4.1 Allgemeine Grundsätze der IFRS-Rechnungslegung als Grundlage der Abbildung von Steuern

 

Rz. 122

Das Conceptual Framework sowie IAS 1 enthalten ähnlich wie das HGB mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze. Diese sind zwar für die Auslegung von Rechnungslegungsfragen nur subsidiär heranzuziehen, aber sie helfen u. a. den Abschlusserstellern, die bestehenden IFRS anzuwenden und mit Bilanzierungsfragen umzugehen, die noch Gegenstand zu entwickelnder Standards sind, sowie den Abschlussprüfern bei der Beurteilung, ob Abschlüsse IFRS-konform sind.[1]

Das Conceptual Framework teilt die Rechnungslegungsgrundsätze in "fundamentale qualitative Anforderungen an die Finanzberichterstattung" und "fördernde qualitative Anforderungen an die Finanzberichterstattung" ein; die "Kosten" stellen Beschränkungen für nützliche Informationen dar. Darüber hinaus enthält IAS 1 ebenfalls noch einige allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze, die zum Teil einzelne Grundsätze des Conceptual Framework präzisieren (z. B. Wesentlichkeit[2] oder Saldierung von Posten[3] als Präzisierung der glaubwürdigen Darstellung von Finanzinformationen) und zum anderen Teil Grundsätze enthalten, welche die "zugrunde liegende Annahmen" der Rechnungslegung beinhalten.[4]

 

Rz. 123

Insbesondere die nachfolgend genannten Rechnungslegungsgrundsätze haben eine wesentliche Bedeutung für die Abbildung von Steuern in der IFRS-Rechnungslegung:

  • Grundsatz der Periodenabgrenzung (IAS 1.27 – 1.28)

    Gemäß diesem Grundsatz sind die Auswirkungen von Geschäftsvorfällen und anderer Ereignisse in Bilanz und Ergebnisrechnung zu den Zeitpunkten zu erfassen, zu denen die Kriterien für die in Bilanz und Ergebnisrechnung erfassten (Rechen-)Elemente vorliegen, und nicht dann, wenn ein Zahlungsmittel oder -äquivalent eingeht oder bezahlt wird. Dieser Grundsatz hat – im Vergleich zur deutschen Rechnungslegung – tendenziell eine größere Bedeutung, da er in der Struktur der IFRS-Rechnungslegung eine herausgehobene Position hat.

  • Grundsätze der Verständlichkeit von Information (Conceptual Framework. Kap. 2.34–2.36)

    Dieser Grundsatz ist insbesondere für die nicht ertragsabhängigen Steuern heranzuziehen, da deren Ausweis in den einzelnen IFRS-Standards nicht explizit geregelt ist.

  • Grundsatz der Relevanz von Informationen (Conceptual Framework. Kap. 2.6–2.11), insbesondere Grundsatz der Wesentlichkeit (Conceptual Framework. Kap. 2.11) im Zusammenhang mit den die qualitativen Anforderungen an die Finanzberichterstattung beschränkenden Kosten (Conceptual Framework. Kap. 2.39–2.43)

    Die stets in Bezug auf die jeweils Bericht erstattende Einheit anzuwendende Wesentlichkeit hat sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Komponente.[5] Im Zweifelsfall ist auf die Informationserwartung der Abschlussadressaten und die Unternehmensspezifika abzustellen; hinsichtlich der Abbildung von Steuern kann – im Vergleich mit anderen Geschäftsvorfällen – von einer erhöhten Informationserwartung der Abschlussadressaten ausgegangen werden, sodass enge Grenzen gezogen werden müssen.[6]

  • Grundsätze der glaubwürdigen Darstellung von Informationen (Conceptual Framework. Kap. 2.12–2.19)

    Eine Darstellung ist gem. Conceptual Framework. Kap. 2.12 Satz 2 dann als glaubwürdig zu charakterisieren, wenn die Informationen die ihnen zugrunde liegende Substanz der relevanten Phänomene bzw. Sachverhalte widerspiegeln, die sie vorgeben abzubilden. Zu den Komponenten der glaubwürdigen Darstellung zählen im Einzelnen die Grundsätze der Vollständigkeit, der Neutralität und der Freiheit von Fehlern. Unmittelbar in der glaubwürdigen Darstellung von Finanzinformationen ist die wirtschaftliche Abbildung der zugrunde liegenden Phänomene und Sachverhalte (bzw. wirtschaftlichen Betrachtungsweise) eingeschlossen, da nach Auffassung des IASB Finanzinformationen nur dann als eine glaubwürdige Darstellung eines ökonomischen Phänomens gelten können, wenn diese – ungeachtet ihrer rechtlichen Form – die ökonomische Substanz der ihnen zugrunde liegenden Transaktionen, Ereignisse oder Umstände abbilden.[7] Aus dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise und dem hierauf aufbauenden IAS 1.33 kann beispielsweise das Absetzen der Energiesteuer von den Umsatzerlösen bei Mineralöl und Erdgas vertreibenden Unternehmen gefolgert werden.

    Das Conceptual Framework setzt sich ausführlich mit dem Verhältnis zwischen Neutralität und dem „Vorsichtsprinzip“ auseinander. Conceptual Framework. Kap. 2.16 enthält eine Referenz des Grundsatzes der Neutralität zum Vorsichtsprinzip im Sinne eines vorsichtigen Vorgehens beim Treffen von Einschätzungen (insb. Bewertungsentscheidungen) unter Unsicherheit („cautious prudence“). Die vorsichtige Ermittlung von Wertansätzen bei Unsicherheit soll die Überbewertung von Vermögenswerten und Erträgen (bzw. die Unterbewertung von Schulden bzw. Aufwendungen), aber auch die Überbewertung von Schulden und Aufwendungen (bzw. die Unterbewertung von Vermögenswerten bzw. Erträgen) durch umsichtiges Vorgehen bei Unsicherheit verhindern helfen.[8] Conceptual Framework. Kap. 2.16 Satz 4 verbiet...

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