächst einen Anteil von 135.000 EUR (= 66 v.H.). Der Anteil der TIB reduzierte sich hierdurch auf 65.000 EUR (33 v.H.). Nach § 9 Abs. 1 Satzung der Klägerin besteht der Aufsichtsrat der Klägerin aus drei Mitgliedern. Jeweils ein Kandidat wird von der TIB sowie gemeinsam von den Herren H. und S. benannt....

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge