OFD Frankfurt, 29.9.2006, S 2253 A - 46 - St 214

 

I. Fremdvergleich als Anerkennungsvoraussetzung

Schließen fremde Dritte einen Mietvertrag, kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass Leistung und Gegenleistung aufgrund der Interessengegensätze gegeneinander abgewogen sind. Dies kann bei nahen Angehörigen nicht ohne weitere Prüfung unterstellt werden. Mietverträge zwischen nahen Angehörigen müssen daher einem Fremdvergleich standhalten. Für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (vgl. auch R 4.8 EStR bzw. H 4.8 EStG) ist Voraussetzung, dass:

  1. der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sein muss und
  2. das Mietverhältnis ernsthaft vereinbart und die Vereinbarung entsprechend tatsächlich durchgeführt wird.

Ob ein Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält, muss nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten beurteilt werden (vgl. BFH-Urteil vom 7.5.1996, BStBl 1997 II S. 196). Entspricht der Mietvertrag und seine Durchführung nicht den üblichen Gepflogenheiten unter fremden Dritten, ist ihm die steuerliche Anerkennung zu versagen. Dies bedeutet aber nicht, dass jede geringfügige Abweichung vom Üblichen sofort die steuerliche Nichtanerkennung zur Folge hätte. Dies gilt insbesondere für geringfügige Abweichungen, die durch geschäftliche Unerfahrenheit der Beteiligten verursacht sind. Entscheidend ist vielmehr, dass im Rahmen einer Gesamtwürdigung die ernsthafte Vereinbarung und die tatsächliche Durchführung des Mietvertrags mit hinreichender Sicherheit feststeht.

 

II. Bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit

Mietverträge können grundsätzlich formlos geschlossen werden. Das gilt zwar auch im Bereich der Vermietung an nahe Angehörigen, allerdings stellt dies eine Unüblichkeit dar, die im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu einer Nichtanerkennung beitragen kann. Der Stpfl. trägt die Beweislast für die Inhalte des Vertrags (vgl. FG Bremen 3.9.1993, EFG 1994 S. 888).

Beim Abschluss von Mietverträgen mit Minderjährigen ist die Bestellung und Mitwirkung eines Ergänzungspflegers zwingend erforderlich. Hat dieser nicht mitgewirkt, ist der Vertrag nichtig oder schwebend unwirksam und damit auch steuerrechtlich nicht anzuerkennen (vgl. §§ 181, 1909 BGB, BFH-Urteil vom 13.5.1980, BStBl 1981 II S. 297). Die zivilrechtliche Heilung durch Bestellung eines Ergänzungspflegers entfaltet steuerlich erst ab dem Zeitpunkt Wirkung, in dem dieser das Rechtsgeschäft genehmigt (vgl. BFH vom 31.10.1989, BStBl 1992 II S. 506).

 

III. Ernsthafte Vereinbarung und tatsächliche Durchführung

Damit das Mietverhältnis ernsthaft vereinbart ist, muss der Mietvertrag in jedem Fall die Höhe des Mietzinses und die Mietsache bezeichnen, da dies Hauptinhalte eines Mietvertrags sind (vgl. § 535 BGB). Fehlende Nebenkostenabreden führen nicht automatisch zur steuerlichen Nichtanerkennung, können aber Beweisanzeichen im Rahmen der Gesamtbetrachtung sein (vgl. BFH vom 21.10.1997, BStBl 1998 II S. 108; vom 17.2.1998, BStBl 1998 II S. 349). Die Anerkennung des Mietvertrags ist u.a. ausgeschlossen, wenn

  1. die Miete nicht gezahlt wird,
  2. die Mietzahlungen entgegen den Vereinbarungen im Mietvertrag nicht monatlich, sondern jährlich bzw. in einem Gesamtbetrag für mehrere Jahre erfolgen (BFH vom 19.6.1991, BStBl 1992 II S. 75),
  3. Wohnräume im Haus der Eltern, die keine abgeschlossene Wohnung bilden, an volljährige unterhaltsberechtigte Kinder vermietet werden (vgl. BFH vom 16.1.2003, BStBl 2003 II S. 301) oder
  4. Angehörige wechselseitig vermieten (BFH vom 25.1.1994, BStBl 1994 II S. 738). Dies gilt allerdings nicht, wenn ein Kind den Eltern eine Wohnung vermietet und gleichzeitig unentgeltlich in einem Haus der Eltern wohnt (vgl. BFH vom 14.1.2003, BStBl 2003 II S. 509).

Die Versagung der Anerkennung des Mietvertrags kann nicht allein darauf gestützt werden, dass:

  1. die Miete durch Barzahlung ohne Quittung beglichen wird,
  2. die Miete durch Verrechnung mit dem Unterhaltsanspruch (z.B. bei Kindern oder dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten) beglichen wird (vgl. BFH-Urteil vom 19.9.1999, BStBl 2000 II S. 223),
  3. die Miete bei Vermietung durch den Unterhaltsverpflichteten (z. B. Eltern) durch dessen Unterhaltsleistungen oder anderen Geldschenkungen gezahlt wird (vgl. BFH vom 28.1.1997, BStBl 1997 II S. 599).

Je mehr Unüblichkeiten zusammentreffen, desto eher ist die steuerliche Anerkennung im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu versagen.

 

Normenkette

EStG § 21

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