Nach dem TKG[1] besteht für die Betreiber eines Telekommunikationsdienstes (sog. Teilnehmernetzbetreiber – TNB –, z. B. Deutsche Telekom AG) regelmäßig die Pflicht, auch über Leistungen anderer Netzbetreiber (sog. Verbindungsnetzbetreiber – VNB –) oder sonstiger Diensteanbieter (DB) im Interconnection-Verfahren abzurechnen. Die Abrechnung muss die Voraussetzungen des § 45h Abs. 1 TKG erfüllen (Ausweis der auf andere Anbieter entfallenden Entgelte, sowie Angabe deren Namen und Telefonnummern). Wird diese Abrechnungsform genutzt, gelten nach § 3 Abs. 11a UStG für Zwecke der Umsatzsteuer die Leistungen der VNB oder DB als vom TNB in eigenem Namen und für fremde Rechnung an den Endkunden (Anrufer) erbracht. Entsprechendes gilt, wenn mehrere VNB zwischengeschaltet werden.

 
Praxis-Tipp

Umsatzsteuerliche Branchenlösung

Damit werden durch das § 3 Abs. 11a UStG für Telekommunikationsunternehmen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Dienstleistungskommission ähnlich wie nach § 3 Abs. 11 UStG herbeigeführt, mit der Folge, dass die Leistung der VNB oder DB als an den TNB und vom TNB an den Endkunden erbracht gilt (sog. Branchenlösung). Dem Endkunden steht daher unter den Voraussetzungen des § 15 UStG der Vorsteuerabzug aus Rechnungen des TNB zu, da dieser als leistender Unternehmer anzusehen ist.

 
Wichtig

Verbindungsnetzbetreiber als Leistender i. S. des Umsatzsteuerrechts

Soweit ein VNB die Entgelte für Verbindungen abweichend von § 15 TKV selbst gegenüber dem Kunden abrechnet, ist dieser VNB umsatzsteuerrechtlich als Leistender anzusehen.

[1] Telekommunikationsgesetz v. 22.6.2004, BGBl 2004 I S. 1190.

7.1 Das Interconnection-Verfahren

Nach dem TKG muss jeder TNB den Nutzern ermöglichen, auch einen anderen VNB für die Übermittlung der Signale wählen zu können. Dabei kann der Nutzer die Leistungen des VNB entweder dauerhaft ("Preselection") oder auch fallweise ("Call-by-call-Selection") in Anspruch nehmen. Die Abrechnung der Leistungen des VNB wird i. d. R. vom TNB übernommen. Der VNB und der TNB arbeiten somit zusammen (= sog. Interconnection).

Wird die Leistung über den TNB abgerechnet, treten die Folgen des § 3 Abs. 11a UStG ein und die Leistung gilt als vom VNB an den TNB und von diesem an den Endkunden erbracht. Sowohl der VNB als auch der TNB erbringen Telekommunikationsdienstleistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 UStG, deren Ort sich damit nach § 3a UStG bestimmt.

7.2 Diensteanbieter von 0900er Nummern (Premiumdienste)

Bei Premiumdiensten werden über die Telekommunikationsdienstleistung hinaus sog. Inhaltsleistungen (z. B. Informationsdienstleistungen wie Verkehrs-, Wetter-, oder Börsendaten) erbracht. Die Inhaltsleistungen können über Service-Rufnummern abgerufen werden, bei denen in der Regel ein erhöhtes Verbindungsentgelt anfällt.

Die DB erbringen keine Telekommunikationsdienstleistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 UStG, sondern andere "Inhaltsleistungen". Diese Inhaltsleistungen fallen regelmäßig unter § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG.

Erfolgt die Abrechnung durch den TNB, treten auch hier die Rechtsfolgen des § 3 Abs. 11a UStG ein. Die Leistung gilt damit als vom DB an den TNB und von diesem an den Endkunden erbracht. Diese Folge der Leistungskette tritt auch ein, wenn ein oder mehrere VNB zwischengeschaltet werden.

 
Praxis-Tipp

Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Abs. 11a UStG

Die Anwendung des § 3 Abs. 11a UStG setzt voraus, dass die Abrechnung des TNB in den Anwendungsbereich des TKG fällt. Erfolgt die Abrechnung durch einen außerhalb des Geltungsbereichs des TKG ansässigen TNB gegenüber dessen Endkunden, sind die Leistungsbeziehungen anhand der tatsächlichen Vertrags- und Rechtslage zu bestimmen (bei Premiumdiensten: Inhaltsleistung des DB direkt an den Endkunden, Telekommunikationsdienstleistung des TNB). Entsprechende Auswirkungen ergeben sich für die Rechnungslegung und den Vorsteuerabzug der eingeschalteten Unternehmen.

Um bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eine etwaige mehrfache Umsatzsteuerbelastung zu vermeiden, ist nach bundeseinheitlich abgestimmter Verwaltungsauffassung die sog. Branchenlösung (Annahme einer Leistungskette) auch anzuwenden, wenn § 45h TKG für den TNB zwar nicht gilt, weil dieser im Ausland ansässig ist, der ausländische Staat aber im Einzelfall nachweislich entsprechend der Branchenlösung verfährt. Voraussetzung ist somit, dass entsprechend der Branchenlösung auch die Leistungen vorgeschalteter VNB und DB durch den TNB der Besteuerung unterworfen werden (Prinzip der Gegenseitigkeit); diese Voraussetzungen müssen im Einzelfall nachgewiesen werden.

7.3 Diensteanbieter von 0180er Nummern (Shared-cost-Dienste)

Bei der Rufnummer 0180 teilen sich der Anrufer und der Inhaber der Rufnummer die Kosten des Gesprächs. Der TNB erbringt somit zwei Telekommunikationsdienstleistungen: an den Anrufer die Herstellung der Verbindung und an den Anbieter das Ermöglichen der bundesweiten ständigen Erreichbarkeit zu demselben Tarif. Erfolgt die Abrechnung gegenüber dem Endnutzer durch den TNB, treten auch hier die Rechtsfolgen des § 3 Abs. 11a UStG ein. Zu der Leistungskette DB an TNB und TNB an Endkunde tritt in diesem Fall die Telekommunikationsdi...

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