Die Person, an die der Steuerbescheid inhaltlich gerichtet ist, wird als Inhaltsadressat bezeichnet.[1] Bei Steuerbescheiden ist dies der Steuerschuldner (bzw. Erstattungsgläubiger). An ihn hat die Bekanntgabe i. d. R. auch als Bekanntgabeadressat zu erfolgen. Ist er selbst nicht handlungsfähig i. S. d. § 79 AO, z. B. ein Minderjähriger, kann der Bescheid ihm nicht direkt, sondern nur seinem gesetzlichen Vertreter als Bekanntgabeadressaten bekannt gegeben werden. Der Vertreter des Steuerschuldners ist in diesem Fall im Adressfeld des Bescheids zusätzlich anzugeben.[2]

Die Bekanntgabe eines ESt-Zusammenveranlagungsbescheids an Ehegatten und Lebenspartner, bei der es sich inhaltlich und verfahrensrechtlich um 2 selbstständige Steuerbescheide handelt, findet gem. § 122 Abs. 7 AO i. d. R. durch Übermittlung einer Ausfertigung des Steuerbescheids an beide unter ihrer gemeinsamen Anschrift statt. In bestimmten Fällen ist auch bei der Zusammenveranlagung Einzelbekanntgabe vorgeschrieben, insbesondere nach Trennung oder Scheidung, soweit ein Jahr betroffen ist, in welchem die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung noch vorlagen.[3] Macht das Finanzamt von der Einzelbekanntgabe Gebrauch, sollen zwar im Bescheidkopf beide Eheleute bzw. Lebenspartner mit ihrem Namen aufgeführt werden. Gleichwohl führt die fehlende Beachtung dieser Regel weder zur inhaltlichen Unbestimmtheit noch zur Nichtigkeit dieses Steuerbescheids.[4]

In den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge[5] kommt es für Zwecke der Bekanntgabe darauf an, ob im Zeitpunkt des Eintritts der Gesamtrechtsnachfolge bereits ein Bescheid an den Rechtsvorgänger vorliegt. Ist dies der Fall, wirkt der Bescheid auch gegen den Gesamtrechtsnachfolger. Hingegen sind Steuerbescheide, die in der Person des Rechtsvorgängers entstandene Steueransprüche betreffen, aber erst nach Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge erlassen werden sollen, an den (oder die) Gesamtrechtsnachfolger als Inhalts- und Bekanntgabeadressat bekannt zu geben. Im Bescheid ist auf diesen Umstand hinzuweisen.[6] Fehlt dieser Hinweis, ist der Bescheid mangels Bestimmtheit unwirksam, da dem Adressaten dann möglicherweise nicht klar ist, in welcher Eigenschaft – ob als Gesamtrechtsnachfolger oder in eigener Person – er in Anspruch genommen wird. Der Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge ist auch im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten zu beachten, wenn im Zeitpunkt der Bekanntgabe ein Ehegatte verstorben ist, und zwar auch dann, wenn der überlebende Ehegatte ihn beerbt hat. Fehlt bei einer solchen Konstellation der Hinweis an den überlebenden Ehegatten, dass der Bescheid zugleich an ihn als Alleinerben nach dem verstorbenen Ehegatten ergeht, so ist der Bescheid allerdings nur gegenüber dem verstorbenen Ehegatten unwirksam. Die gegenüber dem noch lebenden Ehegatten ergangene Steuerfestsetzung bleibt wirksam.[7]

Vom Inhalts- und Bekanntgabeadressaten ist der Empfänger zu unterscheiden. Dies ist derjenige, dem der Steuerbescheid tatsächlich zugehen soll. In der Regel ist der Inhaltsadressat nicht nur Bekanntgabeadressat, sondern auch der Empfänger des Steuerbescheids. Es können jedoch auch andere Personen Empfänger sein, wenn sie für den Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren auftreten. In Betracht kommen insbesondere die Vertreter der beratenden Berufe, also auch die Lohnsteuerhilfevereine. Der Steuerbescheid kann dann gem. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO auch dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Dem Finanzamt steht insoweit ein Wahlrecht zu. Eine Bevollmächtigung i. S. d. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO muss indes nicht schriftlich vorliegen, sondern kann sich aus den Umständen ergeben. Bei Personen und Vereinigungen i. S. d. §§ 3 und 4 Nr. 11 StBerG, die für den Steuerpflichtigen handeln, wird eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vermutet. Inzwischen ist die von der Rechtsprechung schon zuvor anerkannte Vollmachtsvermutung gesetzlich verankert.[8] Diese Vermutung gilt trotz Vorliegens einer auf bestimmte Zeiträume beschränkten schriftlichen Vollmacht auch für außerhalb der schriftlichen Vollmacht liegende Zeiträume, wenn der Angehörige der steuerberatenden Berufe für diese Zeiträume gegenüber dem FA wie ein Bevollmächtigter auftritt. Die Bekanntgabe des Bescheids an diesen muss der Mandant dann gegen sich gelten lassen.[9]

Wird dem Finanzamt im Zuge der Bevollmächtigung eine ausdrückliche Empfangsvollmacht vorgelegt, reduziert sich das im Rahmen des Wahlrechts auszuübende Ermessen grundsätzlich auf Null. Der Steuerbescheid ist in diesem Fall dem Bevollmächtigten bekannt zu geben.[10]

 
Wichtig

Anforderungen an Empfangsvollmacht

Die in einem Einkommensteuererklärungsvordruck erteilte Empfangsvollmacht gilt nur für Bescheide des betreffenden Veranlagungszeitraums.[11] Ist der Vordruck entsprechend ausgefüllt, ist das Finanzamt grundsätzlich zur Bekanntgabe an den Bevollmächtigten verpflichtet. Eine solche Verpflichtung besteht, wenn ein Bevollmächtigter eindeutig und unmissverständlich gerade (auch) als Bekanntgabeadressa...

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